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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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war's ihm nicht möglich, den Tod zu leugnen, ohne daß er zur gleichen Zeit das Leben geleugnet hätte. Ich weiß davon nichts. Ich weiß nur, daß er von seinem Schicksal nicht sprechen konnte – und daß es daher nicht in unserer Macht stand, ihn zu retten. Dadurch wird uns jedoch keine Schuld aufgebürdet.« Er redete, als sei er von dem, was er sagte, fest überzeugt; aber das schmerzliche Gefühl des Verlusts, das ihm die Augen verkniff, seine Stirn furchte, widersprach ihm. »Sein Tod belastet uns mit keiner Bürde als der Bürde der Hoffnung.« Der Sonnenuntergang im Westen schwand, wich aus Blankehans' Gesicht, färbte seine Miene von Dunkelrot ins fahle Grau von Asche um. »Wir müssen darauf hoffen, daß es uns letzten Endes gelingt, seinen Tod mit Sinn auszustatten. Mit Sinn auszustatten ...« – letzteres wiederholte er leise – »und zu verstehen.« Blankehans sah seine zwei Zuhörer nicht an. Das Vergehen des Lichts verschwand aus seinen Augen. »Es bekümmert mich, daß ich keine Hoffnung zu erkennen vermag.«
    Er hatte das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. Aber Covenant brauchte eine Antwort. Er und Schaumfolger hatten auch einmal über Hoffnung diskutiert. »Warum machst du dann weiter?« wollte er wissen, darum bemüht, sich trotz des eigenen harten Leids eines freundlichen Tons zu bedienen.
    Für einen ausgedehnten Moment blieb Blankehans inmitten der im Zunehmen begriffenen Dunkelheit still, als hätte er nichts gehört, wäre gar nicht ansprechbar. »Ich bin ein Riese«, sagte er endlich mit aller Schlichtheit, »und Schiffsmeister der ›Sternfahrers Schatz‹, dem Dienst an der Ersten der Sucher verschworen. Das ziehe ich vor.«
    Das ziehe ich vor , dachte Covenant in wortlosem Gram. Mhoram hätte etwas Ähnliches sagen können. Aber Findail glaubte offenbar nicht an so etwas. Cail dagegen nickte, als wären Blankehans' Äußerungen von einer Art, die sogar ein extrem eingestellter Haruchai akzeptieren konnte. Immerhin glaubte ja auch Cails Volk nicht sonderlich an Hoffnung. Es setzte stets voll auf Erfolg oder Mißerfolg – und fand sich mit dem Resultat ab.
    Covenant wandte sich von der im Verdüstern befindlichen See ab, verließ die Reling. Für ihn gab es unter solchen Menschen keinen Platz. Er wußte nicht, was vorzuziehen war – und konnte nirgends ausreichenden Erfolg absehen, der Mißerfolge erträglich gemacht hätte. Die Entscheidung, die er um Lindens willen gefällt hatte, war nur eine neue Form der Lüge. Nun ja, sie hatte zumindest soviel vorgespiegelte Überzeugung verdient. Aber an irgendeinem Punkt benötigte auch ein Leprotiker mehr als Disziplin oder Hartnäckigkeit, um am Leben bleiben zu können. Und er hatte seine Beziehung zu Linden zu schwerwiegend mit Falschheiten belastet. Er wußte nicht, was er tun sollte.
    Überall auf der ›Sternfahrers Schatz‹ hatten Riesen zur Aufhellung des Abends Laternen anzuzünden begonnen. Sie beleuchteten das große Steuerrad, die Stiegen, die vom Achterkastell hinabführten, sowie die Eingänge zu den unteren Decks und der Bordküche. Sie baumelten am Fock- und Besanmast wie lichte Beispiele von Tapferkeit, betonten die Lücke, wo der Großmast gestanden hatte, ebenso wie sie sie überbrückten. Unter der Weite des Himmels waren sie nichts als kleine Öllampen, und doch verliehen sie dem Riesen-Schiff auf dem Antlitz der Tiefe Schönheit. Nach einer Weile stellte Covenant fest, daß er sich dazu imstande fühlte, nach Linden Umschau zu halten.
    Aber als er vom Achterkastell nach vorn gehen wollte, erregte Hohl seine Aufmerksamkeit. Der Dämondim-Abkömmling stand außerhalb des direkten Laternenscheins, genau an der Stelle, an der er stehengeblieben war, als er das Schiff nach der Rückkehr von der Insel des Einholzbaums wieder betreten hatte. Seine schwarze Silhouette hob sich deutlich vom verdüsterten Horizont ab; wie immer scherte er sich nicht um die ihm entgegengebrachte Beachtung, als wüßte er, daß nichts ihn antasten konnte. Aber er war angetastet worden. Eine eiserne Hülse, übriggeblieben vom einstigen Stab des Gesetzes, umgab seinen Arm noch dort, wo vorher das Handgelenk gewesen war; die Hand jedoch hing nutzlos an dem verholzten Glied, das wie ein Ast aus seinem Ellbogen wuchs. Covenant besaß keine Ahnung, weshalb Schaumfolger ihm dies Produkt der finsteren und seit alters her übelgesonnenen Urbösen mitgegeben hatte. Aber er war nun davon überzeugt, daß Linden recht hatte – daß keine Erklärung, die

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