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Der Ring von Ikribu

Titel: Der Ring von Ikribu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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setzen. »Meine Zunge ist im Augenblick genauso wenig gefährlich wie mein Schwert, das in seiner Scheide steckt, Som. Aber im Gegensatz zu anderen bin ich gewöhnlich ganz gern allein.«
    Seufzend setzte sich Som. »Ja, ja.« Er nickte, verlagerte sein Gewicht, bis er die richtige Stellung gefunden hatte, und streckte Sonja den Weinbeutel entgegen. »Man kann sich selbst auch leichter trauen als anderen«, bemerkte er. »Trinkt.«
    Sonja nahm einen Schluck aus dem Beutel und gab ihn zurück. Sie wischte sich die Lippen. »Hm, der ist wirklich gut«, gestand sie erstaunt. »Wer hätte gedacht, dass es in einer so abgelegenen Schenke so einen köstlichen Tropfen gibt.«
    Soms Zähne blitzten in einem breiten Grinsen. »Ich übernachte drei- oder viermal im Jahr in Izaks Herberge, und als Stammgast versorgt der Wirt mich mit seinen feinen Weinen. Was könnte an einem langen, heißen Tag besser erfrischen und stärken?«
    Mit einer übertriebenen Verbeugung bedankte sich Sonja, ehe sie sich niederkniete, um einen Ast ins Feuer zu legen.
    »Ich staune immer noch über Eure Fechtkünste«, gestand Som. »Ich bewundere es, wenn jemand seine Klinge mit Verstand handhabt – ob nun Mann oder Frau.«
    »Ich habe keine Geduld mit Burschen, die erwarten, dass die Welt Nachsicht mit ihnen übt, wenn sie selbst keine mit anderen haben.«
    Som nickte. »Deshalb ist es gut, wenn jeder auf sich selbst aufpassen kann.« Er lachte, als wäre ihm plötzlich ein Gedanke gekommen. »Der Narr täte mir leid, der sich Euch aufzudrängen versuchte.«
    »Ich habe einen Eid geleistet«, sagte Sonja leise, während sie in die Flammen blickte. »Ich habe mir geschworen, dass kein Mann für mich Mann genug ist, ehe er mich nicht im Schwertkampf schlägt.«
    »Eine lohnenswerte Herausforderung.«
    Aber Sonja hörte Soms Bemerkung nicht. Sie starrte weiter ins Feuer, als sähe sie dort etwas – einen Geist oder eine Vision.
    Som leerte seinen Weinbeutel und stemmte seinen schweren Körper hoch. »Ich wünsche Euch das Beste, Rote Sonja.«
    Sie blickte zu ihm hoch. »Ah – und ich Euch.«
    »Dann also bis morgen.« Som stapfte zu seinem eigenen Feuer zurück.
    Sonja wandte sich wieder ihrem zu. Erinnerungen umfingen sie, als sie wieder allein war. In der Nähe schnaubten Pferde, während Männer husteten, gähnten und brummten – harte Männer, die fluchten und sich zum Schlafen bereitmachten.
    Von seinem Feuer rief Allas Sonja zu. »Bis morgen Mittag dürften wir Suthad erreichen.«
    »Gute Nacht, Allas.«
    »Gute Nacht.« Er ließ sich zur verdienten Ruhe nieder.
    Aber Sonja konnte keinen Schlaf finden. Allas’ Fragen am Nachmittag, und jetzt Soms Bemerkungen, hatten alte Erinnerungen zurückgebracht. Die Flammen ihres Lagerfeuers waren wie die Flammen der Zeit – sie verschlangen alles, was man ihnen zuwarf, gierig, unerbittlich.
    Flammen. Wie die Zeit.
    Sie entsann sich ihres Vaters – ein verabschiedeter Söldner, der in seiner letzten Schlacht das linke Bein verloren hatte. Dafür bekam er ein Holzbein, dessen hohles Klopfen auf dem Fußboden des Hauses ihrer Familie einen Takt ins Herz der jungen Sonja geschlagen – oder die Zeit gezählt hatte, - wie das Klacken von Wasseruhren. Ihr Vater – und die Familie. Ihre Brüder – jünger als sie.
    Sie erinnerte sich, als sie zwanzig gewesen war. Ihr Vater hatte ihr nicht erlaubt, bei den Fechtübungen der Knaben mitzumachen. Ihre Mutter war sogar dagegen gewesen, dass er die Jungen im Schwertkampf unterrichtete. Aber der alte Ivor, der seines Holzbeins wegen nicht mehr selbst in den Krieg reiten konnte, hatte Gefallen daran gefunden, seine Söhne auszubilden. »Sie werden einmal gute Krieger abgeben«, murmelte er erfreut, wenn sie mit Holzschwertern und Fellschilden aufeinander losgingen. »Sie sind Hyrkanier, oder nicht?« Und dann lachte er. »Schließlich haben sie mein Blut geerbt, oder nicht?«
    Aber auch Sonja war ganz vom Blut ihres Vaters. Hochgewachsen war sie, geschmeidig, stark, nach Anerkennung trachtend, und eifersüchtig auf ihre Brüder. Unzufrieden mit ihren häuslichen Pflichten, stahl sie sich in die Nacht hinaus, zu einem alten zerfallenen Bauwerk im Wald. Dort übte sie allein, und nur der Wind, die Bäume und Sterne konnten sie dabei beobachten. Allein und selbst da noch nicht imstande, das schwere Kriegsschwert ihres Vaters zu schwingen.
    Aber die Familie war glücklich gewesen – eine gute Familie, in der sie alle geborgen waren. Bis der Tod, bis das Feuer kam.

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