Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
erstarrte für einen Moment, und die sichtbare Erleichterung wich einer Maske blanken Entsetzens. Seine Stimme hatte einen seltsam heiseren Ton, als er antwortete: »Ich danke Euch, Herr. Ihr seid die Flamme der Weisheit, das Licht, das mir in der Nacht meiner Torheit leuchtet.« Er verneigte sich tief. »Ich werde mit Euch ziehen und wenn Ihr direkt in den Schlund der Hölle reitet. Alles, nur lasst mich nicht in die Hand der Schatten fallen!«
    Omar lächelte milde. »Es freut mich, dass ich dich doch noch umstimmen konnte, freier Mann. Du weißt besser als ich, wie viele Lektionen unser kleines Mädchen noch zu lernen hat, bis es zu einer Frau wird.«
    Robin straffte die Schultern und sah Omar so lange kampflustig und herausfordernd an, bis er ihren Blick spürte und sich zu ihr umwandte. »Ich werde nicht gehen«, sagte sie. »Nicht ohne Nemeth und Saila. Ihr werdet sie freilassen.«
    Sie hatte damit gerechnet, dass Omar zornig reagieren würde, aber der Ausdruck in seinen Augen war nur eine Art gutmütiger Spott, an dem nichts Verletzendes war. »Wieder in Leoparden-Laune?«, fragte er. Sein Blick löste sich von Robins Gesicht und glitt scheinbar versonnen über die Sammlung von Säbeln, Dolchen und anderen Waffen, die an der Wand hing. »Und was, wenn ich mich deinem Befehl widersetze? Wirst du mich dann zum stählernen Tanz fordern? Ich wüsste gern, wer so verrückt war, ein Kind das Töten zu lehren.« Sein Blick wirkte jetzt warm, fast sehnsüchtig. »Aber das wirst du mir natürlich niemals verraten. Und sollte ich mich entschließen, dich selbst zum Weibe zu nehmen, so müsste ich wohl jeden Morgen an mein Herz fassen und mich vergewissern, dass noch kein Dolch darin steckt.«
    »Bestimmt nicht«, beteuerte Robin.
    »Du würdest mir natürlich nichts zuleide tun«, meinte Omar spöttisch.
    Robin schüttelte den Kopf. »Ich töte niemandem im Schlaf«, sagte sie. »Messt mich nicht mit Eurem Maß, Omar Khalid. Ich habe vielleicht das Kämpfen gelernt, aber nicht das Morden.«
    Sie wartete auf eine Reaktion des Sklavenhändlers. Darauf, dass seine Hand ihr ins Gesicht klatschte und sie für diese ungeheuerlichen Worte bestrafte; Worte, für die sie sich selbst verfluchen könnte, auf die sie zugleich aber auch stolz war. Aber nichts dergleichen geschah. Sowohl Spott als auch überhebliche Selbstsicherheit waren aus Omars Antlitz verschwunden. Er sagte nichts, verwies sie nicht in ihre Schranken, lachte sie nicht aus - nur ein leises, mahlendes Geräusch störte die fast feierliche Stille dieses Augenblickes. Und es dauerte noch eine geraume Weile, bis Robin auffiel, dass Omar gar nicht sie anstarrte.
    Er blickte an ihr vorbei in Richtung des Fensters, vor dem Harun al Dhin stand.
    »Was… was esst Ihr da, Harun?«, fragte der Sklavenhändler. Irgendetwas im Ton seiner Stimme alarmierte Robin. Er wirkte erschrocken - dabei war der Umstand, dass Harun irgendetwas aß, nun wirklich nichts Außergewöhnliches.
    »Die Gebäckkringel, die auf dem Fenstersims liegen«, antwortete Harun, mit vollem Mund und kaum verständlich kauend. »Sie sind noch ganz warm. Ich dachte, Eure Diener hätten sie hierher gestellt, damit sie ein wenig auskühlen. Ich sagte doch, ich habe seit der Morgenstunde nichts mehr gegessen - abgesehen von jener winzigen Teigtasche, die zwar köstlich war, aber kaum meinen Appetit entfacht hatte, als…«
    »Gebäckkringel?«, krächzte Omar. Mit einem einzigen weiten Satz sprang er hoch und an die Seite des riesigen Arabers, um ihm das angebissene Gebäck aus der Hand zu reißen.
    Harun rang erschrocken nach Luft, verschluckte sich und begann zu husten, wobei er Omar einen Teil der Krümel, die noch in seinem Mund waren, ins Gesicht spuckte. »Aber Herr - es war doch nur…«
    Omar hörte ihm gar nicht zu. Er starrte aus weit aufgerissen Augen den mehr als zur Hälfte aufgegessenen Gebäckkringel an, den er Harun aus der Hand gerissen hatte. »Ein Sesamkringel«, murmelte er.
    Dann riss er Harun grob zur Seite. Jetzt konnte auch Robin das Fenstersims erkennen. Da lagen noch zwei weitere Sesamkringel - sowie ein schmaler, silbern schimmernder Dolch mit beidseitig geschliffener, gekrümmter Klinge. Harun ächzte.
    »Sie waren hier«, flüsterte Omar. »Die Schatten. Sie waren am Fenster. Sie haben uns belauscht.«
    »Aber was ist denn so schlimm an diesem Stück Gebäck?«, murmelte Robin kopfschüttelnd.
    »Ein Sesamkringel und ein Dolch?«, antwortete Harun. »Die Assassinen. Das ist ihr

Weitere Kostenlose Bücher