Der Ring um das Auge Gottes
sie, daß das Schiff einen Aldersonsprung gemacht hatte, und sie sich im Griff der Desorientierung befand, die immer danach folgte. Ihr Vater hatte ihr gesagt, daß es ein Dutzend Erklärungen für Sprungschock gäbe, die alle miteinander unverträglich wären; aber noch nie war es jemandem gelungen, auch nur eine von ihnen zu widerlegen.
Allmählich kehrte die Kontrolle zurück. Sie bewegte die Finger und dann die Hände und Arme, bis sie ihr gehorchten.
Freddy pflegte sich immer schneller zu erholen als sie. Das nahm sie ihm übel. Es war nicht fair.
Und jetzt befanden sie sich im System von Neu-Caledonia.
Vielleicht würde Freddy sie absetzen und nach Neu-Irland weiterfliegen … Sie hatte sich gerade zum Schlafen eingerichtet, als ihr Interkom zirpte.
»Glenda Ruth.«
Es war natürlich Freddy. Was, in aller Welt, wollte er? Hah.
Nun, warum nicht? Wenn er sie in diesem Zustand ertragen konnte. Das Reinemachen würde nicht lange dauern. Sie drückte den Knopf des Interkoms.
»Hi! Du, ich störe dich ungern, aber wir haben eine Nachricht für dich.«
»Was?«
»Hier ist ein Handelsschiff, die New Baghdad Lion.«
»Hier?«
»Hier. Sie wartet am Sprungpunkt. Sie sagen, sie hätten eine Nachricht für die Ehrenwerte Glenda Ruth Fowler Blaine. Sie brauchen deinen Identifikationscode.«
»Oh? All right. Ich werde gleich da sein. Bist du auf der Brücke?«
»Jawoll.«
»Komme gleich. Und – Freddy, danke!«
»Kein Problem. Bring deinen Computer mit!«
Das klang dringend, aber sie nahm sich Zeit zum Anziehen.
Die an den Knöcheln zusammengebundenen ausgebeulten Hosen waren bei geringer Schwerkraft der Standard. Sie nahm sich auch Zeit, einen Angorapulli anzuziehen, sich das Haar zu kämmen und Lippenstift aufzutragen. Das Schiff befand sich in leichter Beschleunigung, gerade genug, ihre Pantoffeln auf dem Teppich zu halten. Sie begab sich nach vorn. Freddy war auf der Brücke allein.
Er wies auf den Sitz des Copiloten. »Sie erwarten deinen Code.«
Sie stöpselte ihnen Personalcomputer in das Schiffssystem ein. »Clementine.«
JA, LIEBE. Die Worte krochen über ihren Computerschirm.
»Man erwartet, daß wir uns identifizieren«, sagte Glenda Ruth. »Dies bin ich. Jetzt beweisen Sie es ihnen!«
PASSWORT.
»Verdammt, ihr alle! Ihr wißt, daß ich es bin. All right.« Sie machte schnell eine Skizze mit dem Stift. Keine Worte, sondern ein Cartoon.
DU BIST ES WIRKLICH. Es gab keinen Ton, aber sie wußte, daß der Computer eine chiffrierte Nachricht sendete, die mit ihrem öffentlichen Code entschlüsselt werden konnte. Es machte kaum etwas aus, was die Nachricht war, da nur solche Meldungen, die mit ihrem Geheimschlüssel codiert waren, mit ihrem öffentlichen Schlüssel decodiert werden konnten. Das System öffentlich/geheim sorgte ebenso für positive Identifikationen wie sichere Kommunikation.
»Bestätigt«, sagte eine Stimme über die Schiffslautsprecher.
Es war eine Stimme mit schwerem levantinischen Akzent.
»Grüße an Miss Glenda Ruth Fowler Blaine. Bitte bereiten Sie die Aufzeichnung einer verschlüsselten Mitteilung von Leutnant Kevin Christian Blaine vor.«
»Ah!« sagte Freddy. »Bereit. Fertig. Habe es bekommen. Danke, New Baghdad Lion!«
»Gern geschehen. Wir haben Anweisung, Ihnen Treibstoff anzubieten.«
»Wieso Treibstoff?« fragte Freddy. »Warum sollten wir mehr benötigen?«
Die levantinische Stimme war unerschüttert. »Effendi, Seine Exzellenz hat uns beauftragt, Ihnen Treibstoff anzubieten. Das tun wir. Der Transfer wird nicht lange dauern. Sollen wir es machen?«
Freddy sah Glenda Ruth an. »Was also jetzt?«
Sie zuckte die Achseln. »Die sind größer als wir, und wenn sie uns irgendwie schaden wollten, hätten sie es schon getan. Warum sollen wir sie nicht deine Tanks vollaufen lassen?«
»All right. New Baghdad Lion«, sagte Freddy, »wir nehmen Ihr Angebot dankend an.« Er drückte auf einen Knopf des Interkoms. »Terry, dieser Kaufmann wird uns etwas Wasserstoff herüberpumpen. Bitte, hilf ihnen dabei! Sie haben die Verbindung.«
»Aye, aye. Ich löse Sie ab«, sagte der Ingenieur.
Freddy schüttelte den Kopf. »Aber wozu soll dies alles gut sein?«
Glenda Ruth sagte: »Vielleicht wird dies es uns sagen.«
Die Nachricht war mit ihrem öffentlichen Code verschlüsselt.
Sie stellte ›Clementine‹ auf Klartext ein.
KEVIN CHRISTIAN BLAINE AN GLENDA RUTH FOWLER BLAINE.
DER REST IST NICHT IN KLARTEXT, informierte sie der Computer.
»Ha! Benutze
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