Der Regenmacher
hat. Ich muß immer wieder an Max Leuberg denken, den kommunistischen Gastprofessor, und seinen leidenschaftlichen Haß auf Versicherungsgesellschaften. Sie regieren unser Land, hat er immer und immer wieder gesagt. Sie kontrollieren die Banken. Ihnen gehören die Grundstücke. Sie fangen sich einen Virus ein, und Wall Street hat eine Woche lang Durchfall. Und wenn die Zinsen sinken und ihr Einkommen aus Investitionen abstürzt, dann rennen sie zum Kongreß und verlangen eine Gesetzesreform. Klagen bringen uns um, schreien sie. Diese verdammten Anwälte reichen völlig unbegründete Klagen ein und bringen unwissende Geschworene dazu, daß sie ungeheuerliche Entschädigungssummen zuerkennen, und damit muß Schluß sein, denn sonst gehen wir pleite. Leuberg konnte so wütend werden, daß er Bücher an die Wand warf. Wir liebten ihn.
Und er lehrt noch hier. Ich glaube, er kehrt erst Ende dieses Semesters nach Washington zurück, und wenn ich den Mut dazu aufbringe, werde ich ihn vielleicht bitten, sich den Black-Fall anzusehen. Er hat behauptet, er hätte im Norden bei mehreren großen Verfahren mitgearbeitet, bei denen die Geschworenen die Versicherungen zu horrenden Geldstrafen verurteilten.
Ich fange an, eine Zusammenfassung des Falls zu schreiben. Ich beginne mit dem Tag, an dem die Police ausgefertigt wurde, und liste dann chronologisch jedes maßgebliche Ereignis auf. Great Benefit hat es achtmal schriftlich abgelehnt, die Behandlungskosten zu übernehmen. Der achte war natürlich der Blöde-Brief. Ich kann Max Leuberg pfeifen und lachen hören, wenn er diesen Brief liest. Ich rieche Blut. Professor Leuberg riecht es hoffentlich auch. Ich finde sein Büro zwischen zwei Lagerräumen im dritten Stock der Fakultät. Die Tür ist bedeckt mit Flugblättern, die zum Marsch für die Rechte der Schwulen oder zu Boykotts oder Demonstrationen für bedrohte Arten aufrufen, alles Anliegen, die in Memphis nur wenig Interesse erregen. Sie steht halb offen, und ich höre ihn ins Telefon bellen. Ich halte den Atem an und klopfe leise an.
»Herein!« ruft er, und ich schiebe mich langsam durch die Tür. Er deutet auf den einzigen Stuhl. Er ist voller Bücher, Akten und Zeitschriften. Das ganze Büro ist ein Schuttabladeplatz. Papiere, Abfälle, Zeitungen, Flaschen. Die Bücherregale stehen schief und sacken durch. Plakate bedecken die Wände. Alle möglichen Papiere liegen wie Pfützen auf dem Boden. Zeit und Organisation haben für Max Leuberg keinerlei Bedeutung.
Er ist ein magerer, kleiner Mann um die Sechzig mit wildem, buschigem, strohfarbenem Haar und Händen, die unablässig in Bewegung sind. Er trägt verblichene Jeans, Sweatshirts mit provozierenden Umweltslogans und alte Turnschuhe. Wenn es kalt ist, auch manchmal Socken. Seine nie nachlassende Aufgedrehtheit macht mich völlig nervös.
Er knallt den Hörer auf die Gabel. »Baker!«
»Baylor. Rudy Baylor. Versicherungsrecht, letztes Semester.«
»Natürlich, natürlich. Ich erinnere mich. Setzen Sie sich.« Er deutet wieder auf den Stuhl.
»Nein, danke.«
Er rutscht herum und verschiebt einen Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch. »Also, was liegt an, Baylor?« Max wird von den Studenten angebetet, weil er sich immer Zeit zum Zuhören nimmt.
»Nun, äh, haben Sie eine Minute Zeit?« Normalerweise wäre ich wesentlich formeller und würde »Sir« oder so etwas sagen, aber Max haßt Formalitäten. Er hat darauf bestanden, daß wir ihn Max nennen.
»Natürlich. Was haben Sie auf dem Herzen?«
»Also, ich bin in einem Kurs von Professor Smoot«, erkläre ich, dann liefere ich ihm eine kurze Zusammenfassung meines Besuches bei den Gruftis und von Dot und Buddy und ihrem Kampf gegen Great Benefit. Er scheint sich kein Wort entgehen zu lassen.
»Haben Sie je etwas von Great Benefit gehört?« frage ich.
»Ja. Es ist eine große Gesellschaft, die Unmengen von billigen Versicherungen an Weiße und Schwarze auf dem Lande verkauft. Sehr windiger Haufen.«
»Ich habe nie von ihnen gehört.«
»Kein Wunder. Sie inserieren nicht. Ihre Agenten klappern die Haustüren ab und kassieren jede Woche die Prämien. Wir reden hier über die Achselhöhle der Branche, die stinkt, wenn man sie ankratzt. Zeigen Sie mir mal die Police.«
Ich gebe sie ihm, und er blättert sie durch. »Was sind ihre Ablehnungsgründe?«
»Alles mögliche. Zuerst haben sie nur so aus Prinzip abgelehnt. Dann haben sie gesagt, Leukämie wäre von den Ersatzleistungen ausgeschlossen. Dann haben sie
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