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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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verschlungenen Pfaden die Hügel zu durchqueren. In regelmäßigen Abständen erklomm die Erste eine Hügelkuppe, von der aus sie einen weiteren Ausblick auf die Region erhielt; ihre Finger rieben am Griff des Schwerts, als warte sie nur auf eine Gelegenheit, um es benutzen zu können. Aber außer der wasserlosen Ödnis erspähte sie nichts, was für die Gefährten eine Bedrohung sein mochte.
    Wo in den westlichen Hügelketten ein Einschnitt vorhanden war, konnte Linden das Westlandgebirge in seinem südwärtigen Verlauf am Horizont zurückbleiben sehen. Und von der Höhe eines felsigen Hügelkamms aus vermochte sie in der Ferne den Rand von Schwelgensteins Klippe zu erkennen, inmitten des wie zerbröckelten Terrains nun kaum noch sichtbar. Ein Teil ihres Innenlebens sehnte sich zurück nach dem Schutz, den die Festung bot, nach den steinernen Wällen und der Wachsamkeit der Haruchai. Rötlicher Glanz säumte die Umrisse der Landschaft, ließ die öden Hügel so ausgeprägt wirken, als wären sie mit einem Messer geschnitzt worden. Dem Himmel über Linden schien es auf befremdliche Weise an Tiefe und Weite zu fehlen. Wenn man direkt zu ihm aufschaute, sah er hellblau aus, nur von feinem Staub getrübt; aber an den Rändern ihres Blickfelds bemerkte Linden stets eine karmesinrote Verfärbung, die einer Andeutung der Blutlüsternheit des Verächters glich, und durch diesen Farbton machte der Himmel einen niedrigen, geschlossenen Eindruck.
    Obwohl Linden mit Voure eingeschmiert war, zuckte sie bei jedem Summen und Umherschwirren von Sandfliegen, dick wie Stare, und hastigen Dahinwetzen von übergroßen Tausendfüßlern inwendig zusammen. Doch als die Erste und Covenant am anderen Ende des Hügelkamms abwärts zu klettern begannen, wischte sie sich den Schweiß von der Stirn, strich mit den Fingern das Haar von den Schläfen nach hinten und folgte ihnen.
    Am Spätnachmittag, als das Wiederkehren der Schatten das Ungeziefer der Sonne der Seuchen abwiegelte, stiegen die Gefährten erneut hinunter ins Wadi, um den Marsch weniger beschwerlich bis zum Sonnenuntergang fortsetzen zu können. Als der Abend dämmerte, machten sie auf einer ausgedehnten sandigen Fläche für die Nacht halt. Dort verzehrten sie eine Mahlzeit, tranken schwach mit Diamondraught vermischten Metheglin und höhlten sich Schlafstellen aus dem nachgiebigen Untergrund. Hollian holte ihren Lianar -Stab heraus, um festzustellen, was für eine Sonne am nächsten Tag scheinen werde.
    Wortlos gab Sunder ihr den eingewickelten Krill. Behutsam, als flöße Loriks Klinge ihr unvermindert Ehrfurcht ein, faltete Hollian die Umhüllung auseinander, bis ein klarer, silberner Helligkeitsstrahl das abendliche Zwielicht durchdrang. Sie saß mit übereinandergeschlagenen Beinen da, die Klinge auf dem Schoß, als sie ihren Sprechgesang der Beschwörung anfing; gleichzeitig hob sie den Lianar in den Lichtschein des am Krill befindlichen Edelsteins. Feine Triebe und Luftwurzeln aus Feuer wuchsen aus dem Holz, breiteten sich rings um Hollian am Boden aus wie Kriechgewächse, sprossen durch das silberne Leuchten wie Ranken. Sie glühten, ohne Hitze zu entwickeln, ohne den Stab anzubrennen; und ihr filigranes Glosen verlieh dem Abend etwas Gespenstisches und Fremdartiges. Die Glut besaß genau die Farbe der gegenwärtigen Phase des Sonnenübels.
    Linden nahm an, Hollian werde die Beschwörung nun beenden. Ein zweiter Tag der Sonne der Seuchen bedeutete keine Überraschung. Aber die Sonnenseherin hielt ihr Feuer entflammt, und ein Unterton von Eindringlichkeit begann in ihrer Stimme mitzuschwingen. Mit einem inneren Ruck erkannte Linden, daß Hollian ihre Bemühungen verstärkte, die gewohnten Grenzen ihrer seherischen Verrichtung überschritt. Einen Moment später entstand an den Spitzen der feurigen Ausläufer ein ruhiges Flammen von Blau, vergleichbar mit einem leichten Funkeln. Für eine Weile glomm himmelblaues Leuchten in dem Glutgespinst einwärts, veränderte das Feuer, wandelte die karminrote Düsternis des Abends in fahle Bläulichkeit um. Dann verschwand es; Hollians Feuer erlosch. Die Sonnenseherin hielt den Lianar in den Fingern, der Glanz des Krill schimmerte ihr ins Gesicht. Sie lächelte andeutungsweise. »Der morgige Tag wird eine Sonne der Seuchen bescheren.« Ihre Stimme zeugte von Anstrengung und Müdigkeit, aber nicht in ernsterem Umfang. »Dagegen wird die Sonne am Tag danach eine des Regens sein.«
    »Gut«, sagte Covenant. »Zwei Tage Regen, und wir

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