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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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als er sah, wie Robin erschrocken zusammenzuckte. »Ich schwöre dir, ich werde für dich mein Leben ändern. Ich werde sicher nie ein Heiliger werden und kann nicht auf Vergebung für das hoffen, was ich getan habe, aber was in meiner Macht steht, werde ich tun. Ich habe es bereits veranlasst. Unsere Reise führt uns nicht nach Damaskus, wie alle glauben. Wir reiten direkt nach Bagdad. Der Kalif selbst hat mir gestattet, dort das Geschäft des Seidenhandels zu führen. Erinnerst du dich an die Taube, die mir in unserer letzten Nacht in Hama eine Nachricht gebracht hat?«
    Robin nickte.
    »Es war die Antwort des Kalifen. Der Seidenhandel ist ein Geschäft, das jeden, der es gut führt, in wenigen Jahren so reich wie einen Sultan machen kann. Fast so reich wie einen Sklavenhändler.«
    »Ihr würdet damit nicht leben können«, sagte Robin. Ihre Stimme zitterte. Sie gestattete sich nicht, darüber nachzudenken, warum.
    Omar wischte ihr Argument mit einer unwilligen Bewegung zur Seite. »Ich werde niemals wieder mit Sklaven handeln«, versprach er. »Wenn du es wünschst, werde ich allen Sklaven, die sich noch in meinem Besitz befinden, die Freiheit schenken. Ich werde noch mehr tun. Wenn du mich erhörst und mich zum Manne nimmst, dann verspreche ich, an jedem Jahrestag unserer Hochzeit einhundert Sklaven auf dem Markt zu kaufen, um ihnen die Freiheit zu schenken.«
    Diese sonderbare Liebeserklärung traf Robin wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass ein Mann so etwas zu ihr sagte, und sie war vollkommen verwirrt.
    »Ihr wollt mich mit einem Märchen beeindrucken, Omar Khalid?«, fragte sie. »Und mit Versprechen, ohne Beweise?«
    »Die Geschichte von Hisham und Melikae ist kein Märchen«, antwortete Omar. »Komm.«
    Mit widerstreitenden Gefühlen - sie war gleichermaßen verwirrt wie von einer sonderbaren Erregung ergriffen - folgte sie Omar aus dem ummauerten Geviert heraus. Sie gingen nicht zu den anderen zurück, sondern in einen noch weiter abseits gelegenen, zur Wüste hin offenen Teil der Festungsruine. Die Nacht machte es schwer, genau zu erkennen, wo der sandfarbene Stein aufhörte und die gleichfarbene Wüste begann. Sie hörte ein feines, wisperndes Rascheln, das nur das Geräusch der Sandkörner war, die der kaum spürbare, aber eisige Wind aneinander rieb; in ihrer Fantasie wurde es jedoch zum Flüstern längst vergangener Stimmen, die Geschichten erzählten und ein vielleicht vor Jahrhunderten erloschenes Lachen an ihr Ohr trugen. Sie folgte Omar in größerem Abstand, als nötig gewesen wäre, als könnte sie sich auf diese Weise Klarheit über ihre Gefühle verschaffen.
    Schließlich blieb Omar stehen und hob seine Fackel ein wenig höher. Sofort griff der Wind nach den Flammen und spielte mit ihrem Licht, sodass ringsum Bewegung entstand und mit ihr die Illusion von Leben zurückkehrte. Er schien noch etwas zu suchen und auch Robin sah sich neugierig um. Unter ihren Füßen war jetzt Sand, kein Stein mehr ; überall ragten die Reste zerborstener Säulen hervor, erhoben sich kniehohe, fast regelmäßig geformte Mauerreste, deren Kanten von Wind und Jahreszeiten rund geschliffen worden waren. Und dann hatte Omar gefunden, wonach er gesucht hatte.
    Er ging noch einige Schritte, blieb dann stehen und begann, mit dem Fuß den Sand zur Seite zu scharren. Es war nur eine dünne, vergängliche Schicht, unter der ein nahezu unversehrter Mosaikfußboden zum Vorschein kam, der eine Jagdszene zeigte. Omar winkte sie heran und bedeutete ihr wortlos, sich seine Entdeckung genauer anzusehen. Seine Augen leuchteten vor Besitzerstolz, als sie es tat.
    Nach einigen Minuten ehrfürchtigen Staunens führte Omar sie weiter durch die einst blühenden Gärten von Qasr al-Hir al-Gharbi, die den Kampf gegen die Wüste schon vor langer Zeit verloren hatten. Sie bewegten sich immer noch schweigend, als fürchtete Omar, diesen heiligen Ort durch den Klang seiner Stimme zu entweihen. Schließlich erreichten sie einen gut doppelt mannshohen Felsbrocken. An dieser von der Natur geschaffenen Mauer wuchs - geschützt vor Wüstenwind und Sand - ein Busch.
    Im Licht der Fackel konnte Robin kleine, blutrote Rosenblüten an dem Busch erkennen und unter den dornigen Zweigen, von der Zeit gezeichnet und verwittert, ein geborstenes Marmorbecken. Aus winzigen Rissen im Fels, die teils natürlichen Ursprunges, teils künstlich erweitert worden waren, tropfte Wasser; ein unglaublicher Schatz in dieser

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