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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kleidung ließen die Bewegung wie das Rollen eines aus bunten Stoffresten genähten Balles wirken. Gerade, als sich Robin fragte, ob er sie überrollen wolle, blieb er stehen, wiederholte seine überzogene Verbeugung und sagte mit einer dünnen Fistelstimme: »Ich bin Harun al Dhin. Hat Naida mein Kommen nicht angekündigt?«
    Robin nickte schwach. Das war Harun? Was um alles in der Welt…?
    Harun richtete sich ächzend wieder auf, trippelte zwei Schritte weiter zum Fenster und starrte in den Hof hinab. Sein gewaltiger Bauch war ihm dabei so sehr im Weg, dass er sich gefährlich weit vorbeugen musste, um überhaupt über die Brüstung zu blicken. Was er sah, schien ihn zufrieden zu stellen, denn als er sich schnaufend wieder in Robins Richtung herumdrehte, teilte ein zufriedenes, breites Grinsen seinen Bart.
    »Und was willst du hier?«, fragte Robin. Sie warf einen Hilfe suchenden Blick in das verschleierte Gesicht von Haruns Begleiterin, aber die schwarzen Augen hinter dem Tuch schienen direkt durch sie hindurchzusehen.
    Harun deutete gelassen aus dem Fenster. An seinen Fingern funkelten etliche goldene Ringe.
    »Das. Omars Ware zu veredeln ist meine Aufgabe, nur dass ich mich nicht mit den jämmerlichen, ungewaschenen Geschöpfen dort unten herumschlagen muss.«
    »Omars Ware? Ich verstehe nicht…«
    Harun seufzte. Oder japste er auch nur vor Anstrengung nach Luft? fragte sich Robin. »Dafür beginne ich zu verstehen, was Naida gemeint hat«, murmelte er.
    »Naida?«
    »Sie wird dir doch gesagt haben, dass ich komme?« Harun blinzelte. Er klang überrascht - und ein wenig ungeduldig.
    »Sie hat Euch angekündigt, ja«, antwortete Robin. »Aber…«
    Harun brachte sie mit einer wedelnden Handbewegung zum Verstummen, machte zwei halbe Schritte zurück und maß sie mit einem langen, taxierenden Blick vom Scheitel bis zur Sohle. Was er sah, schien ihm zu gleichen Teilen zu gefallen, wie auch seinen Unmut zu erregen. »Allahs Wege sind manchmal wirklich sonderbar«, murmelte er.
    »Wenn Ihr mich zum Islam bekehren wollt…«, begann Robin, sprach den Satz aber nicht zu Ende, als sie das spöttische Glitzern in Haruns Augen gewahrte. Wer immer dieser Mann auch war, er war gewiss kein Imam oder wie auch immer die Kirchengelehrten in diesem Teil der Welt genannt wurden.
    »Oh, Ungläubige.« Harun seufzte mit einem Blick wie ein Meisterkoch, der voller Entsetzen eine hoffnungslos verunglückte Mahlzeit betrachtet, die sein schlechtester Schüler zubereitet hat. »Naida hatte Recht. Du bist wie ein ungeschliffener Edelstein, aber mir scheint, dass du noch viel mehr Kanten und Unebenheiten hast, als sie behauptet hat. Und sie war nicht wählerisch in ihren Worten.«
    »Was wollt Ihr von mir?«, fragte Robin. Mittlerweile war sie zu dem Schluss gekommen, dass sie diesen Mann nicht fürchten musste - niemand auf der Welt musste das vermutlich - und in die Mischung aus Belustigung und Verwirrung, die sein Anblick in ihr auslöste, mischte sich Zorn. Wenn Naida ihr einen Hofnarren geschickt hatte, um sie aufzuheitern, dann hatte sie den denkbar schlechtesten Moment dafür gewählt.
    »Ich werde aus dir ein Schmuckstück machen«, antwortete Harun. Er rollte begeistert mit den Augen und klatschte schließlich in die Hände. »Bis zu den fernen Ufern des Nils werden die Männer sich nach deiner Schönheit verzehren, wenn ich erst einmal mit dir fertig bin. Neben dir werden alle anderen Frauen aussehen wie vertrocknete Disteln neben einer frisch erblühten Rose.«
    »Aha«, sagte Robin.
    Harun ließ sich davon nicht irritieren. Ganz im Gegenteil: Der Ausdruck von Enttäuschung, den Robin für einen Moment in seinen Augen gelesen hatte, war vollkommen verschwunden und machte dem einer Begeisterung Platz, die sie allmählich als beunruhigend empfand.
    »Oh, du wirst mein absolutes Meisterstück«, schwärmte er. »Ich muss Allah danken und Naida Abbitte tun. Zweifellos hat sie nach mir geschickt, weil sie glaubte, ich würde an dir scheitern, dieses listige alte Weib. Aber Harun al Dhin erkennt einen Edelstem, wenn er ihn sieht - selbst wenn er sich in einem Haufen Kameldung verbirgt.«
    »Oh, vielen Dank.«
    Harun ging auch auf diese Bemerkung nicht ein. Robin war sich mittlerweile sicher, dass er ihr überhaupt nicht zuhörte.
    »Es wird ein schweres Stück Arbeit, mein Kind, aber du bist zweifellos der Aufmerksamkeit eines Meisters wert. Wenn deine Ausbildung beendet ist, wird man dich die Blume des Abendlandes heißen, und

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