Der Regenmoerder
„Ich schaue mir doch nicht die Gesichter der Kunden an, dazu habe ich gar keine Zeit." „Nie gesehen." „Ist das nicht die Frau, die ermordet wurde?"
„Nein, habe ich nie... Augenblick... Ja, genau, die habe ich neulich bedient."
Scotland Yard. Sekio Yamada saß in einer Besprechung mit Inspector West.
„Dieser Angestellte hat sie als Kundin identifiziert. Im selben Supermarkt, wo auch Akiko Kanomori einkaufte."
„Viel beweist das noch nicht", sagte Inspector West. „Ich bin ganz sicher, daß dies die richtige Spur ist", beharrte Yamada aber. „Diese Tomate am Tatort von Nancy Collins Ermordung muß ihr aus der Einkaufstüte gefallen sein. Alle anderen Einkäufe sammelte der Würger ein und nahm sie mit. Kein Zweifel, wenn nicht zufällig das Taxi gekommen wäre, hätten wir Miß Kanomoris Lebensmitteleinkäufe nicht gefunden. Nach meiner Ansicht treibt sich der Würger mit einem Regenschirm am Mayfair-Markt herum, sucht sich eine Frau ohne Schirm aus und bietet ihr seine Begleitung nach Hause an. Und auf dem Weg bringt er sie um. Diese Male, die wir bei allen Opfern gefunden haben, könnten gut von der Spitze eines Regenschirms stammen. Er stößt sie ihnen vermutlich in den Rücken, sie lassen vor Schmerz ihre Einkaufstüten fallen, und inzwischen hat er den Überraschungseffekt ausgenutzt und ihnen seinen Würgestrick um den Hals gezogen. Er tötet sie und verschwindet spurlos."
Inspector West saß eine ganze Weile regungslos da und musterte sein Gegenüber. Ein eifriger junger Mann.
„Interessante Theorie", sagte er schließlich. „Und was wollen Sie mit ihr anfangen?"
„Ich hätte gerne", antwortete Sekio Yamada, „ein halbes Dutzend Leute zusätzlich. Keine Sorge, nur an regnerischen Abenden. Sie sollen als getarnte Arbeitskräfte in den Supermarkt eingeschleust werden und dort unauffällig nach Männern mit einem Regenschirm Ausschau halten, die Frauen ihre Hilfe und Begleitung und den Schutz unter ihrem Schirm anbieten."
Der Inspector seufzte. „Eine Offenbarung ist das nicht gerade,
aber sehr viel mehr können wir im Moment wohl nicht tun.
Also meinetwegen."
„Danke, Sir", sagte Yamada höflich.
„Wann wollen Sie denn anfangen?"
„Noch heute."
Die Polizeibeamten waren über den gesamten Supermarkt verteilt. Sie hatten übliche Arbeitskittel an und versuchten auch sonst wie normale Arbeitskräfte auszusehen.
„Paßt auf wie die Habichte", hatte ihnen Yamada eingeschärft. „Wir suchen einen Mann, der so tut, als kaufte er ein. Aber vermutlich kauft er nichts. Das einzig Sichere ist, daß er einen Regenschirm bei sich haben wird. Er wird Ausschau nach Frauen halten, die einkaufen waren und dann ohne Regenschirm dastehen. Auf diese Art macht er sich an seine Opfer heran. Wenn sie hinausgehen, und es regnet, bietet er ihnen seine Begleitung nach Hause an. Behaltet alle den Haupteingang im Auge. Sobald ihr eine solche Szene, wie ich sie euch gerade beschrieben habe, seht, schreiten wir ein. Alles klar? Noch Fragen?"
Sie waren bereits seit Stunden in dem Supermarkt. Es regnete immer noch, aber von einem Mann, wie sie ihn suchten, war weit und breit nichts zu sehen. „Na ja", vermutete Detective Blake, „heute ging ihm etwas schief, da kommt er bestimmt nicht noch einmal."
„Im Gegenteil", sagte Yamada, „eben deswegen kommt er noch einmal. Zum ersten Mal ist ihm heute etwas schiefgegangen. Das hat ihn bestimmt wütend gemacht, und es treibt ihn herum, so daß er ein neues Opfer sucht, das er haben muß. Er hat ja keine Ahnung, daß wir ihm schon auf der Spur sind."
„Hoffentlich haben Sie recht. Ich hätte diese Sache gerne bald hinter mir."
„Meinen Sie, ich nicht?" Und Sekio Yamada dachte kurz an die hübsche Akiko Kanomori. Ich bin froh, daß der Würger sie nicht umbringen konnte und daß sie jetzt in Sicherheit ist. Wenn sie über den ersten Schock hinweg ist, suche ich sie auf, damit sie mir eine genaue 8eschreibung von dem Mann liefert.
Akiko Kanomori verschloß in ihrer Wohnung sorgfältig alle Fenster und Türen. Noch immer stand sie unter dem Schock des schrecklichen Schicksals,. das ihr beinahe widerfahren wäre.
Der freundliche Beamte hatte sie gefragt, ob er noch etwas für sie tun könne und ob er vielleicht noch eine Weile bei ihr bleiben solle. Aber sie hatte gesagt, nein, es geht schon, nur ein wenig zittrig bin ich noch.
Sie hatte längst keinen Hunger mehr, der war ihr vergangen. Sie hatte jetzt nur noch Angst. Sehr große Angst. Zum Glück, dachte
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