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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Moment würde er nun vom Fußboden seines Hauses aufstehen und es verlassen, um sich selbst für Joan einzuhandeln. Er hatte den Entschluß lange genug aufgeschoben. Sie war nicht arrogant – wirklich nicht. Joan verdiente nicht, was mit ihr geschah. Sie war lediglich nie dazu imstande gewesen, sich ihre Schwäche zu verzeihen, ihre Grenzen.
    Da war ihm auf einmal zum Lachen zumute. Es hätte ihm unendlich gutgetan, jetzt zu lachen. Er unterschied sich gar nicht so sehr von Joan. Der einzige tatsächliche Unterschied bestand darin, daß er ins Land hinübergerufen worden war, solange er dort noch geheilt werden konnte – während er noch zu begreifen in der Lage war, was das bedeutete. Er befand sich aus höherer Gnade unverändert im Vollbesitz seiner geistigen Gesundheit – falls es sich so verhielt –, nicht dank irgendwelcher persönlichen Vorzüge.
    In gewisser Hinsicht war Joan doch arrogant. Sie hatte ihren Fehlern, ihrem Scheitern zuviel Gewicht beigemessen. Nie hatte sie gelernt, davon abzulassen.
    Auch er hatte diese Lektion nie gelernt. Aber er versuchte es. Bei Gott, er versuchte es. Jeden Moment würde er jetzt aufstehen und Joans Platz in Lord Fouls Feuer einnehmen. Er wollte allem entsagen.
    Aber irgendwie fühlte der Boden unter ihm sich nicht richtig an. Die gemurmelten Beschwörungen, die ihm Ohren, Lungen und Knochen füllten, raunten einen Namen, der nicht nach dem des Verächters klang. Das verdutzte Covenant, schien ihm das Atmen zu erschweren. Er hatte irgend etwas vergessen.
    Matt öffnete er die Augen und zwinkerte in die Verschwommenheit seines Blickfelds; und erinnerte sich daran, wo er war. Da dachte er, das Herz müsse ihm stehenbleiben. Die Prellungen in seinem Gesicht pochten ihm bis hinauf in den Schädel. Sie waren ihm von Höhlenschraten beigebracht worden, nicht den Leuten, die Joan verschleppt hatten. Er hatte nicht mehr lange zu leben.
    Er lag im ungefähren Mittelpunkt einer weiten Höhle mit rohen Wänden und einer zerklüfteten Decke. Die Luft roch streng nach Steinlicht, das aus besonderen, in unregelmäßigen Abständen in die Felswände eingesetzten Steinen glomm. Die Höhle besaß eine in etwa ovale Form; an beiden Enden verengte sie sich zu dunklen, für Covenant unerreichbaren Stollen. Gestank uralten Moders durchzog den Geruch des Steinlichts – nach so alter Verwesung, daß sie ihre Fäulnis nahezu wieder überwunden hatte.
    Der Modergestank entstammte einem großen, hohen Hügel in Covenants Nähe. Der Haufen sah wie ein Grabhügel aus, zur Ehrung jemandes aufgeworfen, der darunter im Grabe ruhte. Aber er bestand ausschließlich aus Knochen. Tausende von Skeletten waren hier an einer Stelle aufgeschichtet worden. Die meisten lagen schon so lange da, daß sie in feinen, grauen Staub zerfallen waren, an dem nicht einmal Maden noch Interesse hegen konnten. Der obere Teil des Haufens war dagegen erst in jüngerer Zeit aufgetürmt worden. Keines der Skelette war komplett; alle waren entweder bereits zum Zeitpunkt des Todes zerbrochen gewesen oder hatten später den Zusammenhalt verloren. Allerdings fehlte auch den neueren Zugängen alles Fleisch. Einigen jedoch sickerte noch Mark aus den Knochen. Es handelte sich nicht um die Skelette von Menschen oder Urbösen; also mußten sie Höhlenschraten gehören. Anscheinend hatte man auch die Schrate, die von der Ersten und Pechnase erschlagen worden waren, schon auf den Haufen geworfen.
    Das Murmeln tönte ununterbrochen weiter, als ob Dutzende oder Hunderte von Raubtieren vor sich hin knurrten. Covenant empfand die Laute wie eine Berührung von Panik in seiner Magengegend. Immerzu wiederholte man einen Namen, flüsterte und nuschelte ihn in jeder möglichen Tonlage und Schnelligkeit; aber Covenant vermochte ihn nicht zu verstehen. Hitze, Geraune und Steinlicht preßten ihm Schweiß aus seinen wunden Schädelknochen. Er war von Höhlenschraten umgeben. Mehrheitlich kauerten sie an den Wänden, die Knie in der Höhe ihrer Ohren; ihre heißen Augen glühten. Andere tanzten auf ihren langen Beinen um den Hügel aus Gebeinen, storchartig und ohne jede Anmut. Ihre Hände durchfuhren die Luft wie Spaten. Allesamt murmelten und murmelten sie auf beschwörerische, nachgerade hypnotische Art und Weise. Covenant hatte keine Vorstellung davon, was sie plapperten oder wie lange er noch im Eingelulle dieser Veranstaltung ausharren mußte. Er fürchtete sich – hatte solche Furcht, daß sie sich in so etwas wie erhöhte geistige Klarheit

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