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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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ohne Drummond aus den Augen zu lassen. Ich bekomme dabei auch gleich einen leichten Schlag auf die Nase ab.
    Es ist eine schwerwiegende Sache, wenn man einem Anwalt, der für dreihundertfünfzig Dollar die Stunde redet, das Wort abschneidet. Drummond funkelt Kipler an, dem das Ganze offenbar einen Heidenspaß macht.
    Aber Drummond ist ein Profi mit dickem Fell. Er würde nie zugeben, daß ihn ein bescheidener Bezirksrichter verärgern könnte. »Also gut, dann gehe ich zum nächsten Punkt über. Ich möchte auf unsere Forderung zu sprechen kommen, diesen Fall an ein Bundesgericht zu überweisen.«
    »Tun Sie das«, sagt Kipler. »Erstens, weshalb haben Sie sich nicht um eine Überweisung des Falles bemüht, als Richter Hale noch dafür zuständig war?«
    Darauf ist Drummond vorbereitet. »Euer Ehren, der Fall war neu, und wir waren noch damit beschäftigt, die Beteiligung des Beklagten Bobby Ott zu ermitteln. Jetzt, nachdem wir ein bißchen Zeit gehabt haben, sind wir der Ansicht, daß Ott lediglich beklagt wurde, um den Fall der Bundesgerichtsbarkeit zu entziehen.«
    »Sie wollten also von Anfang an, daß der Fall vor einem Bundesgericht verhandelt wird?«
    »Ja, Sir.«
    »Sogar als Richter Hale ihn hatte?«
    »So ist es, Euer Ehren«, sagt Drummond in ernstem Ton.
    Kiplers Gesicht verrät allen, daß er das nicht glaubt. Und auch niemand sonst im Gerichtssaal glaubt es. Aber es ist ein geringfügiges Detail, und Kipler hat sein Ziel erreicht.
    Völlig ungerührt pflügt sich Drummond weiter durch seine Argumentation. Er hat schon hundert Richter kommen und gehen gesehen, und er fürchtet sich vor keinem von ihnen. Viele Jahre und viele Prozesse in vielen Gerichtssälen werden noch vergehen müssen, bevor ich mich von den Männern da oben in ihren schwarzen Roben nicht mehr eingeschüchtert fühlen werde.
    Er redet ungefähr zehn Minuten und ist gerade dabei, sich über genau die Punkte auszulassen, die er bereits in seinem Schriftsatz aufgeführt hat, als Kipler ihn unterbricht. »Entschuldigen Sie, Mr. Drummond, aber erinnern Sie sich, daß ich Sie vor ein paar Minuten gefragt habe, ob Sie dem Gericht heute morgen irgend etwas Neues vorzutragen haben?«
    Drummonds Hände gefrieren in der Luft. Er starrt Seine Ehren mit offenem Mund an.
    »Erinnern Sie sich daran?« fragt Kipler. »Noch keine fünfzehn Minuten her.«
    »Ich dachte, wir wären hier, um diese Anträge zu erörtern«, sagt Drummond forsch, aber seine gelassene Stimme zittert beinahe unmerklich.
    »Das sind wir in der Tat. Wenn Sie etwas Neues hinzufügen oder vielleicht einen unklaren Punkt aufklären möchten, dann würde ich das gerne hören. Aber im Moment wärmen Sie lediglich das noch einmal auf, was ich hier bereits schriftlich in der Hand halte.«
    Ich schaue nach links und erhasche einen flüchtigen Blick auf ein paar überaus ernste Gesichter. Ihr Held bezieht Prügel. Kein schöner Anblick.
    Plötzlich wird mir bewußt, daß die Männer an dem Tisch da drüben diese Sache wesentlich ernster nehmen, als normal wäre. Vorigen Sommer, als ich bei einer auf Strafverteidigung spezialisierten Kanzlei arbeitete, habe ich eine Menge Anwälte kennengelernt, und ein Fall war so ziemlich wie der andere. Man absolviert ein knallhartes Arbeitspensum und stellt ebenso knallharte Rechnungen aus, aber das Ergebnis nimmt man gelassen hin. Es gibt immer ein Dutzend neue Fälle, die auf einen warten.
    Da drüben spüre ich eine Art Panik, und das liegt ganz sicher nicht an meiner Anwesenheit. Bei Versicherungsprozessen ist es üblich, daß die mit der Verteidigung beauftragte Kanzlei zwei Anwälte mit dem Fall betraut. Sie treten immer paarweise auf. Egal um was für einen Fall es sich handelt, wie die Fakten liegen, was der Streitgegenstand ist und wieviel Arbeit dabei anfällt – man hat es immer mit zweien von ihnen zu tun.
    Aber fünf? Das scheint mir doch reichlich übertrieben. Da drüben geht irgend etwas vor. Diese Burschen haben Angst.
    »Sonst noch etwas?« fragt Kipler.
    »Nein, Euer Ehren.« Drummond rafft seine Papiere zusammen und verläßt das Podium. »Der Fall verbleibt hier«, sagt Kipler entschlossen und setzt bereits seinen Namen unter den entsprechenden Beschluß. Das gefällt den Leuten auf der anderen Seite des Ganges ganz und gar nicht, aber sie versuchen, es sich nicht anmerken zu lassen.
    Kipler legt einen anderen Gang ein. »Also, es liegen noch zwei Anträge des Klägers vor. Erstens, das Verfahren zu beschleunigen, und zweitens,

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