Der Ring des Todes - ein Wagner Krimi
im Ring des Nibelungen gewesen? Wie war dieser Hagen gleich wieder zu Tode gekommen? Hauptkommissar Wagner konnte sich nicht erinnern, es stand allerdings außer Frage, dass es etwas mit Wasser zu tun gehabt haben musste.
Unbemerkt war Dr. Kremer an seine Seite getreten. „Meinen Sie, wir finden wieder einen Ring?“ Wagner schnaubte verächtlich. „So sicher wie Weihnachten auf den vierundzwanzigsten Dezember fällt. Wann soll ich in der Gerichtsmedizin sein?“ Dr. Kremer sah an die Decke und ging offenbar seinen Terminplan durch. „Vor vier Uhr geht gar nichts. Passt das?“ „Muss“, antwortete Wagner mechanisch, während er den Raum wieder der Spurensicherung und der Gerichtsmedizin überließ.
Menzel kam ihm schnaufend entgegen.
„Und? War es wieder unser Mann?“ Wagner zuckte bloß mit den Schultern und zeigte mit dem Daumen über seine Schulter. „Sieh es dir an, und sag mir Bescheid, wenn du berechtigte Zweifel daran hast! Du und Rosalie… ihr kümmert euch um alles, okay? Befragt die Nachbarn! Irgendwer hat vielleicht etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen. Ich muss los.“ Sebastian Menzel nickte. „Wagner meets Wagner?“
„So ähnlich, Sebbi. Meld‘ dich, wenn was Außergewöhnliches auftaucht.“ Wieder Nicken.
Als er die Treppe hinunterlief, rief Theobald Wagner bei Elle zu Hause an, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. Wen sollte er nach diesem Anblick auch sonst anrufen?
Letztendlich kam es jetzt ohnehin nicht mehr darauf an. Sollte ihn sein Gefühl bezüglich Elles Vertrauenswürdigkeit tatsächlich getäuscht haben, steckte er zu diesem Zeitpunkt sowieso schon bis zum Hals in der Scheiße. Da war es wieder, dieses Wort! Das Wort des Tages: Scheiße!
Nein, nein! Er täuschte sich nicht in Elle! Sein Innerstes kämpfte den Gedanken daran, dass Elle die Komplizin des Mörders sein könnte, nieder.
„Elle, schön, dass ich Sie erreiche. Es ist etwas passiert, und…“ Das Motorengeräusch seines alten Wagens übertönte für kurze Zeit ihre Stimme. „Es ist Hagen, nicht?“
„Sie werden mir langsam unheimlich, aber es sieht ganz danach aus. Hätten Sie heute Abend ein paar Minuten Zeit? Ich hätte vorher noch einiges zu erledigen. So gegen halb sieben?“
Elsbeth Winkler bejahte. „Bitte machen Sie sich nicht wieder solche Umstände. Es ist mir ohnehin unangenehm genug, Sie noch einmal zu behelligen.“ „Sie behelligen mich nicht, Theo. Wir sind doch ein Team, oder nicht? Bis heute Abend habe ich meine Hausaufgaben gemacht. Das passt perfekt. Bis dann.“
Auf dem Weg zum Wagnerschen Antiquariat fragte er sich ständig, was Elle wohl mit Hausaufgaben gemeint haben könnte. In der Eichendorff-Straße fand Theobald Wagner überraschend schnell unweit des Antiquariats einen Parkplatz. Als er die Tür öffnete, schlug ihm ein sonderbarer Geruch entgegen, der ihn an Altertümliches erinnerte. Er musste an vergilbte Buchseiten und wurmstichige Holzmöbel denken, die mit mittlerweile mottenzerfressenen Stoffen bezogen waren. Der Raum war hoch und schlecht ausgeleuchtet und beherbergte an der linken Wand ein nicht enden wollendes Regal, das vom Boden bis zur Decke reichte. Daran war eine Rollleiter befestigt, die parallel dazu verschiebbar war. Der restliche Raum war übersät mit niedrigen und hohen Tischen, vollgestellt mit verschiedenen Bücherstapeln, gerahmten Fotografien und anderen Gegenständen, die eigentlich eingestaubt hätten sein müssen. Stattdessen war jedes noch so kleine Teil picobello sauber. Dieser Laden wurde offenbar mit viel Hingabe geführt.
Von irgendwoher ertönte leise Opernmusik. Die musikalische Melancholie passte wie zufällig zum gesamten Ambiente des Raumes. Hauptkommissar Wagner schritt zwischen den Tischen umher und betrachtete abwechselnd die käuflich zu erwerbenden Objekte darauf sowie die Gemälde an den Wänden. Vor dem Ölgemälde einer streng aussehenden Frau in schwarzer Kleidung blieb er stehen. Auf eine unerklärliche Weise hatte es ihn durch den Raum hindurch angezogen.
„Cosima Wagner. Eine tolle Arbeit, finden Sie nicht?“ Theobald Wagner zuckte zusammen. Er drehte sich um und musterte die Person, die sich unauffällig hinter ihm aufgebaut hatte.
Ein großer, hagerer Mann mit einer altmodischen Brille auf der Nase spähte über Wagners Schulter auf das Gemälde. Seine Haare fielen ihm in einer merkwürdigen Mixtur aus Gelbblond und Weiß auf die Schultern. Er roch stark nach Zigarre und hatte sich heute wohl schon
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