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Der Riesenmaulwurf

Der Riesenmaulwurf

Titel: Der Riesenmaulwurf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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wenn ich mir sagte,
    daß die Vorwürfe des Mannes im Grunde nur darauf zurückge-
    hen, daß er gewissermaßen seinen Maulwurf mit beiden Händen
    festhält und jeden, der ihm nur mit dem Finger nahe kommen will,
    einen Verräter nennt. Es war nicht so, sein Verhalten war nicht
    durch Geiz, wenigstens nicht durch Geiz allein zu erklären, eher
    durch die Gereiztheit, welche seine großen Anstrengungen und
    deren vollständige Erfolglosigkeit in ihm hervorgerufen hatten.
    Aber auch die Gereiztheit erklärte nicht alles. Vielleicht war mein
    Interesse an der Sache wirklich zu gering. An Fremden war für den
    Lehrer Interesselosigkeit schon etwas Gewöhnliches, er litt darun-
    ter im allgemeinen, aber nicht mehr im einzelnen. Hier aber hatte
    sich endlich einer gefunden, der sich der Sache in außerordentlicher
    Weise annahm, und selbst dieser begriff die Sache nicht. Einmal
    in diese Richtung gedrängt, wollte ich gar nicht leugnen. Ich bin
    kein Zoologe, vielleicht hätte ich mich für diesen Fall, wenn ich
    ihn selbst entdeckt hätte, bis auf den Herzensgrund ereifert, aber
    ich hatte ihn doch nicht entdeckt. Ein so großer Maulwurf ist ge-
    wiß eine Merkwürdigkeit, aber die dauernde Aufmerksamkeit der
    ganzen Welt darf man nicht dafür verlangen, besonders wenn die
    Existenz des Maulwurfs nicht vollständig einwandfrei festgestellt
    ist und man ihn jedenfalls nicht vorführen kann. Und ich gestand
    auch ein, daß ich mich wahrscheinlich für den Maulwurf selbst,
    wenn ich der Entdecker gewesen wäre, niemals so eingesetzt hätte,
    wie ich es für den Lehrer gern und freiwillig tat.
    Nun hätte sich wahrscheinlich die Nichtübereinstimmung zwi-
    schen mir und dem Lehrer bald aufgelöst, wenn meine Schrift
    Erfolg gehabt hätte. Aber gerade dieser Erfolg blieb aus. Vielleicht
    war sie nicht gut, nicht überzeugend genug geschrieben, ich bin
    Kaufmann, die Abfassung einer solchen Schrift geht vielleicht
    über den mir gesetzten Kreis noch weiter hinaus, als dies beim
    Lehrer der Fall war, obwohl ich allerdings in allen hierfür nötigen
    Kenntnissen den Lehrer bei weitem übertraf. Auch ließ sich der
    Mißerfolg noch anders deuten, der Zeitpunkt des Erscheinens war
    vielleicht ungünstig. Die Entdeckung des Maulwurfes, die nicht
    hatte durchdringen können, lag einerseits nicht so weit zurück, als
    daß man sie vollständig vergessen hätte und durch meine Schrift
    also etwa überrascht worden wäre, andererseits aber war Zeit genug
    vergangen, um das geringe Interesse, das ursprünglich vorhanden
    gewesen war, gänzlich zu erschöpfen. Jene, die sich überhaupt
    über meine Schrift Gedanken machten, sagten sich mit einer
    Trostlosigkeit, die schon vor Jahren diese Diskussion beherrscht
    hatte, daß nun wohl wieder die nutzlosen Anstrengungen für diese
    öde Sache beginnen sollen, und manche verwechselten sogar meine
    Schrift mit der des Lehrers. In einer führenden landwirtschaftli-
    chen Zeitschrift fand sich folgende Bemerkung, glücklicherwei-
    se nur zum Schluß und klein gedruckt: »Die Schrift über den
    Riesenmaulwurf ist uns wieder zugeschickt worden. Wir erinnern
    uns, schon einmal vor Jahren über sie herzlich gelacht zu haben.
    Sie ist seitdem nicht klüger geworden und wir nicht dümmer. Bloß
    lachen können wir nicht zum zweitenmal. Dagegen fragen wir un-
    sere Lehrervereinigungen, ob ein Dorfschullehrer nicht nützlichere
    Arbeit finden kann, als Riesenmaulwürfen nachzujagen.« Eine
    unverzeihliche Verwechslung! Man hatte weder die erste, noch die
    zweite Schrift gelesen, und die zwei armseligen in der Eile aufge-
    schnappten Worte Riesenmaulwurf und Dorfschullehrer genügten
    schon den Herren, um sich als Vertreter anerkannter Interessen in
    Szene zu setzen. Dagegen hätte gewiß Verschiedenes mit Erfolg
    unternommen werden können, aber die mangelnde Verständigung
    mit dem Lehrer hielt mich davon ab. Ich versuchte vielmehr, die
    Zeitschrift vor ihm geheimzuhalten, so lange es mir möglich war.
    Aber er entdeckte sie sehr bald, ich erkannte es schon aus einer
    Bemerkung in einem Brief, in dem er mir seinen Besuch für die
    Weihnachtsfeiertage in Aussicht stellte. Er schrieb dort: »Die Welt
    ist schlecht und man macht es ihr leicht«, womit er ausdrücken
    wollte, daß ich zu der schlechten Welt gehöre, mich aber mit der
    mir innewohnenden Schlechtigkeit nicht begnüge, sondern es der
    Welt auch noch leicht mache, das heißt, tätig bin, um die allgemei-
    ne Schlechtigkeit hervorzulocken und

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