Der Regenmacher
irgend etwas zu interessieren. Er lächelt mir zu, als ich vorbeigehe, was ungewöhnlich ist, weil er normalerweise immer eine finstere Miene zur Schau trägt.
»Sag mal, Rudy, du gehst doch zu Broadnax and Speer, ist das richtig?« ruft er laut. Der Fernseher ist ausgeschaltet. Seine Kumpel mustern mich. Zwei Studentinnen auf einem Sofa heben die Köpfe und schauen in meine Richtung.
»Ja. Wieso?« frage ich. F. Franklin der Vierte hat einen Job bei einer Kanzlei, die über sehr viel Tradition und Geld und mindestens soviel Snobismus verfügt und Broadnax and Speer turmhoch überlegen ist. Im Augenblick sind seine Kumpel W. Harper Whittenson, ein arroganter Schnösel, der glücklicherweise aus Memphis verschwinden und bei einer MegaFirma in Dallas arbeiten wird; J. Townsend Gross, der eine Stellung bei einem anderen großen Laden angenommen hat; und James Straybeck, ein gelegentlich netter Kerl, der sich ohne ein Initial vor und eine Zahl hinter seinem Namen durch drei Jahre Jurastudium gequält hat. Mit einem so kurzen Namen ist es um seine Zukunft als Anwalt in einer großen Kanzlei schlecht bestellt; ich bezweifle, daß er es schaffen wird.
F. Franklin der Vierte kommt einen Schritt auf mich zu. Er lächelt übers ganze Gesicht. »Also erzähl uns, was da läuft.«
»Was soll denn da laufen?« Ich habe keine Ahnung, wovon er redet.
»Na, du weißt schon, die Fusion.«
Ich verziehe keine Miene. »Welche Fusion?«
»Du weißt noch nichts davon?«
»Wovon?«
F. Franklin der Vierte wirft einen Blick auf seine drei Kumpel, und alle scheinen sich ganz prächtig zu amüsieren. Sein Lächeln wird noch breiter, als er mich wieder ansieht. »Von der Fusion von Broadnax and Speer mit Tinley Britt.«
Ich stehe ganz still da und versuche, mir etwas Intelligentes oder Schlagfertiges einfallen zu lassen. Aber im Moment fehlen mir die Worte. Ich habe keine Ahnung von einer Fusion, und diese Arschlöcher wissen offenbar etwas. Broadnax and Speer ist ein kleiner Betrieb, fünfzehn Anwälte, und ich bin der einzige, den sie aus meinem Jahrgang eingestellt haben. Als wir vor zwei Monaten handelseinig wurden, war von irgendwelchen Fusionsplänen nicht die Rede.
Tinley Britt dagegen ist die größte, spießigste, einfußreichste und reichste Firma im ganzen Staat. Nach der letzten Zählung betrachten sie nicht weniger als einhundertzwanzig Anwälte als ihr Zuhause. Viele haben an den Traditionsuniversitäten von Neuengland studiert. Viele haben Posten bei einer Bundesbehörde im Stammbaum. Es ist eine mächtige Firma, die reiche Gesellschaften und Bundesorgane vertritt und ein Büro in Washington unterhält, wo sie ihre Interessen bei der Elite durchsetzt. Sie ist eine Bastion aggressiver konservativer Politik. Zu den Partnern gehört ein ehemaliger US-Senator. Ihre angestellten Anwälte arbeiten achtzig Stunden pro Woche, und alle tragen Marineblau und Schwarz und dazu Hemden mit angeknöpftem Kragen und gestreifte Krawatten. Ihre Haare sind kurz geschnitten, Barte sind nicht erlaubt. Man kann einen Tinley-Britt-Anwalt schon an der Art erkennen, wie er sich bewegt und wie er gekleidet ist. In der Firma arbeiten ausschließlich Männer aus den richtigen Familien, von den richtigen Universitäten und aus den richtigen Studentenverbindungen, und deshalb heißt sie bei den Juristen in Memphis immer Trent & Brent.
J. Townsend Gross hat die Hände in den Taschen und lächelt mich höhnisch an. Er ist Nummer zwei in unserem Jahrgang, trägt das richtige Maß an Stärke in seinen Polohemden und fährt einen BMW, und deshalb fühlte er sich sofort zu Trent & Brent hingezogen.
Meine Knie sind weich, weil ich weiß, daß Trent & Brent mich nie würde haben wollen. Wenn Broadnax and Speer tatsächlich mit diesem Koloß fusioniert hat, dann, fürchte ich, werde ich auf der Strecke bleiben.
»Nein, davon weiß ich nichts«, sage ich schwach. Die Mädchen auf dem Sofa beobachten mich genau. Dann herrscht Stille.
»Willst du behaupten, daß sie es dir nicht gesagt haben?« fragt F. Franklin der Vierte fassungslos. »Jack hier hat es heute gegen Mittag gehört«, sagt er und deutet mit einem Kopfnicken auf seinen Kumpel J. Townsend Gross.
»Es ist wahr«, sagt J. Townsend. »Aber der Firmenname bleibt unverändert.«
Der Firmenname in seiner offiziellen Fassung ist Tinley, Britt, Crawford, Mize and St. John. Gnädigerweise hat sich vor etlichen Jahren jemand für die abgekürzte Form entschieden. Mit der Bemerkung, daß der
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