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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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gesagt, die Leukämie hätte bereits vor Vertragsabschluß bestanden. Dann haben sie gesagt, der Junge wäre volljährig und deshalb unter der Police seiner Eltern nicht mehr gedeckt. Sie haben sich eine Menge einfallen lassen.«
    »Wurden alle Prämien gezahlt?«
    »Nach Angabe von Mrs. Black, ja.«
    »Diese Mistkerle.« Er schlägt weitere Seiten auf, lächelt boshaft. Max gefällt das. »Und Sie haben die ganze Akte durchgesehen?«
    »Ja. Ich habe alles gelesen, was meine Mandantin mir gegeben hat.«
    Er wirft die Police auf den Schreibtisch. »Eindeutig wert, daß man sich näher damit beschäftigt«, sagt er. »Aber denken Sie daran – Mandanten geben einem nur selten von Anfang an das ganze Material an die Hand.« Ich gebe ihm den Blöde-Brief. Während er ihn liest, erscheint auf seinem Gesicht ein weiteres böses Lächeln. Er liest ihn noch einmal, dann sieht er mich an. »Unglaublich.«
    »Das finde ich auch«, setze ich hinzu wie ein altgedienter Wachhund der Versicherungsbranche.
    »Wo ist der Rest der Akte?« fragt er.
    Ich lege den gesamten Papierstapel auf seinen Schreibtisch. »Das ist alles, was Mrs. Black mir gegeben hat. Sie hat gesagt, ihr Sohn stirbt, weil sie die Behandlung nicht bezahlen können. Jetzt wiege er nur noch fünfundfünfzig Kilo und hätte nicht mehr lange zu leben.«
    Jetzt liegen seine Hände einen Moment unbeweglich da. »Mistkerle«, sagt er wieder. »Widerliche Mistkerle.«
    Ich bin völlig seiner Meinung, sage aber nichts. In einer Ecke sehe ich ein weiteres Paar Turnschuhe stehen – sehr alte Nikes. In der Vorlesung hat er uns erklärt, daß er früher Converse getragen hat, aber jetzt die Firma wegen einer Recycling-Auseinandersetzung boykottiert. Er kämpft seinen kleinen Privatkrieg gegen die amerikanischen Großunternehmen und kauft nichts von einem Hersteller, der ihm aus irgendeinem Grund mißfällt. Er weigert sich, sein Leben, seine Gesundheit oder seinen Besitz zu versichern, aber Gerüchten zufolge ist seine Familie reich, und er kann es sich leisten, auf Versicherungen zu verzichten. Ich dagegen lebe aus naheliegenden Gründen in der Welt der Unversicherten.
    Die meisten meiner Professoren sind spießige Akademiker, die ständig Krawatten tragen und ihre Vorlesungen mit zugeknöpften Jacketts halten. Max hat schon seit Jahrzehnten keine Krawatte mehr umgebunden. Und er hält keine Vorlesungen. Er gibt Vorstellungen. Es ist ein Jammer, daß er von hier fortgeht.
    Seine Hände erwachen wieder zum Leben. »Ich möchte mir das heute abend mal genauer ansehen«, sagt er, ohne mich anzusehen.
    »Kein Problem. Kann ich morgen früh wieder hereinschauen?«
    »Natürlich. Jederzeit.«
    Sein Telefon läutet, und er greift nach dem Hörer. Ich lächle und ziehe mich überaus erleichtert zurück. Ich werde am Morgen wiederkommen, mir seinen Rat anhören und dann einen zweiseitigen Bericht für die Blacks schreiben, in dem ich das wiedergebe, was er mir sagt.
    Jetzt muß ich nur noch einen klugen Kopf finden, der die Recherchen in Sachen Miss Birdie übernimmt. Ich habe schon ein paar Kandidaten, Steuerprofessoren, und vielleicht versuche ich morgen bei ihnen mein Glück. Ich gehe langsam die Treppe hinunter und betrete den Aufenthaltsraum neben der Bibliothek. Er ist der einzige Raum im Gebäude, in dem das Rauchen erlaubt ist, und unter den Lampen hängt der Qualm ständig in dicken Schwaden. Hier gibt es ein Fernsehgerät und eine ganze Kollektion von mißhandelten Sofas und Stühlen. Gruppenfotos schmücken die Wände – gerahmte Ansammlungen von beflissenen Gesichtern, die schon vor langer Zeit in die Schützengräben des juristischen Krieges geschickt wurden. Wenn der Raum leer ist, sehe ich sie, meine Vorgänger, oft an und frage mich, wie viele von ihnen inzwischen wieder aus der Anwaltskammer ausgeschlossen worden sind, wie viele sich wünschen, nie hierhergekommen zu sein, und wie wenigen es tatsächlich Spaß macht, Klage zu führen und zu verteidigen. Eine Wand ist für Anschläge, Bekanntmachungen und Gesuche von erstaunlicher Vielfalt reserviert, und dahinter steht eine Reihe von Speisen-und Getränkeautomaten. Ich nehme viele Mahlzeiten hier ein. Automatenessen wird nicht genügend gewürdigt.
    In einer Ecke sehe ich den Ehrenwerten F. Franklin Donaldson den Vierten im Gespräch mit dreien seiner Kumpel, allesamt eingebildete Typen, die für die Juristische Zeitschrift schreiben und auf jeden herabsehen, der es nicht tut. Er bemerkt mich und scheint sich für

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