Der Ring des Sarazenen
davon, wie viel mich Euer Vergleich dieser zierlichen Wüstenrose mit einer gefährlichen Raubkatze gekostet hat, Harun?«
»Aber das war doch nur…«
»Ich spreche jetzt nicht von den tausend Denar, die mir entgangen sind«, unterbrach ihn Omar, und in seinem freundlichen Ton schwang eine leise Drohung mit. Harun erbleichte plötzlich sichtbar und schluckte zwei-, dreimal trocken, als hätte er einen Kloß im Hals. »Das ist, mit Verlaub gesagt, eine Summe, die ich verschmerzen kann. Und manchmal ist es sogar von Vorteil, wenn ein Handel nicht sofort zum Abschluss kommt.«
»Wovon… redet Ihr dann, Herr?«, fragte Harun nervös.
»Zum Beispiel davon, dass der Statthalter glauben wird, dass ich ihn mit der Geschichte über diesen verrückten Sklaven in Frauenkleidern betrogen habe«, meinte Omar.
Harun blickte ihn bestürzt an. »Aber, o Herr, das habt Ihr doch auch…«
»Und dank deiner tatkräftigen Unterstützung, du Sohn eines einfältigen Hammels, vermochte er es auch noch herauszufinden!« Omar machte eine bedrohliche Pause. »Manchmal frage ich mich, in wessen Diensten du eigentlich stehst, Harun al Dhin.«
»Natürlich in den Euren, Herr«, beeilte sich Harun zu versichern.
»Ja, jedenfalls ist es das, was du behauptest«, antwortete Omar nachdenklich. »Und wofür du dich fürstlich von mir bezahlen lässt, nur nebenbei bemerkt.«
»Aber ich bitte Euch, Omar!« Harun rang nervös mit den fleischigen Händen. »Ihr kennt mich seit Jahren. Ich bin…«
»Und wenn ich es mir genau überlege«, fuhr Omar unbeirrt fort, den Blick auf einen imaginären Punkt gerichtet, »dann weiß ich so gut wie nichts über dich, Harun. Nur deinen Namen und den deiner Sklavin, und eine Menge interessanter Geschichten - die ich aber allesamt aus deinem eigenen Mund gehört habe, wenn ich es mir genau überlege. Sag mir, Harun: Was tust du so, wenn du nicht in Hama bist? Ich meine, manchmal vergehen Wochen, wenn nicht Monate, in denen du verschwunden bist, und niemand weiß, wo du dich aufhältst oder welchen Geschäften du nachgehst.« Er lächelte freundlich. »Natürlich ist es blanker Unsinn, aber man könnte auf den Gedanken kommen, dass es vielleicht noch einen zweiten Herrn
gibt, in dessen Diensten du stehst - und für den du vielleicht nicht nur Tänzerinnen und Haremsdamen ausbildest.«
Harun wich erschrocken zurück. »Wie könnt Ihr so etwas auch nur denken, Herr?«, empörte er sich. »Niemandem bin ich so ergeben wie Euch!« Er hatte einen weinerlichen Ton angeschlagen, dicke Schweißperlen liefen über sein breites Gesicht und versickerten in seinem Bart. »Ich schwöre Euch beim Barte des Propheten, Omar Khalid, dass es niemanden gibt, dem ich…«
»Lüge!«, unterbrach ihn Omar, in scharfem Ton.
Harun wurde noch blasser und wäre weiter zurückgewichen, hätte das verzierte Gitter in seinem Rücken ihn nicht unvermittelt aufgehalten. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er den Sklavenhändler an.
Plötzlich jedoch brach Omar in schallendes Gelächter aus. »Du musst dich doch nur ansehen, um zu wissen, dass du niemandem so treu dienst wie deinem Bauch!«
Harun blinzelte. Zwei, drei Herzschläge lang starrte er Omar Khalid noch verwirrt und angstvoll an, dann begann sich vorsichtige Erleichterung auf seinem Gesicht breit zu machen.
Omar fuhr unbeirrt fort: »Dennoch werde ich gerade deinen Bauch bestrafen, Harun al Dhin. Wir werden morgen zu einer weiten Reise durch die Wüste aufbrechen, auf der du uns begleiten wirst. Und ich fürchte, der Luxus im Lager wird bei weitem nicht an die Köstlichkeiten von Kemal Mustafas Küche heranreichen. Aber du wirst sehen: Mit der Zeit gewöhnt man sich auch an Haferbrei und harten Käse.«
»Ich bin ein freier Mann!« Harun wedelte gebieterisch mit den Armen, was einen krassen Gegensatz zu der Furcht bildete, die ihm noch immer im Gesicht geschrieben stand. »Niemand hat mir zu sagen, wohin ich gehe!«
Omar hob nur die Schultern. »Ich fürchte, die Assassinen werden nicht begeistert sein, wenn sie morgen um diese Zeit feststellen, dass ich längst schon die Stadt verlassen habe«, sagte er. »Wer weiß, vielleicht werden sie dann nach jemandem suchen, der ihnen etwas über meine schönste Sklavin erzählen kann, und darüber, wohin sie mit mir verschwunden ist. Möchtest du von einem nicht besonders gut gelaunten Assassinen befragt werden, Harun? Man sagt, selbst die Tapfersten der Tapferen vermögen ihnen nicht zu widerstehen.«
Der massige Mann
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