Der Regenmacher
Miss Birdie versprochen, an diesem Tag in ihrem Garten zu arbeiten, wenn es nicht regnet, und als ich schließlich aufwache, ist meine Wohnung von Sonnenlicht erfüllt. Es ist heiß, schwül, stickig, der typische Juli in Memphis. Nachdem ich drei Tage lang in einem fensterlosen Raum Augen, Phantasie und Gedächtnis strapaziert habe, bin ich jetzt bereit für ein bißchen Schweiß und Schmutz. Aber vorher ist noch etwas anderes zu tun. Ich verlasse ungesehen das Haus, und zwanzig Minuten später parke ich auf der Auffahrt der Blacks.
Donny Ray wartet auf der Vorderveranda, in Jeans, Turnschuhen, dunklen Socken, weißem T-Shirt und einer Baseballmütze, die über seinem eingefallenen Gesicht viel zu groß wirkt. Er geht am Stock, braucht aber trotzdem eine stützende Hand unter seinem zerbrechlichen Arm. Dot und ich führen ihn den schmalen Gehsteig entlang und bugsieren ihn behutsam auf den Beifahrersitz meines Wagens. Sie ist erleichtert, ihn für ein paar Stunden aus dem Haus zu haben, sein erster Ausflug seit Monaten, erzählt sie mir. Jetzt ist sie allein mit Buddy und den Katzen.
Donny Ray sitzt mit dem Stock zwischen den Beinen und stützt auf der Fahrt durch die Stadt sein Kinn darauf. Nachdem er mir einmal gedankt hat, sagt er nicht viel.
Er hat vor drei Jahren die High-School im Alter von neunzehn Jahren abgeschlossen, Ron, sein Zwillingsbruder, schon ein Jahr vor ihm. Er hat nie versucht, auf ein College zu gehen. Zwei Jahre hat er als Verkäufer in einem Supermarkt gearbeitet, aber nach einem Raubüberfall aufgehört. Die Liste seiner Anstellungen ist kurz, und er ist nie von zu Hause fortgegangen. Nach den Unterlagen, die ich bisher durchgesehen habe, hat Donny Ray nie mehr als den Mindestlohn verdient.
Ron dagegen hat sich durchs College hindurchgekämpft und studiert jetzt in Houston. Auch er ist ledig und war nie verheiratet. Nach Memphis kommt er nur selten. Die Jungen haben sich nie nahegestanden, hat Dot gesagt. Donny Ray ist im Haus geblieben, hat Bücher gelesen und Modellflugzeuge gebaut. Ron fuhr Rad und hat einmal einer Straßenbande von Zwölfjährigen angehört. Sie waren gute Jungen, hat Dot mir versichert. In der Akte ist eindeutig und unmißverständlich dokumentiert, daß Rons Knochenmark mit dem von Donny Ray völlig identisch ist und daß er ein idealer Spender gewesen wäre.
Wir ruckein in meinem ramponierten kleinen Wagen dahin. Er schaut starr geradeaus, der Schirm der Mütze ist ihm tief in die Stirn gerutscht, und er redet nur, wenn er angesprochen wird. Wir parken neben Miss Birdies Cadillac, und ich erkläre ihm, daß ich hier in diesem hübschen Haus in diesem exklusiven Stadtteil lebe. Ich weiß nicht, ob er beeindruckt ist, aber ich bezweifle es. Ich helfe ihm um den Mulch herum zu einer schattigen Stelle auf der Veranda.
Miss Birdie weiß, daß ich ihn herbringe, und sie wartet bereits mit frischer Limonade auf uns. Ich mache sie miteinander bekannt, dann reißt sie rasch die Kontrolle über diesen Besuch an sich. Kekse? Zwieback? Etwas zu lesen? Sie packt Kissen rings um ihn herum, wobei sie die ganze Zeit glücklich vor sich hin zwitschert. Sie hat ein Herz aus Gold. Ich habe ihr erzählt, daß ich Donny Rays Eltern in Cypress Gardens kennengelernt habe, also fühlt sie sich ihm besonders nahe. Eines ihrer Schäfchen.
Sobald er auf einem kühlen Plätzchen, in Sicherheit vor der Sonne, die seine kreidebleiche Haut verbrennen würde, behaglich untergebracht ist, erklärt Miss Birdie, es wäre Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. Sie macht eine dramatische Pause, läßt den Blick über den Garten schweifen, kratzt sich am Kinn, als wäre sie tief in Gedanken versunken, und läßt dann den Blick wie zufällig zum Mulchberg hinübergleiten. Als kleine Vorführung für Donny Ray erteilt sie mir ein paar Anweisungen, und ich mache mich ans Werk.
Ich bin bald schweißgebadet, aber diesmal genieße ich jede Minute. Während der ersten Stunde redet Miss Birdie ununterbrochen von der Schwüle, dann beschließt sie, daß wir uns mit den Blumen um die Terrasse herum beschäftigen wollen, wo es kühler ist. Ich kann hören, wie sie pausenlos auf Donny Ray einredet, der wenig sagt, aber die frische Luft genießt. Bei einer Fahrt mit der Schubkarre sehe ich, daß sie Dame spielen. Bei einer weiteren sitzt sie dicht neben ihm und deutet auf Fotos in einem Buch.
Ich habe viele Male daran gedacht, Miss Birdie zu fragen, ob sie vielleicht Donny Ray helfen würde. Ich bin sicher, diese
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