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Der Report der Magd

Der Report der Magd

Titel: Der Report der Magd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Fingern, die sie in den Mund steckte und mit den Lippen festhielt, während sie sie anzündete. Ihre Lippen waren in dieser Haltung schmal, mit dünnen vertikalen Linien ringsherum, wie man sie früher in Anzeigen für Lippenkosmetik sah. Das Feuerzeug war elfenbeinfarben. Die Zigaretten mußten vom Schwarzen Markt stammen, sagte ich mir, und das gab mir Hoffnung. Obwohl kein richtiges Geld mehr in Umlauf ist, gibt es auch jetzt noch einen Schwarzen Markt. Es gibt immer einen Schwarzen Markt, es gibt immer etwas zum Tauschen. Dann war sie also eine Frau, die in der Lage war, die Vorschriften zu umgehen. Aber was hatte ich, zum Tauschen?
    Ich starrte sehnsüchtig auf die Zigarette. Für mich sind Zigaretten, wie Alkohol und Kaffee, verboten.
    Dann hat es bei dem alten Wieheißterdoch also nicht geklappt, sagte sie.
    Nein, Ma'am, sagte ich.
    Sie stieß etwas aus, was ein Lachen sein mochte, dann hustete sie. Pech für ihn, sagte sie. Dies ist dein zweiter, nicht wahr?
    Mein dritter, Ma'am, sagte ich.
    Für dich auch nicht so gut, sagte sie. Ein weiteres hustendes Lachen. Du kannst dich setzen. Ich will es nicht zur Regel machen, nur dieses Mal.
    Ich setzte mich auf die Kante eines der Stühle mit den hohen geraden Lehnen. Ich wollte nicht in dem Zimmer umherschauen, ich wollte nicht unaufmerksam erscheinen; deshalb blieben der marmorne Kamin zu meiner rechten und der Spiegel darüber und die Blumensträuße an diesem Tag nur Schatten am Rand meines Gesichtsfelds. Später sollte ich mehr als genug Zeit haben, sie genau zu betrachten.
    Jetzt war ihr Gesicht auf einer Höhe mit meinem. Ich meinte sie wiederzuerkennen, oder zumindest war irgend etwas Vertrautes an ihr. Unter dem Schleier war ein wenig von ihrem Haar zu sehen. Es war noch blond. Ich dachte damals, daß sie es vielleicht bleichte, daß sie auch Haarfärbemittel über den Schwarzen Markt bekommen konnte. Doch inzwischen weiß ich, daß es wirklich blond ist. Die Augenbrauen waren zu dünnen, gebogenen Linien gezupft, was ihr einen Ausdruck permanenter Überraschung oder Empörung oder Neugier verlieh, wie man ihn manchmal vielleicht bei einem aufgeschreckten Kind sieht, aber die Augenlider darunter sahen müde aus. Nicht so ihre Augen, die das matte, feindselige Blau eines Hochsommerhimmels bei strahlender Sonne hatten, ein Blau, das einen ausschließt. Ihre Nase mußte einmal das gewesen sein, was man niedlich nennt, war jetzt aber zu klein für ihr Gesicht. Ihr Gesicht war nicht dick, aber es war sehr groß. Zwei Falten zogen sich von den Mundwinkeln nach unten, dazwischen lag das Kinn, geballt wie eine Faust.
    Ich möchte dich so wenig wie möglich sehen, sagte sie. Ich nehme an, dir geht es mit mir genauso.
    Ich antwortete nicht, da ein Ja eine Beleidigung und ein Nein ein Widersprechen gewesen wäre.
    Ich weiß, daß du nicht dumm bist, fuhr sie fort. Sie inhalierte, blies dann den Rauch aus. Ich habe deine Akte gelesen. Soweit es mich betrifft, ist dies eine geschäftliche Transaktion. Aber wer mir Schwierigkeiten macht, kriegt Schwierigkeiten. Du verstehst?
    Ja, Ma'am, sagte ich.
    Nenne mich nicht Ma'am, sagte sie gereizt. Du bist keine Martha.
    Ich fragte nicht, wie ich sie anreden sollte, denn ich sah sehr wohl, daß sie hoffte, ich würde nie Gelegenheit haben, sie irgendwie anzureden. Ich war enttäuscht. Damals hätte ich sie am liebsten zu einer älteren Schwester gemacht, zu einer Mutterfigur, zu jemandem, der mich verstand und mich beschützte. Bei meiner bisherigen Stelle hatte die Ehefrau den größten Teil ihrer Zeit in ihrem Schlafzimmer verbracht; die Marthas sagten, sie trinke. Ich wünschte mir, daß diese anders sei. Ich wollte gern glauben, daß ich sie, zu einer anderen Zeit und an anderem Ort, in einem anderen Leben gern gemocht hätte. Aber ich sah bereits, daß ich sie nie gemocht hätte, und sie mich auch nicht.
    Sie drückte ihre halb gerauchte Zigarette in einem kleinen verschnörkelten Aschenbecher auf dem Lampentisch neben sich aus. Sie tat dies entschlossen, ein Stoß und ein Drehen, nicht das wiederholte Tippen, wie es viele der Ehefrauen bevorzugen.
    Was meinen Mann angeht, sagte sie, so ist er genau das. Mein Mann. Ich möchte, daß das absolut klar ist. Bis daß der Tod uns scheidet. Das ist endgültig.
    Ja, Ma'am, sagte ich wieder, versehentlich. Früher gab es Puppen für kleine Mädchen, die sprachen, wenn man am Rücken an einer Schnur zog. Ich sagte mir, daß ich mich genauso anhörte, monoton, wie die Stimme einer

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