Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
du verliebt sein? Scheiße!‘
Auf dem zehnminütigen Weg zum Dezernat fiel das Wort „Scheiße“ noch unzählige Male.
Als er den Wagen schließlich parkte, sang Gary Moore: „I still got the blues for you…“ ‚Hahaha! Sehr witzig‘, dachte Hauptkommissar Wagner, und schnitt Gary Moore mittels Zündschlüssel das Wort ab.
Im Büro wartete schon ein großer Teil seines Teams bei Kaffee und… Kuchen?
„Was gibt’s zu feiern? Hab´ ich einen Geburtstag vergessen, Leute?“ Wagner simulierte angestrengtes Grübeln. Menzel half aus: „Viel besser! Wir sind mit den besch… bescheidenen Antiquariaten durch. Rosalie hat gebacken, vor lauter Freude. Kannst dir ja vorstellen, wie happy die ist, wenn sie sich schon hinstellt und Kuchen backt.“
„Wetten, dass ich nichts abkriege? Wo ist Rosalie eigentlich?“ Bevor irgendjemand antworten konnte, stand sie schon in der Tür. Mit ihrem langen schwarzen Zopf und der kurzen Lederjacke erinnerte sie in dem Moment verblüffend an Lara Croft. Es gab keinen Zweifel daran, dass sie mindestens genauso unangenehm werden konnte. Insbesondere, wenn es um Feminismus ging, nagelte sie Uneinsichtige mit bloßen Worten gegen die Wand.
„Rosalie hat Servietten geholt. Außerdem findet Rosalie, dass du durchaus Kuchen haben solltest, auch wenn du ihn nicht verdient hast.“ Ein spitzbübisches Grinsen lag auf ihrem Gesicht. Rosalie war stets ungeschminkt. Ihre makellose olivfarbene Haut und ihre feurigen braunen Augen benötigten ebenso wenig kosmetische Unterstützung wie ihre vollen Lippen.
Sie war bildschön, interessierte sich allerdings überhaupt nicht dafür, was ihr unter den Kolleginnen oft Missgunst einbrachte. „Du bist wie immer sehr großzügig“, konterte Theobald Wagner und verneigte sich tief.
Die Stimmung im Team war ausgelassen, obwohl der Ermittlungserfolg noch auf sich warten ließ. Wagner begann, sich im Kreise seiner Kollegen allmählich wieder wohlzufühlen.
Er wollte nicht mehr sarkastisch, rechthaberisch und oberflächlich sein. Merkwürdigerweise war er jetzt erst, nach seinem Tiefpunkt, in der Lage, seine Kollegen und seinen Beruf richtig zu schätzen.
Bei Kaffee und Kuchen berichteten sie ihm von ihren Ermittlungsergebnissen. Menzel hatte den Bericht gestern schon fertiggemacht und auf Wagners Schreibtisch gelegt. Nun hatte er ihn sich wieder gegriffen und trommelte mit den Fingern darauf herum. „Darin wirst du ein paar merkwürdige Leute kennen lernen. Allerdings ist uns weder ein Mörder noch ein verwertbarer Hinweis ins Netz gegangen.“ Der junge Beamte blätterte in den Seiten.
„Hey, Rosalie. Erinnerst du dich noch an das Antiquariat von diesem Herrn Arndt?
Der Typ hat echt einen Schuss gehabt.“ Rosalie nickte beipflichtend: „Stimmt. Der hat uns viel erzählt und gar nichts. Dem Sebbi ist schon ganz übel geworden von dem Geschwafel. Hat aber immer brav genickt, gell, Schatz?“ Rosalie liebte Menzel wie einen kleinen Bruder.
„Na ja, dieses Geschwafel von Opern, Platten, Noten, Requisiten und so war echt öde,“ brachte er entschuldigend hervor. Hauptkommissar Wagner hörte auf zu kauen.
Das Stück Marmorkuchen lag bewegungslos in seinem Mund. „Was war das für ein Antiquariat?“ Wagner nahm sich nicht die Zeit, den Mund zu leeren. Das Stück Kuchen klebte sich beim Sprechen unangenehm am Gaumen fest. Menzel blätterte in seinem Bericht.
„Der Laden hieß Wagnersches Antiquariat, was mir erstmal komisch vorkam, denn der Besitzer hieß ja Arndt. Er hat uns dann aufgeklärt. Er führe ein Spezial-Antiquariat für…“
„… alles rund um Richard Wagner?“ Menzel blickte seinen Chef verblüfft an und nickte.
„Wo ist der Laden, Sebbi?“ Alle schauten ihn an. Wagner wurde ungeduldig. „Wo?“ Menzel beeilte sich zu antworten. „Ähm… äh… hier hab´ ich es. Neckarstadt-Ost. Eichendorff-Straße, Ecke Clignet-Platz“
Mittlerweile hatte Wagner sein Handy schon in die Tasche gesteckt, das Stück Kuchen mit Hilfe der Zunge vom Gaumen gelöst und stürmte Richtung Tür.
„Was ist denn jetzt los? Seit wann ist der Theo Opernfan?“, fragte Menzel.
„Seit wann nennt er dich Sebbi?“ wollte Lukas wissen.
Gerade als Hauptkommissar Wagner sein Auto startete, klingelte das Handy. Freude schöner Götterfunken. Nerv! „Sorry, Chef. Aber ich glaube, du musst das Treffen mit deinem Namensvetter verschieben. Es ist wieder eine Leiche aufgetaucht und wir sind wohl zuständig. Sehen wir uns dort?“ Rosalies Stimme
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