Der Ring Der Jaegerin
Katharina.«
Mit einem Plumps ließ Amun Hab den Dolch in das Wasser fallen, das sich kräuselte und Sternensplitter sprühte. Als es sich beruhigt hatte, sammelte ich meine Kraft, um das blaue Leuchten hervorzubringen. Es kroch meinen Rücken empor und lief meine Arme entlang. Meine Fingerspitzen kribbelten, und ich hielt die Hände über das Wasser. Dann spürte ich diese andere Kraft neben mir, die mir half, das Leuchten ruhig zu halten. Das Licht füllte das Becken, überstrahlte die Sterne und wanderte langsam bis zum Grund, wo ein schwarzer Strudel es aufsog. Zuerst heftig, so dass ich fast das Gefühl hatte, mit hinuntergezogen zu werden, doch Amun Hab bewahrte mich mit seiner Konzentration davor. Aber allmählich schien es mir, dass der Sog schwächer wurde, die Schwärze an Tiefe verlor. Dann, ganz langsam, verschwand sie, und der See selbst blieb einen kleinen Moment eine wogende Masse Licht.
Ich atmete erleichtert ein. Es war anstrengend gewesen, und alleine hätte ich es vielleicht nicht geschafft.
»Hol das Messer heraus, es ist jetzt gefahrlos für dich«, forderte Amun Hab mich auf.
»Du möchtest es nicht herausholen?«
Mein neckender Tonfall entging ihm nicht. Wusste ich doch, wie sehr die Katzen das nasse Wasser verabscheuten. Ich krempelte den Ärmel hoch und fischte den Dolch heraus. Die Klinge war nicht mehr schwarz, aber vom Glänzen noch weit entfernt. Wie graues, stumpfes Blei sah sie aus, war aber scharf wie Stahl.
»Ob das so bleibt, Amun Hab?«
»Das wird die Zeit zeigen. Zumindest deine Nahrung kannst du damit wieder zerlegen. Das Siegel solltest du wohl noch nicht damit anrühren.«
Tags darauf packte ich also das Buch in meine Tasche und wanderte durch den sonnigen Frühling zu Majestätens Heim. Bastet Merit sah ein kleines bisschen besser aus als bei unserem letzten Treffen. Der Weise war bei ihr, und sie waren in eine Unterhaltung vertieft. Ich blieb in respektvollem Abstand stehen, doch Amun Hab bemerkte mich sogleich.
»Komm zu uns, Katharina«, forderte er mich auf. Ich ging also die letzten paar Schritte bis zu dem erhöhten Podest und verbeugte mich dann vor den beiden. Das geschah eigentlich ganz unbewusst, es passte einfach in dieser Situation.
»Du hast das Buch dabei, nicht wahr?«
»Ja, Majestät. Ich denke, ich werde so schnell wie möglich versuchen, das letzte Siegel zu lösen.«
Mit einiger Anstrengung legte ich das schwere Buch auf das Podest, so dass Bastet Merit es betrachten konnte. Ich hatte es mir zuvor schon gründlich angesehen. Tamara hatte in der Tat versucht, den Siegellack zu zerstören, aber außer ein paar kleinen Schrammen am Rand war ihr das nicht gelungen. Dieser Umstand gab mir die Gewissheit, dass das Aufbrechen nicht ganz einfach sein würde. Ich hatte mir eines der kleinen Steinmesser von Bran ausgeliehen und konzentrierte mich jetzt darauf, mit ruhiger Hand den Lack vom Ledereinband zu entfernen.
Ich hätte auch versuchen können, eine Schweißnaht mit den Fingernägeln aufzubrechen.
»Dahinter scheint noch etwas anderes zu stecken, Majestät. Vielleicht ist es nicht die richtige Konstellation der Gestirne, oder so. Aber leider habe ich davon keine Ahnung.«
»Hast du nicht. Na, dann kannst du ja noch lernen.«
Hui, Majestät schien ungehalten.
»Ich bitte mich entfernen zu dürfen, um nach der entsprechenden Weisheit zu suchen, Majestät.«
»Renitenter Zug um die Nase. Ich wusste es! Mach, dass du mir aus den Augen kommst.«
Gott, war Majestät launisch.
Ich zockelte also von dannen, ratlos, wie ich jetzt weitermachen sollte. Wenn nur Minni bei mir wäre! Ich begab mich zu meiner Laube zurück, suchte sie aber nicht auf, sondern wanderte am Ufer des schilfbewachsenen Sees entlang. Es war wundervoll ruhig hier, und ich setzte mich auf einen Fels, der in das Wasser ragte. Die Mittagssonne war angenehm warm, darum zog ich Schuhe und Strümpfe aus, um mit den Zehenspitzen in dem kalten Wasser zu planschen. Das war entspannend, aber der Lösung meines Problems brachte es mich nicht näher. Ich hatte ja noch nicht mal ein Nachschlagewerk zur Verfügung, in dem ich etwas über eventuell nützliche Gestirnkonstellationen nachlesen konnte. Und mir kam auch der milde Zweifel auf, ob die mir bekannten Planeten überhaupt von Bedeutung in Trefélin waren. Ich hatte ja noch nicht einmal nach bekannten Sternbildern Ausschau gehalten, Astronomie war nicht meine Stärke.
Ich sann also vor mich hin, als ich plötzlich von einem Rascheln
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