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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ich dachte. Einen der alten Pharaonen konnte ich selbstverständlich nicht bemühen. Das wäre ein zu heftiger Schlag ins Gesicht der Gerichtsbarkeit. Obwohl mich der Name Echnaton immer wieder anflog. Einen alltäglichen Namen wie Miez oder Peterle, Jerry oder Felix wollte ich ihm auch nicht antun. Für Garfield war er nicht dick genug, für Francis nicht gemein genug. Kazimir kam der Sache schon näher. Oder Tatzenkatz. Pfötchen kam mir in den Sinn. Mit vollem Namen hieß sie ja Patschepfot – und eine plötzliche Eingebung ließ mich an Hatschepsut denken. Rum Tum Tugger und Jellicle Cat tauchten in meinen Gedanken auf, aber beide passten vom Charakter nicht zu dem energielosen, resignierten Bündel zottigen Pelzes neben mir.
    Ein Fisch sprang aus dem spiegelglatten See und hinterließ nach einem leisen Platsch einen Ring sich ausbreitender Wellen. Der Kater neben mir blinzelte aus seinen müden Augen.
    Und wie in Gedanken an vergangene Genüsse leckte er sich einmal über den Ballen seiner Vorderpfote.
    Pfote, lecken. Patschepfot. Lickapaw. Lickapaw hatte ich irgendwo mal gehört. Leckdiepfot. Aber Lickapaw hörte sich besser an.
    »Hör mal, Kater«, begann ich, und er sah mich aufmerksam an. »Ich nenne dich Lickapaw.«
    Wie mit höchster Konzentration spitzten sich seine Ohren.
    »Du«, ich deutete mit dem Finger auf ihn. »Lickapaw!«
    Verstehen, Unglauben, ein erbarmungswürdiger Versuch der Hoffnung schimmerten in seinen Augen auf.
    »Lickapaw«, wiederholte ich und zeigte auf ihn.
    »Du nennst mich Lickapaw?«
    Ich nickte mit aller Gewalt. »Lickapaw«, sagte ich noch einmal, und er seufzte leise. Dann murmelte er den Namen viele Male vor sich hin, als müsse er ihn sich gut und fest einprägen, und plötzlich hob er mit unerwarteter Kraft seinen Kopf und stupfte mich sacht an der Nase.
    »Danke, Menschin. Danke. Du weißt nicht, was du mir damit geschenkt hast. Danke.«
    »Aber bitte, Lickapaw. Und jetzt ruhe dich ein bisschen aus. Alles wird gut.«
    Er legte seinen Kopf wieder an mein Bein, und ich schlang meinen Arm um seinen Hals.
    Auch ich war müde und musste wohl ein wenig eingedöst sein. Als ich wieder wach wurde, stand der abnehmende Mond hell und weiß leuchtend am Himmel. Lickapaw atmete ruhig neben mir und wärmte mich mit seinem Körper. Ich streichelte ihn gedankenverloren und dachte an die Zukunft. An das Buch, meine Rückkehr, all die Schwierigkeiten, denen ich mich stellen musste. Es waren keine erfreulichen Gedanken.
    »Lickapaw!«, flüsterte es ganz leise neben mir und lenkte mich von meinen Sorgen ab.
    »Ja, Lickapaw.«
    Ob ich ihm wohl etwas Kraft geben konnte, wenn ich meine Heilkraft auf ihn übergehen ließ. Es war ein bisschen gefährlich, weil niemand da war, der mir helfen konnte, wenn ich anschließend zusammenklappte. Aber was sollte es? Ich musste es eben einfach besser dosieren.
    Mit einem tiefen Durchatmen sammelte ich meine Energien und spürte die Wärme in meinem Rücken aufsteigen. Meine Hand, die auf dem Rücken des Katers lag, begann zu kribbeln, und ein dünner, blauer Lichtfilm breitete sich über dem zauseligen Fell aus. Aus Lickapaws Augen traf mich ein überraschter Blick. Dann schloss er sie wieder und rückte noch etwas näher zu mir hin. Ich hob seinen Kopf hoch und legte ihn mir in den Schoß. Dann umfasste ich ihn mit beiden Händen und spürte, wie ein glückliches Schnurren durch seinen Körper vibrierte.
    Das Licht wurde heller, ich konnte überhaupt nichts dagegen tun. Es erfasste auch mich, prickelte auf meiner Haut, verstärkte sich mehr und mehr, doch hatte ich nicht den Eindruck, Kraft zu verlieren. Im Gegenteil, ich fühlte, wie eine ungeheure Menge Energie in mich floss, mir Stärke und Hoffnung gab, ganz neue Reservoire füllte und neue Möglichkeiten erschloss. Dann verebbte dieser seltsame Strom, und der Kopf des Katers wurde schwer in meinen Händen. Das Licht verlor seinen Glanz, wurde matter, und dann blieb nur noch ein schwaches Schimmern an meinen Händen.
    Eine Wolke hatte sich vor den Mond geschoben, weiß leuchtete sie in seinem silbrigen Schein. War es Täuschung oder Einbildung, dass sie aussah wie eine zusammengerollte Katze?
    Mit einem plötzlichen Erkennen beugte ich mich zu Lickapaw hinunter. Er atmete nicht mehr. Still und glücklich war er in die Welt hinübergeglitten, in der er sich von seinen Leiden und Verfehlungen erholen konnte. Und er hatte die Gewissheit, sich als Lickapaw zumindest an die letzten Stunden seines

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