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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schritte stützte sie den Krug noch mit einer Hand, aber schon nach wenigen Augenblicken hatte sie so weit ihre Balance gefunden, dass sie sich freihändig und nicht einmal besonders langsam bewegte, ohne dass das klobige Gefäß auf ihrem Haupt auch nur wackelte; ganz zu schweigen davon, dass sie etwas von seinem Inhalt verschüttet hätte. Robin sah ihr mit großen Augen dabei zu, blickte dann wieder Harun an und runzelte die Stirn, als sie dessen hämisches Grinsen bemerkte.
    »Und?«, fragte sie.
    »So bewegt sich eine Frau«, erwiderte Harun in einem ganz genau bemessenen, halb abfälligen, halb spöttischen Ton. »Leichtfüßig wie eine Gazelle und dennoch fest wie ein Felsen im Sturm.«
    »Aha.«
    »Auch du wirst es noch lernen, Christenmädchen«, versprach Harun. Er sah geduldig zu, wie Aisha sechs oder sieben Mal das Zimmer durchmaß, dann bedeutete er ihr mit einem wortlosen Nicken, dass es genug sei. Die dunkeläugige Araberin blieb stehen, nahm das Tongefäß vom Kopf und reichte es Robin.
    Robin starrte den Krug völlig verständnislos an. Sollte das ein Witz sein?
    »Worauf wartest du?«, fragte Harun. »Es ist nicht so schwer, wie es aussieht.«
    Robin blickte erst ihn, dann den Wasserkrug an, aber schließlich griff sie nach dem Gefäß und hätte es um ein Haar fallen gelassen, als Aisha die Hände zurückzog und Robin feststellen musste, wie schwer der Krug war. Ihre vorsichtige Schätzung wurde von dem wirklichen Gewicht anscheinend noch übertroffen.
    »Das ist nicht Euer Ernst?«, sagte sie.
    »O doch«, erwiderte Harun. Er lächelte noch immer. Aber dieses Lächeln war nicht echt. In seinen Augen war etwas, das Robin einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Er wich zwei Schritte zurück, machte eine ungeduldige Handbewegung, und noch bevor Robin wirklich wusste, wie ihr geschah, trat Aisha hinter sie, nahm ihr den Krug wieder aus der Hand und setzte ihn reichlich unsanft auf ihrem Scheitel ab. Robin griff unwillkürlich nach dem Gefäß, jedoch vergeblich: Kaum hatte Aisha den Krug losgelassen, da kippte er auch schon und zerbarst mit einem gewaltigen Klirren neben ihren Füßen. Das eisige Wasser überschwemmte den Fußboden, sodass Robin erschrocken die Luft zwischen den Zähnen einsog und ein Stück zurückwich.
    »Ja, so ungefähr habe ich mir das gedacht«, seufzte Harun. Er verdrehte die Augen und starrte gegen die Zimmerdecke. »Was habe ich getan, o Allah?«
    Das wusste Robin nicht, aber sie wusste ziemlich genau, was sie in diesem Augenblick gern getan hätte. Verärgert besah sie sich ihre nassen Füße und dann die Überschwemmung auf dem Boden. Das Wasser war nicht nur eiskalt, der geflieste Boden war nun mit kleinen, scharfkantigen Tonscherben übersät, sodass sie aufpassen musste, wo sie hintrat, um sich nicht zu verletzen.
    »Worauf wartest du?«, fragte Harun. »Versuch es erneut!«
    Robin starrte missmutig die Reihe aus noch neun gefüllten Tonkrügen an. Aisha bewegte sich leichtfüßig an ihr vorbei, nahm einen weiteren Krug auf und streckte ihn auffordernd in ihre Richtung, aber Robin verschränkte nur demonstrativ die Arme vor der Brust und wich einen Schritt zurück; weiter konnte sie nicht, denn sie stand jetzt bereits mit dem Rücken an der Wand. »Fällt mir nicht ein«, beharrte sie.
    Harun seufzte. »Mach es mir doch nicht so schwer, Kind«, murmelte er. »Und vor allem nicht dir.«
    »Das mache ich nicht«, sagte Robin mit dem unschuldigsten Blick, den sie zustande brachte. »Ihr braucht Euch nur zurückzuziehen, so leicht ist das.«
    Harun antwortete nicht; er gab Aisha einen kaum wahrnehmbaren Wink, woraufhin die junge Frau Robin grob an der Schulter packte und mit nur einer Hand den zweiten Tonkrug auf ihren Kopf platzierte. Diesmal fiel die Berührung noch unsanfter aus. Es tat wirklich weh und wieder kam Robins instinktiver Griff nach oben zu spät; der Krug kippte und prallte schmerzhaft auf ihrer Schulter auf, ehe er zu Boden fiel. Das eisige Wasser ergoss sich über ihren ganzen Körper, bevor auch das zweite Gefäß zerbarst.
    »Fass mich nicht noch einmal an«, herrschte Robin sie an. Sie hatte nicht besonders laut gesprochen, aber ihre Augen blitzten wütend auf, und sie musste wohl eine Haltung angenommen haben, die Aisha erschreckte. Rasch wich die junge Frau zwei Schritte vor ihr zurück, aber dann klatschte Harun erneut in die Hände, und Aisha wandte sich - wenn auch nach einem merklichen Zögern - herum und nahm den dritten Krug

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