Der Regenmacher
angerufen. Als ich in mein Büro zurückkehre, wartet dort ein dicker Umschlag von Tin-ley Britt auf mich. Leo F. Drummond ist, obwohl er seinen Freund betrauern muß, sehr fleißig gewesen. Die Antragsmaschinerie läuft auf Hochtouren.
Er hat einen Antrag auf Sicherheitsleistung für die Prozeß-kosten gestellt, eine sanfte Ohrfeige für mich und meine Mandanten. Da wir beide arm sind, behauptet Drummond, er mache sich Sorgen, ob wir überhaupt in der Lage sein werden, die Kosten zu tragen. Die Frage könnte tatsächlich eines Tages auftauchen, wenn wir den Fall verlieren sollten und vom Richter aufgefordert werden, die Prozeßkosten für beide Seiten zu übernehmen. Außerdem hat er Strafantrag gestellt, das Gericht möge sowohl gegen mich als auch gegen meine Mandanten eine Geldstrafe verhängen, weil wir eine derart unhaltbare Klage eingereicht haben.
Der erste Antrag ist reine Pose. Der zweite ist ausgesprochen niederträchtig. Beide werden von langen, wohlformulierten Schriftsätzen inklusive Fußnoten, Register und Bibliographie begleitet.
Als ich sie zum zweitenmal aufmerksam lese, komme ich zu dem Schluß, daß Drummond sie eingereicht hat, um mir etwas zu beweisen. Derartigen Anträgen wird nur selten entsprochen, und ich glaube, ihr eigentlicher Zweck besteht darin, mir zu zeigen, wieviel Papierkram die Truppen bei Trent & Brent in kürzester Zeit produzieren können – und zwar zu jeder Nichtigkeit. Da jede Seite auf die Anträge der anderen reagieren muß und ich einen Vergleich abgelehnt habe, bringt Drummond mir damit bei, daß sie mich unter Papierbergen begraben werden.
Die Telefone haben bisher kein einziges Mal geläutet. Deck ist irgendwo in der Innenstadt. Ich mag gar nicht darüber nachdenken, wo er sich jetzt wohl wieder herumtreibt. Ich habe massenhaft Zeit, das Antragsspiel zu spielen, und ich brauche nur an meinen bemitleidenswerten Mandanten zu denken und daran, wie übel man ihm mitgespielt hat, um mich motiviert zu fühlen. Ich bin der einzige Anwalt, den Donny Ray hat, und um nur den Wind aus den Segeln zu nehmen, braucht es wesentlich mehr als nur einen Haufen Papier.
Ich habe mir angewöhnt, Donny Ray jeden Nachmittag anzurufen, gewöhnlich gegen fünf. Nach dem ersten Anruf vor etlichen Wochen hat Dot mal erwähnt, wieviel ihm das bedeutet, und seither habe ich versucht, täglich mit ihm zu reden. Wir unterhalten uns über alle möglichen Dinge, aber nie über seine Krankheit oder den Prozeß. Ich versuche, mir im Laufe des Tages etwas Lustiges zu merken, das ich ihm später erzählen kann. Ich weiß, daß diese Anrufe inzwischen zu einem wichtigen Teil in seinem dahinschwindenden Leben geworden sind.
Heute nachmittag hört er sich recht kräftig an. Er sagt, daß er aufgestanden ist und auf der Vorderveranda sitzt und daß er gern für ein paar Stunden irgendwohin fahren würde, mal weg aus dem Haus und von seinen Eltern.
Ich hole ihn um sieben ab. Wir essen in einem Grillrestaurant in der Nachbarschaft. Ein paar Leute starren ihn an, aber er scheint es nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wir reden über seine Kindheit, lustige Geschichten aus der Zeit, als in Granger noch alles ganz anders war und Horden von Kindern durch die Straßen streiften. Wir lachen ein wenig, er vermutlich zum erstenmal seit Monaten. Aber die Unterhaltung ermüdet ihn. Sein Essen rührt er kaum an.
Kurz nach Einbruch der Dunkelheit treffen wir in einem Park in der Nähe des Messegeländes ein, wo auf zwei nebeneinanderliegenden Feldern Softball gespielt wird. Während wir über den Parkplatz fahren, mustere ich die Teams. Ich suche nach einem in gelben Trikots.
Wir parken auf einem grasbewachsenen Hang unter einem Baum, ziemlich am Ende des rechten Feldes. Es ist niemand in unserer Nähe. Ich hole zwei Liegestühle aus meinem Kofferraum, die ich mir von Miss Birdie geliehen habe, und helfe Donny Ray in einen von ihnen. Er kann allein gehen und ist entschlossen, es mit sowenig Hilfe wie möglich zu tun.
Es ist Spätsommer und selbst nach Einbruch der Dunkelheit noch an die dreißig Grad warm. Man kann förmlich sehen, wie feucht die Luft ist. Mein Hemd klebt mir am Rücken. Die stark verwitterte Fahne an dem Mast im Mittelfeld hängt reglos herunter.
Die Spielfläche ist ordentlich und eben, der Rasen des Außenfeldes dicht und frisch gemäht. Das Innenfeld besteht aus Erde, nicht aus Gras. Es gibt Unterstände, Zuschauertribünen, Schiedsrichter, eine erleuchtete Anzeigetafel, eine Imbißbude zwischen
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