Der Ring an meiner Hand
sämtliche Frauen im Raum zu becircen. Vor allem Jilly Aubrey wich nicht von seiner Seite. Was nur ein weiteres Mal bewies, dass sich über Geschmack nicht streiten lässt, dachte Emily giftig.
Endlich neigte sich die Party ihrem Ende zu. Im Flur hatte irgendein Witzbold einen Mistelzweig organisiert und forderte nun die ihm zustehenden Küsse, was die anderen Gäste begeistert aufgriffen. Auch Emily kam an die Reihe, doch Simon war nicht unter denen, die sie mit einem Kuss beschenken musste.
„Ich habe gar nicht gesehen, wie die Aubreys gegangen sind“, sagte sie so beiläufig wie möglich, als sie die Tür hinter dem letzten Gast schloss.
„Sie haben sich vor über einer Stunde verabschiedet“, erwiderte ihr Vater. „Außer diesem Mädchen Jillian“, fügte er missbilligend hinzu. „Sie hat Rafaele überredet, sie nach Hause zu fahren.“
Warum überrascht mich das nicht, fragte Emily sich ironisch.
Rasch und zuverlässig erledigten Mrs. Pennystonee und das zusätzlich für diesen Tag eingestellte Personal die Aufräumarbeiten. Emily zog sich in ihr Zimmer zurück – aber nicht, ohne vorher die Tür zum Wintergarten zu entriegeln.
Jetzt konnte sie nur beten, dass die Haushälterin keinen letzten Kontrollgang machte.
Oder hoffte sie in Wirklichkeit genau darauf? Denn wenn Emily ehrlich war, fühlte sie sich fast krank vor Furcht, als sie sich auszog und duschte.
Widerstrebend zog sie den neuen BH und das Höschen an und betrachtete ihr Spiegelbild. Sie fühlte sich ganz und gar nicht sexy. Nur unbehaglich und … unglaublich dumm. Aber wenn Simon sie so wollte …
Beim Haarebürsten fragte Emily sich, warum sie eigentlich zögerte. Diese Nacht würde ihr Leben verändern. Ein magischer Augenblick, in dem sie endlich ganz Simon gehörte, dem Mann, den sie liebte. Und es würde wundervoll werden, weil er es ihr versprochen hatte.
Sie holte noch einmal tief Luft, schlüpfte aus dem Zimmer und schloss sehr vorsichtig die Tür hinter sich. Dann schlich sie auf Zehenspitzen die Treppe hinunter, ihrem Rendezvous entgegen.
2. KAPITEL
Selbst heute, drei Jahre später, erinnerte Emily sich noch an jedes Detail des kurzen Weges. Unter ihren nackten Füßen spürte sie den Teppich auf den Treppenstufen, sah die Schatten, die auch die vertrautesten Gegenstände fremd wirken ließen, und hörte das Knacken und Stöhnen des alten Hauses, das sich für die Nacht zur Ruhe bettete.
Mehr als einmal hätte sie beinahe wieder kehrtgemacht, Zuflucht in ihrem Zimmer und nach einer Entschuldigung für Simon für ihr Wegbleiben gesucht.
Denn irgendwie hatte sie sich ihr erstes Mal mit Simon bedeutungsvoller vorgestellt. Romantischer als dieses heimliche Treffen, das vor ihr lag.
Sie holte noch einmal tief Luft, öffnete die Tür zum Wintergarten und schlüpfte leise wie ein Gespenst hinein.
Einen Moment blieb sie mit geschlossenen Augen stehen, atmete in kurzen Zügen und lauschte den vertrauten Geräuschen der alten Heizung.
Ansonsten herrschte Stille. Mit einem unbestimmten Gefühl der Erleichterung erkannte Emily, dass Simon nicht hier war.
Als sie gerade wieder gehen wollte, bemerkte sie, wie die Tür zum Garten geöffnet wurde. Emily erkannte eine dunkle männliche Gestalt und erstarrte. Für eine Flucht war es jetzt zu spät.
Das ist Simon, rief sie sich eindringlich ins Gedächtnis. Der Mann, den ich liebe.
Sie lief auf ihn zu, warf sich in seine Umarmung und hob den Kopf in Erwartung eines Kusses.
Doch statt sie leidenschaftlich zu begrüßen, verhielt er sich fast zurückhaltend, wie Emily dankbar feststellte. Mit geschlossenen Augen überließ sie sich dem Vergnügen, seine kühlen zärtlichen Lippen auf ihren zu spüren. Genoss, wie er die Konturen ihres Mundes erkundete, als wäre dies ein seltsames unbekanntes Territorium für ihn.
Als …
In diesem Moment wusste sie mit völliger Klarheit, dass alles falsch lief, vollkommen falsch. Der harte männliche Körper, gegen den sie sich presste, war größer, schlanker und zugleich viel muskulöser als Simons. Sie wurde auf eine Art und Weise gehalten und geküsst, die nicht Simons entsprach. Außerdem roch dieser Mann anders.
Oh, nein, nein, schoss es ihr immer wieder durch den Kopf, als die Vermutung zur Gewissheit wurde. Nicht er.
Keuchend entwand sie sich seinem Kuss und schob ihn von sich.
„Lass mich sofort los.“ Ihre Stimme zitterte. „Loslassen, verdammt.“
„Diese bezaubernde Begrüßung war also gar nicht für mich gedacht?“,
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