Der Regenmacher
noch nicht eingereicht.«
»Ich weiß genau, wie Ihre Antwort lauten wird. Da sind keine Überraschungen zu erwarten. Und Sie haben ganz offensichtlich Zeit genug gehabt, alles andere einzureichen. Also nennen Sie mir ein Datum.« Er sieht plötzlich mich an. »Mr. Baylor?« »Jederzeit, Euer Ehren. Mir ist jeder Tag recht.« Ich sage dies mit einem Lächeln. Ah, die Vorteile, sonst nichts zu tun zu haben.
Alle fünf Anwälte am Tisch der Verteidigung hantieren hektisch mit ihren kleinen schwarzen Büchern, als wäre es vielleicht doch noch möglich, ein Datum zu finden, an dem sie alle verfügbar sind.
»Mein Prozeßkalender ist voll, Euer Ehren«, sagt Drummond, ohne aufzustehen. Das Leben eines so ungeheuer wichtigen Anwalts dreht sich nur um eins: seinen Prozeßkalender. Drummond teilt Kipler und mir auf ziemlich arrogante Weise mit, daß er in der nächsten Zeit einfach zu beschäftigt sein wird, um einer Vernehmung beizuwohnen.
Seine vier Lakaien runzeln die Stirn und nicken synchron, weil auch sie erbarmungslos überfüllte Prozeßkalender haben.
»Haben Sie eine Kopie von Dr. Kords Attest?« fragt Kipler.
»Ja, die habe ich«, erwidert Drummond.
»Haben Sie sie gelesen?«
»Ja«
»Bezweifeln Sie seine Stichhaltigkeit?«
»Nun, ich, äh …«
»Ein einfaches Ja oder Nein, Mr. Drummond. Bezweifeln Sie seine Stichhaltigkeit?«
»Nein.«
»Dann wird dieser junge Mann bald sterben. Stimmen Sie mir zu, daß wir seine Aussage aufzeichnen müssen, damit die Geschworenen eines Tages sehen und hören können, was er zu sagen hat?«
»Natürlich, Euer Ehren. Es ist nur so, daß im Augenblick mein Prozeßkalender …«
»Wie wäre es mit nächsten Donnerstag?« unterbricht ihn Kipler, und jenseits des Ganges herrscht Totenstille.
»Das wäre mir recht, Euer Ehren«, sage ich laut. Sie ignorieren mich.
»Heute in einer Woche«, sagt Kipler, wobei er sie argwöhnisch mustert. Drummond findet das, wonach er gesucht hat, in einer Akte und studiert ein Dokument.
»Ich habe einen Prozeß, der Montag vor dem Bundesgericht beginnt, Euer Ehren. Das hier ist der Eröffnungsbeschluß, wenn Sie ihn sehen möchten. Geschätzte Prozeßdauer zwei Wochen.«
»Wo?«
»Hier in Memphis.«
»Chancen für einen Vergleich?«
»Mager.«
Kipler betrachtet einen Moment seinen Terminkalender. »Wie wäre es mit nächsten Samstag?«
»Samstag?«
»Ja. Am neunundzwanzigsten.«
Drummond sieht T. Pierce an, und es ist offensichtlich, daß er die nächste Ausrede vorbringen soll. Er erhebt sich langsam, hält das schwarze Buch in der Hand, als bestünde es aus Gold, und sagt: »Tut mir leid, Euer Ehren, aber ich bin nächstes Wochenende nicht in der Stadt.«
»Aus welchem Grund?«
»Eine Hochzeit.«
»Ihre Hochzeit?«
»Nein. Die meiner Schwester.«
Aus strategischen Gründen ist es für sie von Vorteil, die Vernehmung hinauszuzögern, bis Donny Ray gestorben ist, und damit zu verhindern, daß die Geschworenen sein eingefallenes Gesicht sehen und seine gequälte Stimme hören. Und es besteht nicht der geringste Zweifel daran, daß diese fünf gemeinsam genügend Ausreden vorbringen und die Sache aufschieben können, bis ich an Altersschwäche gestorben bin.
Richter Kipler weiß das. »Die Vernehmung wird auf Samstag den neunundzwanzigsten angesetzt«, sagt er. »Tut mir leid, wenn das den Herren von der Verteidigung Ungelegenheiten bereiten sollte, aber schließlich sind Sie ja weiß Gott zahlreich genug. Da macht es nichts aus, wenn einer oder zwei von Ihnen fernbleiben.« Er klappt sein Buch zu, lehnt sich auf den Ellenbogen vor, lächelt auf die Verteidiger von Great Benefit herab und sagt: »Sonst noch etwas?«
Es ist schon fast grausam, mit was für spöttischen Blicken er sie bedenkt, aber Kipler ist nicht böswillig. Er hat gerade bei fünf von sechs Anträgen gegen sie entschieden, aber seine Begründungen sind vernünftig. Ich finde, er ist perfekt. Und ich weiß, daß es andere Tage in diesem Gerichtssaal geben wird, andere Anträge und Anhörungen, und ich bin sicher, daß auch ich meinen Teil Prügel beziehen werde.
Drummond steht bereits und zuckt die Achseln, während er den Haufen Papiere auf seinem Tisch betrachtet. Ich bin sicher, daß er etwas sagen will wie »Danke für nichts, Richter« oder »Warum machen Sie nicht gleich weiter und geben dem Kläger eine Million Dollar?« Aber er ist wie immer der vollkommene Anwalt. »Nein, Euer Ehren, das wäre im Augenblick alles«, sagt er, als hätte Kipler
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