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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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versprechen mochte, sich mit dem Verächter auf eine direkte Auseinandersetzung einzulassen. Mitten in ihrer Versonnenheit überraschte sie sich selbst, indem sie Covenant unversehens gänzlich neue Fragen stellte. »Was für eine Frau war Joan? Wann habt ihr geheiratet?«
    Er sah sie mit scharfem Blick an; und sie erhaschte einen Eindruck des unauflöslichen Wehs, das mit zu den Wurzeln seiner Gewißheit gehörte. Sie ist meine Ex-Frau , hatte er einmal, als Linden ihn um Antwort bedrängte, über Joan geäußert, als enthielte diese schlichte Tatsache eine Art von nachträglicher Bejahung. Trotzdem hatte, was Joan betraf, etwas wie ein Schuldgefühl oder Hingabe noch während all der vielen Jahre seit der Scheidung in ihm überdauert, ihn dazu bewogen, erneut die Verantwortung für sie auf sich zu laden, als sie in Wahnsinn und Besessenheit zu ihm gekommen war, nach seinem Blut gierte. Nun zögerte er für einen Moment, als suche er nach einer Antwort, die einerseits Linden zufriedenstellen konnte, andererseits seine Gefaßtheit nicht beeinträchtigen sollte. Dann wies er mit einer ruckartigen Kopfbewegung hinüber zu Sunder und Hollian. »Als Roger zur Welt kam«, sagte er, indem er einen Kloß aus seiner Kehle hustete, »hat sie mich erst gar nicht nach meiner Meinung gefragt. Sie hat ihn einfach nach ihrem Vater genannt. Und ihrem Großvater. In ihrer Familie gibt's 'ne richtige Generationenfolge von Rogers. Wenn er erwachsen ist, wird er wahrscheinlich nicht mal wissen, wer ich überhaupt bin.«
    Seine Verbitterung war unübersehbar. Dahinter jedoch verbargen sich andere, wichtigere Gefühle. Als er sein Leben gegen Joans Leben eintauschte, da hatte er ihr nichtsdestotrotz zugelächelt. Und er lächelte auch jetzt – das gleiche schreckliche Lächeln, an das sich Linden mit solcher Betroffenheit entsann. Solange es währte, stand Linden dicht davor, ihm in äußerster Seelenqual zuzuflüstern: Ist das es, was du tun willst? Nochmals? Noch einmal?
    Aber seine Miene besänftigte sich fast umgehend wieder; und plötzlich empfand Linden das, was sie befürchtete, als undenkbar. Ihre innere Auflehnung verebbte. Covenant wirkte nachgerade unnatürlich stark von dem überzeugt, was er beabsichtigte; doch was es auch sein mochte, ihm haftete nicht der Ruch des Selbstmordes an. »Mach dir keine Sorgen«, sagte Linden, insgeheim sehr erschüttert. Ihr Versuch, ihn zu trösten, kam sogar ihr selbst unzulänglich vor, aber sie wußte nichts anderes zu bieten. »So leicht fällt's Kindern nicht, ihre Eltern zu vergessen.« Er reagierte, indem er einen Arm um ihre Taille schlang und sie drückte. Schweigsam gingen sie Arm in Arm weiter.
    Um die Mitte des Vormittags beschien die Sonne einen Großteil des Flußbetts, und dessen Durchwandern gestaltete sich in zunehmendem Maß unerfreulich. Das gewundene, mit Felsen und Steinen übersäte Wadi war mit seinen tiefen Schatten und gelegentlichen Uferüberhängen eine geeignete Brutstätte für entartete Kreaturen, die darin reichlich Verstecke fanden, in denen sie lauern konnten, um plötzlich zuzuschlagen. Hollian hatte aus Schwelgenstein einen ausreichenden Vorrat an Voure mitgenommen; aber einiges von dem Getier, das im Flußbett kreuchte und fleuchte, flink umherflitzte, erweckte den Eindruck, vom Voure -Geruch erst recht in Rage gebracht zu werden oder sogar gegen den Saft immun zu sein. Wahrnehmungen des Räuberischen und Abartigen verursachten Linden eine Gänsehaut nach der anderen. Sobald sie irgendeine Bewegung bemerkte, schrak sie zusammen. Sunder und Hollian mußten immer wachsamer darauf achten, wohin sie ihre nackten Füße setzten. Covenant begann die Anhöhen zu betrachten, über die sich die beiden Riesen ihren Weg suchten. Offenbar überlegte er, ob es vorteilhaft wäre, das Wadi zu verlassen.
    Als ein Skorpion, so groß wie Lindens zwei Fäuste zusammen, unter einem Felsbrocken hervorschoß und seinen Stachel seitlich durch Covenants Stiefel zu stechen versuchte, knurrte er einen Fluch und fällte einen Entschluß. »Jetzt reicht's mir«, brummte er unterdrückt und schleuderte den Skorpion mit einem Tritt von sich. »Nichts wie raus hier!«
    Niemand erhob Einwände. Stumm gefolgt von Hohl und Findail, strebten die vier Gefährten zu einem Haufen Felsklötze, der wie eine Halde am Ostufer lehnte, und erstiegen ihn, um wieder zu Pechnase und zur Ersten zu stoßen.
    Den Rest des Tages brachten sie damit zu, längs des leeren Flußbettes auf mehr oder weniger

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