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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ihre Schuhe. Gemeinsam erwarteten sie den Sonnenaufgang.
    Zunächst wirkte die Sonne, als sie sich über den Rand der Gebirgskluft schob, ganz normal. Aus diesem Grund blieb zumindest diese Gegend der Vorhügel frei von Vegetation. Doch die Gefährten warteten reglos ab, in Schweigen der Beunruhigung verfallen, dessen Gespanntheit an Furcht grenzte. Und da änderte sich vor ihren Augen die Sonne. Eine grüne Aura umschloß sie, veränderte ihr Licht. Selbst der Streifen kahlen Untergrunds zwischen der Schneegrenze und der Randzone der Vegetation nahm eine smaragdgrüne Farbschattierung an. Aufgrund des Winters, der über den Bergen lag, war die Luft nicht warm. Covenant merkte, daß er trotzdem schwitzte.
    Grimmig drehte Linden der Sonne den Rücken zu. Die Riesen machten sich wieder an ihre Tätigkeiten. Hohls ständiges, schwarzes, vieldeutiges Lächeln verriet keinerlei Reaktion. Dagegen sah Findails vom Gram gezeichnetes Gesicht kummervoller als je zuvor aus. Covenant meinte, er könne beobachten, wie die Hände des Elohim zitterten.
    Kurz nachdem die Gefährten gegessen hatten, war Blankehans damit fertig, die Schlitten zu Brennholz zu verarbeiten. Er und Nebelhorn packten die Vorräte zu großen Bündeln für sie beide und kleineren Bündeln für die Erste und Pechnase zusammen. Wenig später befanden sich Covenants Begleiter in voller Bereitschaft zur Aufnahme des heutigen Tagesmarsches.
    »Riesenfreund«, erkundigte die Erste sich ernst, »lauern hier noch weitere als jene Gefahren, die wir bereits alle mit eigenen Augen schauen konnten?«
    Gefahren , dachte Covenant stumpfsinnig. Nein, wenn die Mitglieder der Sonnengefolgschaft sich nicht so weit im Norden herumtreiben. Und sonst alles unverändert geblieben ist. »Nicht unter dieser Sonne«, antwortete er mit einer Stimme, die nach Schweiß klang. »Aber wenn wir zu lange zögern, werden wir Schwierigkeiten haben, überhaupt noch vom Fleck zu kommen.«
    Die Schwertkämpferin nickte. »Das ist offenkundig.« Sie zückte ihr Schwert, tat zwei lange Schritte den Hang hinab und begann aufgeschossene Disteln zu zerhacken und zur Seite zu dreschen. Blankehans folgte ihr. Mit seiner wuchtigen Gestalt und den breiten Schultern erweiterte er den geschlagenen Pfad für die restlichen Gefährten. Covenant mußte sich regelrecht überwinden, ehe er sich Pechnase anschloß. Hinter dem Zweifler und Linden kam Cail, dann Nebelhorn, gefolgt von dem wie unzertrennlichen Paar Hohl und Findail. In dieser Kolonne stießen die gescheiterten Sucher des Einholzbaums ins Greuel des Sonnenübels vor.
     
    Während des Morgens und eines Großteils des Vormittags gelangten sie überraschend zügig voran. Unterholz aus monströsen Sträuchern und Krautgewächsen wechselte ab mit Dickichten aus riesigen, wild ausgewucherten Farnen, durchsetzt mit übergroßen Grasbüscheln; und jedes weitere Stückchen, das die Sonne am Himmel durch ihre Bahn zog, brachte jeden Stamm, jeden Halm und Stengel, jedes Blatt zu noch verzweifelterem Emporsprießen, als wären sie besessen von der Raserei der Verdammten. Dennoch pflügten die Erste und Blankehans so schnell durchs dichte Grün, wie Covenant und Linden ohne größere Anstrengung folgen konnten. Indem die Höhen und der Schnee des Gebirges zurückblieben, machte sich eine immer stärkere Wärme und Feuchtschwüle der Luft bemerkbar. Obwohl Covenant seinen Überwurf schon bald in Pechnases Bündel gestopft hatte, schwitzte er unaufhörlich. Doch der mehrtägige Aufenthalt in den Bergen hatte ihn etwas abgehärtet; er war zum Mithalten des Tempos imstande.
    Gegen Mitte des Nachmittags jedoch geriet die Gruppe in eine Region, die wie ein Landschaftsbild eines wahnsinnigen Surrealisten wirkte. Zederzypressen, knotig entstellt wie Ghuls, lehnten dichtgedrängt aneinander, nahezu überwuchert durch gewaltige Ranken, die sie umschlangen wie das Netzwerk einer riesenhaften, abartigen Spinne. Und zwischen den Baumstämmen und den Stengeln der Ranken wimmelte der Untergrund von grellen Orchideen, die giftig rochen. Die Erste führte einen kraftvollen Schwertstreich gegen die nächstbeste Ranke, riß die längst von grünem Saft verschmierte Klinge zurück, um zu schauen, welche Wirkung der Hieb gehabt hatte; der Stengel war offenbar so hart wie Eisenholz. Ringsum raschelten die Bäume und Ranken, als bedächten sie die Erste mit Flüchen. Um den Marsch fortsetzen zu können, mußten die Gefährten die Hindernisse mühsam überklettern oder sich

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