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Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night

Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night

Titel: Der Regen - Laymon, R: Regen - One Rainy Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ganzen Kraft dagegen. Sie hörte die beiden vor Anstrengung keuchen. Sie spürte, wie die Kommode auf dem Teppich langsam zu rutschen begann.
    Sie drehte den Kopf und sah vier schwarze Finger, die sich um den Rand des hellen Türblatts klammerten. Sie schob sich höher, obwohl die obere Kante der Kommode schmerzhaft in ihren Rücken drückte. Dann war sie hoch genug, ihren rechten Ellbogen über die Kante zu schieben. Mit einem wilden Hieb schmetterte sie den Stock quer über die Finger.
    Jemand schrie auf. Die Hand verschwand, und die Tür krachte zu.
    »Los!«, flüsterte Tom.
    Denise rannte durch das Zimmer. Vor ihr stemmte Kara beide Hände gegen den Rahmen des Fliegengitters.
    19
    Trev ging voran, als sie durch das Haus der Chidis schlichen, Sandy und Rhonda dicht hinter ihm. Als sie sich den Flur entlangtasteten, spähte er in die dunklen Zimmer, bis er zu einer verschlossenen Tür kam.

    Er presste ein Ohr dagegen und hörte leises Gemurmel.
    Er sah über die Schulter und nickte.
    »Holen wir ihn uns«, flüsterte Sandy.
    Mit der linken Hand drehte Trev den Türknauf und drückte die Tür behutsam auf. Rauch, durch die aufschwingende Tür in Bewegung geraten, waberte und wallte vor ihm weg. Ein entsetzlicher Gestank stach ihm in die Nase. Er hielt den Atem an und versuchte, ein Würgen zu unterdrücken.
    Denselben Gestank hatte er letzte Nacht gerochen. Im Stadion. Maxwell Chidi hatte ihn verströmt. Es war der Gestank von verbrannten Haaren und verkohltem Fleisch. Doch der Gestank, den Maxwell verströmt hatte, war bei Weitem nicht so schlimm gewesen wie dieser hier.
    Was treibt der alte Bastard hier drin?
    Nach wie vor konnte Trev das leise, unverständliche Gemurmel hören. Es kam von irgendwo rechts vor ihm. Durch den wabernden Rauch sah er die Flammen von Kerzen. Dutzende. Sie brannten überall im Zimmer. In der Richtung, aus der die Stimme kam, konnte er eine undeutliche Bewegung ausmachen. Und eine auflodernde Flamme, die zu groß für eine Kerze war.
    Er schob sich leise näher. Erschrocken blieb er stehen, als etwas gegen seinen Arm streifte. Er drehte den Kopf und sah Sandy neben sich. Sie spähte mit zusammengekniffenen Augen in Richtung der Stimme. Ihre Augen waren vom Rauch gerötet, und Tränen hatten helle Spuren auf ihrem schwarzen Gesicht hinterlassen. Sie presste die linke Hand auf ihren Mund und hielt sich die Nasenlöcher zu.
    Trev blinzelte sich ebenfalls Tränen aus den Augen. Er
blickte wieder zur rechten Seite des Zimmers hinüber, und obwohl er den Atem anhielt, ließ ihn das, was er sah, unwillkürlich die Luft einsaugen.
    Ein Großteil des Qualms war abgezogen, vermutlich durch die offene Tür. Ein dunstiger, orange beleuchteter Rauchschleier blieb zurück. Dünn genug, um mehr zu sehen, als ihm lieb war.
    Er musste laut würgen, doch der weißhaarige Mann schien es nicht zu hören. Er war vielleicht in Trance, dachte Trev, während er krampfhaft versuchte, seinen Magen zu besänftigen. Sandy beugte sich vornüber und erbrach sich. Noch immer beachtete der Mann sie nicht.
    Trev fragte sich, wo Rhonda war. Wahrscheinlich war sie im Flur geblieben. Die Glückliche.
    Grandpa kauerte im Schneidersitz mit dem Gesicht zur Wand auf dem Fußboden. Er war nackt. Seine braune Haut glänzte wie poliertes Ebenholz. Er sang leise und riss dabei Seiten aus einem Buch, das aufgeschlagen vor ihm lag. Er rollte die herausgerissenen Seiten zusammen, hielt sie über eine Kerze, bis sie brannten, dann hob er die lodernde Fackel an das verkohlte und fetttriefende Fleisch einer Leiche an der Wand.
    Eine junge Frau. Sie war mit dem Kopf nach unten an die Wand genagelt, ihre Arme weit ausgestreckt. Trev konnte nicht ein Fleckchen Haut an ihr ausmachen, das nicht verbrannt war. Ihr Haar war weggesengt.
    Auf dem Fußboden unterhalb ihres Kopfs und ihrer Schultern stand eine Plastikwanne, die bis zum Rand mit einer schwarzen Flüssigkeit gefüllt war. Winzige Flocken grauer Asche schwammen auf der Oberfläche.

    Während Trev starr vor Entsetzen und Abscheu zusah, füllte der Alte seinen Mund mit etwas aus einem goldenen Krug, den er in seiner Linken hielt. Er hob die zusammengerollten, brennenden Seiten an seine Lippen und blies einen feinen Sprühregen durch die Flammen. Ein Schwall brennender Flüssigkeit wehte über den schwarzen, verkohlten Bauch der Frau, schlug sich nieder und floss an ihr herab. Flammende Rinnsale liefen über ihre Brüste und zwischen ihnen hindurch, über ihren Hals und ihr Gesicht.

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