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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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tut mir Leid. Ich konnte nicht ahnen, dass man Euch im heiligsten all Eurer heiligen Augenblicke überrascht.«
    »Ihr wisst nicht, was mir entgangen ist«, jammerte Harun. »Seit der Morgenstunde hatte ich keine Gelegenheit mehr, etwas zu mir zu nehmen, und seht mich an: Ich bin ein stattlicher Mann, der sein Essen braucht und aufpassen muss, dass er nicht vom Fleisch fällt. Immerhin leiste ich anstrengende Arbeit, und die Verantwortung lastet schwer auf meinen Schultern. Gerade hatte man mir Sfeehas, Ihr wisst schon, jene köstlich gewürzten Hefeteigtaschen, von denen jede eine andere Füllung hat…« - Harun verdrehte genießerisch die Augen und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen - »kredenzt. Die Luft war geschwängert vom Duft frisch gebratenen Hammelfleisches, von Petersilie und Minze. Gerade hatte ich die erste Teigtasche verspeist, als dieses nutzlose alte Weib mit Euren Wächtern hereinplatzte. Ah - sie war gefüllt mit Paprika und Pinienkernen - die Sfeehas, nicht Naida. Es war, als wollte jeder Bissen ein Feuer auf meiner Zunge entfachen, das danach schrie, mit Laban, frischem Joghurt, so weiß wie die Brüste unserer kleinen Ungläubigen hier, gelöscht zu werden.«
    Robin spürte, wie sie rote Ohren bekam, zugleich aber kämpfte sie ebenso gegen ein Lächeln an wie Omar, oder mehr noch, sie war kurz davor, vor Lachen laut herauszuplatzen.
    »Nach den Sfeehas hätte ich mein Mahl mit Mussacha fortgesetzt«, schwärmte Harun. »Ich selbst habe das Hühnchen ausgewählt, das mir bereitet werden sollte. Ein prächtiges fettes Geschöpf mit Fleisch so zart wie Rosenblätter. Bei meinem Barte, Herr, ich schwöre Euch, dieses Hühnchen war die Urenkelin eines jener vollkommenen Geschöpfe, mit denen Allah einst das Paradies bevölkern ließ.«
    Harun stockte, während Omar ihm mit einem immer breiter werdenden Grinsen lauschte. Die Stirn des Hünen legte sich in Falten. Er rollte mit den Augen und plötzlich platzte es nur so aus ihm heraus:
    »Herr, erlaubt, dass ich Euch und Eure ehrenwerte Dienerin einlade, dieses Festmahl mit mir zu teilen? Habt Ihr jemals bei Kemal Mustafa gespeist? Gewiss, es mag Garstuben in dieser Stadt geben, in denen feinere Gesellschaften verkehren, und seine verrunzelte alte Dienerin, die das Essen an die Tische trägt, ist wahrlich keine Augenweide - sie ist fast so hässlich wie Naida -, doch Ihr werdet in der ganzen Stadt einschließlich der Palastküche des Statthalters keinen besseren Koch finden. Ja, ich bezweifle, dass selbst der Beherrscher aller Gläubigen, unser geliebter Kalif al Nasir, einen solchen Meister in seinen Küchen beschäftigt. Allah muss Kemal Mustafa mit einem gesegneten Bratspieß bedacht haben, und so, wie er seinem Propheten eine Zunge schenkte, die in unseren Köpfen die ganze Herrlichkeit des Paradieses entstehen zu lassen vermag, so ist es Kemal gegeben, uns in seiner Küche die Köstlichkeiten erahnen zu lassen, mit denen die Rechtgläubigen dereinst im Paradies belohnt werden. So lasst mich noch einmal meine Einladung wiederholen: Folgt mir in Kemals Garküche, und ich werde Euch für die Dauer einer Mahlzeit durch die Pforten des Paradieses führen.«
    Omars Lächeln wirkte mittlerweile etwas verzweifelt. Er wandte für einen Moment den Blick in Robins Richtung, verdrehte viel sagend die Augen und sah dann wieder zu Harun hoch. Der riesige Mann war dabei, sich selbst in Verzückung zu reden. Seine Augen leuchteten, und während er mit der linken Hand in der Luft herumfuhrwerkte, fuhr er sich mit der anderen unentwegt über den langen, bis weit auf die Brust herabfallenden weißen Bart.
    »Und dann erst die Spezereien!«, schwärmte er. »Ihr wisst schon, all jene Kleinigkeiten, die für sich genommen nicht einmal viel…«
    »Meisterlich!« Omar stand auf und klatschte, Begeisterung heuchelnd, in die Hände. Während Harun verdutzt abbrach und ihn einen Moment lang fast erschrocken ansah, lächelte Omar noch breiter, ließ sich wieder auf seine Kissen sinken und bemerkte dann: »Mir scheint, ich habe Euch verkannt. Ich sollte die Küchensklaven von Euch ausbilden lassen und würde vermutlich reicher werden als die Omayyadenkalifen. Denn wenn ich Euch weiter Haremsdamen ausbilden lasse, so wird es wohl nicht mehr allzu lange dauern, bis ich mir all dieses Speisen, von denen Ihr mir gerade vorgeschwärmt habt, kaum noch leisten kann.«
    Harun al Dhin blinzelte verwirrt. »Was… meint Ihr damit, Herr?«
    »Habt Ihr eine Vorstellung

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