Der Regenmacher
reizende Frau würde einen Scheck für die Transplantation ausschreiben, wenn sie das Geld tatsächlich hat. Aber aus zwei Gründen habe ich es nicht getan. Erstens ist es für die Transplantation bereits zu spät. Und zweitens: Es würde Miss Birdie demütigen, wenn sie das Geld nicht hat. Sie ist ohnehin schon argwöhnisch genug wegen meines Interesses an ihrem Geld. Ich kann sie um nichts davon bitten.
Kurz nachdem die akute Leukämie bei Donny Ray diagnostiziert worden war, wurde ein schwächlicher Versuch unternommen, das Geld für die Transplantation zusammenzubringen. Dot rief ein paar Freunde zu Hilfe, und sie verteilten Donny Rays Bild auf Milchpackungen über Cafes und Supermärkte in ganz Nord-Memphis. Viel ist nicht dabei herausgekommen, hat sie gesagt. Sie haben einen kleinen Saal gemietet und eine große Party mit gebratenem Wels und Country Music gegeben und sogar einen Diskjockey engagiert, um die Platten aufzulegen. Am Schluß mußten sie noch achtundzwanzig Dollar draufzahlen.
Die erste Chemotherapie kostete viertausend Dollar, von denen St. Peter’s zwei Drittel übernahm. Den Rest haben sie zusammengekratzt. Fünf Monate später war die Leukämie wieder voll aufgeblüht.
Während ich schaufele und schleppe und schwitze, konzentriere ich meine gesamte mentale Energie darauf, Great Benefit zu hassen. Dazu gehört nicht viel, aber wenn der Krieg mit Tinley Britt erst einmal losgebrochen ist, muß ich vor Selbstgerechtigkeit und Empörung nur so strotzen, wenn ich bis zum Ende durchhalten will.
Der Lunch ist eine angenehme Überraschung. Miss Birdie hat Hühnersuppe gekocht, nicht gerade das, was ich mir an einem Tag wie diesem gewünscht hätte, aber eine willkommene Abwechslung zu den Truthahnsandwiches. Donny Ray ißt einen halben Teller, dann sagt er, er müsse ein bißchen schlafen. Er würde gern die Hängematte ausprobieren. Wir führen ihn über den Rasen und helfen ihm hinein. Obwohl es über dreißig Grad warm ist, bittet er um eine Decke.
Wir sitzen im Schatten, trinken noch mehr Limonade und unterhalten uns darüber, wie schlecht es ihm geht. Ich erzähle ihr ein wenig über die Klage gegen Great Benefit und halte mich besonders lange bei der Tatsache auf, daß ich die Firma auf zehn Millionen Dollar verklagt habe. Sie stellt ein paar allgemeine Fragen über das Anwaltsexamen, dann verschwindet sie im Haus.
Als sie zurückkehrt, gibt sie mir einen Brief von einem Anwalt in Atlanta. Der Name ist mir bekannt.
»Können Sie mir das erklären?« fragt sie und baut sich mit den Händen auf den Hüften vor mir auf.
Der Anwalt hat einen Brief an Miss Birdie geschrieben und eine Kopie des Schreibens beigelegt, das ich an ihn gerichtet habe. In meinem Schreiben hatte ich erklärt, daß ich Miss Birdie Birdsong vertrete, daß sie mich gebeten habe, für sie ein neues Testament aufzusetzen, und daß ich Informationen brauchte über den Nachlaß ihres verstorbenen Ehemannes. In seinem Brief an sie fragt er nur, ob er mir irgendwelche Informationen zukommen lassen darf. Es hört sich ziemlich gleichgültig an, so, als befolgte er lediglich Anweisungen.
»Hier steht es schwarz auf weiß«, sage ich. »Ich bin Ihr Anwalt. Ich versuche, mir Informationen zu beschaffen.«
»Sie haben mir nicht gesagt, daß Sie vorhatten, in Atlanta herumzuschnüffeln.«
»Was haben Sie dagegen einzuwenden? Was ist dort versteckt, Miss Birdie? Weshalb ist das so geheim?«
»Der Richter hat die Akte versiegelt«, sagt sie mit einem Achselzucken, als wäre damit der Fall erledigt.
»Was steht in der Akte?«
»Ein Haufen Blödsinn.«
»Über Sie?«
»Großer Gott, nein!«
»Okay. Über wen sonst?«
»Tonys Angehörige. Sein Bruder war ungeheuer reich, unten in Florida, hatte mehrere Frauen und einen Haufen Kinder. Die ganze Familie war verrückt. Es gab ein großes Hickhack über seine Testamente, vier Stück, glaube ich. Ich weiß nicht viel davon, aber ich habe einmal gehört, daß die Anwälte, als alles vorbei war, sechs Millionen Dollar kassiert haben. Etwas von dem Geld ist Tony zugefallen, der gerade noch lange genug gelebt hat, um es nach den in Florida gültigen Gesetzen zu erben. Tony hat nicht einmal davon erfahren, weil er so kurz darauf selber gestorben ist. Hat nichts hinterlassen außer einer Ehefrau. Mir. Das ist alles, was ich weiß.«
Es ist unwichtig, wie sie das Geld bekommen hat. Aber es wäre hübsch zu wissen, wieviel sie geerbt hat. »Möchten Sie über Ihr Testament reden?« frage
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