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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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heben Sie die Hand, wenn das geschehen ist.« Er hört sich an wie ein Lehrer von Erstkläßlern.
    Nirgends eine Hand.
    »Es ist eine überaus schwerwiegende Sache, wenn mit einem Geschworenen von einer der an einem Fall beteiligten Parteien direkt oder indirekt Kontakt aufgenommen wird. Es könnte sogar sehr ernste Folgen haben sowohl für die Person, die mit einem Geschworenen gesprochen hat, als auch für den Geschworenen selbst, wenn er es unterläßt, das zu melden.« Das hat einen drohenden Unterton.
    Keine Hände. Keine Bewegung. Nichts als eine Gruppe von Leuten, die jetzt schnell wütend werden.
    Er verlagert sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, reibt sich das Kinn und wendet sich direkt an Billy Porter.
    »Mr. Porter«, sagt er mit tiefer Stimme, und Billy fühlt sich getroffen. Er richtet sich auf, nickt. Sein Gesicht läuft rot an.
    »Mr. Porter, ich möchte Ihnen eine direkte Frage stellen, und ich erwarte eine ehrliche Antwort.«
    »Wenn Sie eine ehrliche Frage stellen, bekommen Sie auch eine ehrliche Antwort«, sagt Porter wütend. Das ist ein Mann mit einer kurzen Lunte. An Drummonds Stelle würde ich ihn in Ruhe lassen.
    Drummond verhält einen Moment, dann stürmt er vor. »Ja, also, Mr. Porter, haben Sie gestern abend am Telefon mit Mr. Rudy Baylor gesprochen oder nicht?«
    Ich stehe auf, breite die Arme aus, schaue Drummond an, als wäre ich völlig unschuldig und er hätte den Verstand verloren, sage aber nichts.
    »Natürlich nicht«, sagt Porter, und sein Gesicht wird noch röter.
    Drummond lehnt sich an die Schranke und umklammert die dicke Mahagonistange mit beiden Händen. Er starrt Billy Porter an, der in der vordersten Reihe sitzt, kaum einen Meter von ihm entfernt.
    »Sind Sie sicher, Mr. Porter?« fragt er.
    »Ich bin verdammt sicher, Mann!«
    »Ich glaube, Sie haben es doch getan«, sagt Drummond, der sich jetzt nicht mehr unter Kontrolle hat. Damit ist er zu weit gegangen. Bevor ich Einspruch erheben und bevor Kipler ihn zur Ordnung rufen kann, springt Mr. Billy Porter auf und stürzt sich auf den großen Leo F. Drummond.
    »Wagen Sie es nicht, mich einen Lügner zu nennen, Sie Dreckskerl!« brüllt Porter und packt Drummond bei der Kehle. Drummond fällt über die Schranke, seine eleganten Slipper fliegen durch die Luft. Frauen kreischen. Geschworene springen von ihren Sitzen auf. Porter sitzt über Drummond, der zappelt und sich windet und tritt und versucht, einen oder zwei Hiebe anzubringen.
    T. Pierce Morehouse und M. Alec Plunk Junior springen auf und treffen als erste auf dem Schlachtfeld ein. Die anderen folgen. Der Gerichtsdiener eilt herbei. Zwei der Geschworenen versuchen, die Kämpfenden auseinanderzubringen.
    Ich bleibe sitzen und genieße die Prügelei. Kipler erreicht die Schranke ungefähr zu dem Zeitpunkt, als Porter zurückgezogen wird und Drummond wieder hochkommt und die Kombattanten sicher voneinander getrennt worden sind. Ein Slipper wird unter der zweiten Reihe gefunden und Leo zurückgegeben, der seinen Anzug abklopft und dabei ein wachsames Auge auf Porter hat. Porter wird festgehalten und beruhigt sich rasch wieder.
    Die Juryberater sind schockiert. Ihre Computermodelle sind im Eimer, ihre ausgeklügelten Theorien keinen Pfifferling mehr wert. Zu diesem Zeitpunkt sind sie völlig nutzlos.
    Nach einer kurzen Unterbrechung stellt Drummond den formellen Antrag, alle Geladenen zu entlassen. Kipler lehnt ab.
    Mr. Billy Porter wird von der Geschworenenpflicht entbunden und verläßt schnaubend den Saal. Ich glaube, er wollte Drummond noch ein bißchen mehr verpassen. Hoffentlich wartet er draußen, um sein Werk zu vollenden.
    Den frühen Nachmittag verbringen wir mit dem mühsamen Prozeß der Auswahl der Geschworenen. Drummond und Genossen meiden entschlossen all die Leute, die Deck und ich am Vorabend am Telefon erwähnt haben. Sie sind überzeugt, daß wir uns an diese Leute herangemacht und sie irgendwie überredet haben, nichts davon verlauten zu lassen. Sie sind so wütend, daß sie mich nicht ansehen.
    Das Resultat ist aus meiner Sicht eine Traumjury. Sechs schwarze Frauen, alle Mütter. Zwei schwarze Männer, einer ein College-Absolvent, der andere ein invalider ehemaliger Lastwagenfahrer. Drei weiße Männer, von denen zwei der Gewerkschaft angehören. Der dritte wohnt nur vier Querstraßen von den Blacks entfernt. Eine weiße Frau, Gattin eines namhaften Grundstücksmaklers. Ich konnte sie nicht vermeiden, aber ich mache mir ihretwegen keine Sorgen.

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