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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zumindest keine äußerlichen Verletzungen auf, und zur Abwechslung versuchte es nicht einmal, ihr die Finger abzubeißen, als sie nach den Zügeln griff und seinen Kopf herabzog, um ihn zu begutachten. So weit sie es beurteilen konnte, war das Tier tatsächlich unversehrt geblieben.
    Zahlreiche andere jedoch nicht. Robin drehte sich langsam einmal im Kreis und betrachtete niedergeschlagen das, was von ihrer Karawane übrig geblieben war. Es war zu früh, um wirklich etwas zu sagen, aber sie schätzte, dass sie ein Viertel der Tiere und vermutlich die Hälfte ihrer Ladung verloren hatten. Zahlreiche Männer waren verletzt und wie viel Wasser ihnen geblieben war, das wagte Robin nicht einmal zu schätzen.
    Von Harun war nirgends eine Spur zu entdecken. Robin versuchte, sich mit dem Gedanken zu trösten, dass Harun al Dhin zu jenen gehörte, die schon auf sich aufzupassen verstanden und immer irgendwie durchkamen, aber es blieb ein nagender Zweifel. Schließlich begann sie, nach Harun zu suchen, rief seinen Namen und lief aufgeregt am Fuße des Sandsteinfelsens hin und her.
    Aber so laut sie auch nach ihm rief, Harun al Dhin blieb verschwunden. Der Sturm hatte ihn verschluckt.
     
    19. K API T EL
     
    Es verging mehr als eine Stunde, bis Omar und Mussa die Reste der Karawane wieder zusammengebracht und eine erste Bestandsaufnahme gemacht hatten. In Anbetracht dessen, was hätte passieren können, fiel sie geradezu harmlos aus, aber sie war erschreckend genug: Zwei von Omars und sechs von Mussas Kriegern waren tot oder einfach verschwunden, und dasselbe galt für mehr als ein Dutzend Kamele. Von den Übriggebliebenen - ob Mensch oder Tier - waren zahlreiche verletzt, einige davon so schwer, dass nicht sicher war, ob sie die Reise fortsetzen konnten. Darüber hinaus hatte der Sturm mehr als die Hälfte ihrer Wasservorräte und fast ihre gesamten Lebensmittel mit sich gerissen. War das der Preis, den Omar für die gebrochene Rose von Melikaes Brunnen bezahlen musste?
    Immer wieder sah Robin sich nach Harun um, aber sie konnte ihn nirgends entdecken. Sie war ganz sicher, Harun al Dhin noch in ihrer unmittelbaren Nähe gesehen zu haben, ganz kurz bevor der Sturm über sie hereingebrochen war. Selbst wenn der Khamsin ihn mit all seiner Kraft erfasst hätte, hätte sein Körper irgendwo in der näheren Umgebung sein müssen. Doch weder von seinem Reittier noch von ihm war die geringste Spur zu entdecken.
    Robin versuchte, sich mit dem Gedanken zu trösten, dass es nach diesem Höllensturm von nichts und niemandem eine Spur geben konnte. Vielleicht hatte er hinter der nächsten Düne Schutz gesucht oder einen Felsvorsprung entdeckt, den sie von hier aus nicht sehen konnte. Bei aller Angst, die sie empfand, erschien ihr der Gedanke, dass Harun al Dhin ausgerechnet einem Sandsturm zum Opfer gefallen sein sollte, einfach absurd.
    »Du siehst besorgt aus, meine Liebe«, sagte eine Stimme hinter ihr. Robin drehte sich um und sah in Omars Gesicht hoch. Der Sklavenhändler sah sie mit tiefer Anteilnahme an und Robin spürte sofort wieder das Nagen ihres schlechten Gewissens. »Harun«, sagte sie nur.
    »Er ist verschwunden, ich weiß«, antwortete Omar leise. »Er ist nicht der Einzige.«
    »Aber er kann nicht tot sein«, murmelte Robin. Erst der Klang ihrer eigenen Stimme machte ihr klar, wie nahe sie der Verzweiflung war.
    »Glaube mir, mein Kind, hier in der Wüste ist der Unterschied zwischen Leben und Tod nicht einmal so groß wie…«
    Er brach ab. Im ersten Moment dachte Robin, er hätte den Satz bewusst nicht zu Ende gesprochen. Dann aber sah sie wieder in sein Gesicht, und ihr wurde klar, dass etwas nicht stimmte. Omar hatte den Kopf in den Nacken gelegt und blickte nach oben, zum Rand des Felsenkamms hinauf. Robin drehte sich auf der Stelle herum und sah in dieselbe Richtung.
    Die Klippe war nicht mehr leer. Über ihnen, wie aus dem Nichts aufgetaucht, stand eine Reihe schwarz gewandeter Reiter. Und sie musste Omar nicht fragen, um zu wissen, um wen es sich bei diesen Männern handelte.
    Die Assassinen hatten sie gefunden.
     
    Einen Augenblick lang war sie vor Schrecken wie gelähmt. Es kam ihr vor, als liefe das Geschehen plötzlich unnatürlich langsam ab, während ihre Gedanken geradezu rasten. Das Auftauchen der Männer, vor denen sie so lange, so weit, und unter so entsetzlichen Entbehrungen davongelaufen waren, kam ihr im ersten Augenblick nicht nur absurd, sondern einfach… ungerecht vor. So unfair konnte das

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