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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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umständlich zwischen ihnen hindurchwinden.
    Als der Abend anbrach, hielten sie sich noch mitten in dieser Dschungelregion auf, und weit und breit war kein Stein in Sicht; es gab kaum genug Platz, um zwischen den Baumstämmen die Decken auszubreiten. Aber als Cail die Gefährten am folgenden Morgen weckte, hatte er es irgendwie bereits geschafft, genug kleine Steine zusammenzutragen, um zweien der Riesen Schutz zu bieten. Und auf die Steinplatte, die Nebelhorn noch mitschleppte, konnten sich noch zwei Riesen stellen. Auf diese Weise abgesichert, machten sie sich auf den Sonnenaufgang gefaßt.
    Als die ersten Sonnenstrahlen hartnäckig durch die ineinander verstrickten Wipfel herabdrangen, zuckte Covenant zusammen; und Lindens Hand fuhr an ihren Mund, um einen Keuchlaut zu unterdrücken. Man konnte die Aura der Sonne nur teilweise erkennen; aber sie war rot. Das Rot einer Sonne der Seuchen.
    »Zwei Tage!« schnob Covenant, um zu verhindern, daß er stöhnte. »Es wird schlimmer.«
    Die Erste schaute ihn an. Erbittert erklärte er, daß das Sonnenübel früher einen Zyklus von jeweils drei Tagen durchlaufen hatte. Jede Verkürzung dieser Periode mußte bedeuten, daß es an Stärke zunahm. Und das wiederum bedeutete ... So etwas jedoch vermochte er schlichtweg nicht auszusprechen. Der Schmerz, den er beim bloßen Gedanken daran empfand, traf ihn zu tief. Es bedeutete, daß Sunder und Hollian keinen Erfolg gehabt hatten. Oder daß der na-Mhoram eine Quelle gefunden hatte, um an Blut zu gelangen, die so groß war wie seine Bosheit. Oder daß Lord Foul mittlerweile so siegesgewiß war, daß die Sonnengefolgschaft sich gar nicht länger vorzutäuschen bemühte, gegen das Sonnenübel zu kämpfen.
    Mit finsterer Miene nahm die Erste Covenants Erläuterungen zur Kenntnis. »Mag's sein«, meinte sie einen Moment später bedächtig, »daß nur eine Abweichung vorliegt, die Dauer einer jeden Sonne im allgemeinen aber unverändert ist?«
    Das war möglich. Covenant entsann sich an eine Sonne von nur zwei Tagen Dauer. Als er sich nach Linden umdrehte, um sie nach ihrer Ansicht zu fragen, blickte sie ihn nicht an. Sie hatte die Hand nicht vom Mund genommen. Ihre Zähne waren um den Knöchel des Zeigefingers gebissen, und ein Tropfen Blut hing an ihrem Kinn.
    »Linden!« Er packte ihr Handgelenk, riß die Hand herunter. Lindens Grauen glich für ihn einem Schlag ins Gesicht.
    »Das ist eine Sonne der Seuchen.« Ihre Stimme drang verpreßt und rauh aus ihrer eingeschnürten Kehle. »Hast du vergessen, wie sie ist? Wir haben kein Voure .«
    Da befiel neue Furcht Covenant. Voure war der scharfe Saft einer bestimmten Pflanze, ein Saft, der die Insekten fernhielt, die unter einer roten Sonne der Seuchen gediehen. Und er war zu noch mehr gut, nämlich als Gegenmittel wider die Sonnenübel-Krankheit. Man konnte sich diese schaurige Erkrankung durch jede offene Verletzung, jeden Kratzer zuziehen. »Hölle und Verdammnis«, knirschte Covenant. »Verbinde deinen Finger«, schnauzte er dann. Sein Arm war weit genug verheilt, um Gefahr auszuschließen; aber die kleinen Wunden an Lindens Fingerknöchel mochten sich unter dieser Sonne als verhängnisvoll erweisen. Rings um Covenant wallte Dampf wie ein Miasma. Wo das Sonnenlicht die Ranken und Baumstämme berührte, platzten Rinde und Borke, begannen Nässe auszuschwitzen. Ihre Ausdünstung stank nach Fäulnis. Unbekannte Insekten fingen durch den rasch immer aufdringlicheren Gestank zu schwirren an, surrten wie Bohrer. Plötzlich begriff Covenant verspätet den Grund von Lindens Beunruhigung. Abgesehen von anderen hatte sie eher als er auch erkannt, daß womöglich sogar ein Riese erkranken würde, wenn er zuviel von diesen Dämpfen einatmete oder ein Insekt ihn stach.
    Linden hatte sich nicht geregt. Ihre Augen stierten glasig, ihr Blick wirkte nach innen gekehrt, als wäre sie keiner Bewegung mehr fähig. Kleine rote Tröpfchen entstanden um ihren Fingerknöchel und fielen ihr aufs Hemd. »Zum Teufel!« fuhr Covenant sie heftig an, außer sich vor Betroffenheit und Sorge. »Ich habe gesagt, du sollst den Finger verbinden! Und laß dir was einfallen! Wir stecken in Schwierigkeiten!«
    Sie erschrak. »Nein«, flüsterte sie. Die Zierlichkeit ihrer Gesichtszüge schien zu zerbröckeln. »Nein. Du verstehst's nicht. Es war noch nie so ... Jedenfalls entsinne ich mich nicht ...« Sie schluckte mühselig, um zu verhindern, daß sie zu schreien begann. Dann nahm ihre Stimme einen ausdruckslosen, wie

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