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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die nur Riesen zu erkennen vermochten. Der leicht grüne Sonnenuntergang schimmerte und gloste an der Südwand, verwirrte Covenants bescheidene menschliche Fähigkeit vollends, das Gefüge eines so großen, grandiosen, zeitlosen Werks zu begreifen.
    Doch auch seine oberflächlichen Sinne spürten die furchtbare Macht des Sonnenfeuer-Strahls, der aus der Höhe der riesigen Festung empor zur Sonne waberte. Mit einem Schlag veränderte diese rote Gewalt seine Erinnerungen an Pracht und Herrlichkeit, erniedrigte den einst so stolzen Wohnsitz der Lords zu einer Brutstätte boshafter Bedrohung. Als er sich vor nun schon so vielen Tagen Schwelgenstein genähert hatte, um Sunder, Hollian und Linden zu befreien, war er von Trauer um die Riesen, die Lords und die Schönheit des Landes, die allesamt dahin waren, niedergedrückt gewesen. Jetzt aber saß der Knoten der Wut, für die er sich entschieden hatte, zu fest in seiner Brust, um noch Raum für Kummer zu lassen. Er hatte vor, wenn es sich nicht umgehen ließ, die ganze Festung einzureißen, um die Sonnengefolgschaft auszuheben – und schon der bloße Gedanke, es könne unvermeidbar sein, Schwelgenstein Schäden zuzufügen, erfüllte ihn mit Wildheit.
    Doch als er seine Gefährten ansah, die verzückten Mienen der Riesen erblickte, linderte sich seine Erbitterung etwas. Die Festung übte eine regelrecht bezaubernde Wirkung auf sie aus. Freudige Anerkennung machte Pechnases Gesichtsausdruck vergnügt; die Augen der Ersten glommen aus Stolz über die Baumeister- und Handwerkskünste ihrer seit langem taten Volksgenossen; Nebelhorn schaute sehnsuchtsvoll aufwärts, hatte zeitweilig allen Verdruß vergessen. Sogar Blankehans hatte vorübergehend seine düstere Verhängnisträchtigkeit abgestreift, als ersähe er intuitiv, daß Schwelgenstein ihm die Chance einer Wiederaufrichtung geben würde.
    Gegensätzliche Gefühlsregungen stauten sich in Covenants Kehle. »Könnt ihr daraus was entnehmen?« erkundigte er sich mit schwerfälliger Stimme. »Wißt ihr, was für ein Sinn darin steckt? Ich bin schon dreimal hier gewesen ...« – viermal, wenn man den kurzen Aufenthalt mitzählte, als er sich Mhorams Herbeirufung widersetzt hatte –, »aber mir hat nie jemand sagen können, was für eine Bedeutung sich dahinter verbirgt.«
    Für einen längeren Moment gab keiner der Riesen eine Antwort. Sie vermochten sich dem Wunder der Festung nicht zu entziehen. An der Wasserkante hatten sie Coercri gesehen, es bestaunt; Schwelgenstein aber besaß für sie einen nahezu transzendenten Charakter. Während er sie musterte, erkannte er plötzlich mit Bedauern, daß es nun unmöglich war, sie zurückzuhalten – daß keine vorstellbare Überzeugungskraft sie noch dazu bewegen konnte, vom Ziel ihrer Suche und von ihren persönlichen Motiven Abstand zu nehmen, das Sonnenübel und Lord Foul ihm zu überlassen. Das Sonnenübel hatte ihre seelischen Grundlagen erschüttert, ihre Fähigkeit beeinträchtigt, zu glauben, daß ihre Suche letztendlich wirklich Erfolg haben könnte. Wie sollten selbst Riesen einem Land zu helfen imstande sein, in dem sogar die Natur verkommen war zu einem Füllhorn der Schrecknisse? Doch der Anblick Schwelgensteins stellte ihr Selbstbewußtsein wieder her. Niemals würden sie in ihrer Entschlossenheit zum Kampf erlahmen. Wenn Covenant nicht bald eine Lösung fand, mußte es ihm verwehrt bleiben, sie retten zu können.
    Pechnase schluckte mühsam. »Keine Worte«, sagte er leise. »Es gibt dafür keine Worte. Der Menschen wortkarger Sprache ermangelt's ...« Tränen rannen durch die Furchen seines Gesichts, schufen ein Kartenwerk seiner Emotionen.
    »Allen Sprachen ermangelt's dafür an Worten, Riesenfreund«, vollendete die Erste den Satz an seiner Stelle. »Allen fehlt's ihnen an Begriffen. In der steinernen Schönheit des Herzens der Erde wohnt das, was nicht in Worte gekleidet zu werden vermag. Jedweder andere Ausdruck muß töricht und ohne Sinn bleiben, sobald der reine Stein selbst spricht. Und hier ist seine Sprache offenbar geworden. Ach, mein Herz!« Ihre Stimme schwoll an, als wolle sie zur gleichen Zeit singen und klagen. Aber auch sie wußte keine angemessene Beschreibung. »Ihrer Heimat Verlust hat die Riesen des Landes viel gelehrt«, fügte sie gedämpft hinzu. »Neben ihnen bin ich niedrig.«
    Im ersten Moment fiel Covenant dazu kein Kommentar ein. Dann jedoch erstand aus seinem Gedächtnis eine Erinnerung; er entsann sich an die formelle Begrüßung, mit

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