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Der Ring von Ikribu

Titel: Der Ring von Ikribu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Bis von ihnen allen nur sie überlebt hatte – ja, sie war am Leben geblieben, aber verwundet an Körper und Geist.
    Die Flammen erinnerten sie an den Tag, als die Söldner erschienen waren; den Tag, als ihr Vater, schwitzend vom Brennholzhacken, mit der Axt in der Hand die Familie angewiesen hatte, im Haus Schutz zu suchen, weil er die Söldner hatte herbeireiten sehen. Und dann waren sie näher gekommen, fünf waren es gewesen und dazu ihr Führer – der mit dem grässlichen Gesicht, ein lachender, kantiger Totenschädel von Gesicht, das ständig grinste mit dem Ausdruck verdammter Dämonen. Und hochmütig war es gewesen, über alle Maßen.
    »Ho, Ivor! So bist du also Bauer geworden? Aber du wirst doch mich nicht vergessen haben?« Dieses Gesicht …
    »Nein, alter Kamerad.« Ihres Vaters breiter Rücken, glänzend und muskulös, hob sich gegen den dunkleren Glanz und die Muskeln von des Söldners Pferd ab. »Nein, ich würde wohl kaum meinen Unterführer vergessen.« Seine Muskeln spannten sich, die Axt in seiner Hand zuckte, denn er kannte die Art der Söldner. War dies Rache für eine lange vergangene Unbesonnenheit ihres Vaters in seiner Jugend? Für irgendeine wilde Tat, die er in seiner jugendlichen Unüberlegtheit selbstsüchtig genossen hatte?
    »Ich bin jetzt der Führer, Ivor. Der oberste!« Scharf blickten die Augen dieses Gesichts durch die Fenster des Häuschens, als wollten sie sehen, was an Beute zu holen wäre. »Kommst du mit uns, alter Kamerad, zum Winterfeldzug nach Khitai?«
    »Wie gern würde ich es, alter Kamerad, hätte ich nicht in meiner letzten Schlacht ein Bein verloren.«
    Das belustigte Grinsen. Der unverschämte Ausdruck der Augen. Die entblößten Zähne. »Eine schlechte Ausrede, scheint mir, Ivor. Die eines Feiglings.« Wieder starrten die Augen durch die Fenster. Plötzlich wandten sie sich erneut ihrem Vater zu, hart, eisig. »Tötet ihn!«
    Es war so schnell gegangen. Zu schnell! Ihr Vater auf dem Boden, ein geschleuderter Speer durch seine Brust. Ihre Brüder rannten erregt aus dem Haus, mit Waffen, die sie mit ihren jungen Muskeln gerade halten konnten.
    »Nein! Nein! Meine Söhne! Meine Söhne!«
    Ihre Mutter schnell geköpft, damit sie zu schreien aufhörte.
    Stiefel trampelten ins Haus.
    »Was ist das? Ein Mädchen will ein Schwert schwingen?«
    Sie war seelenlos, diese Erinnerung, und so knapp, dass die Zeit für Sonja stillgestanden hatte. Trotzdem war sie so lebendig, so entsetzlich wirklich, dass sie sich erneut die Vergeltung wünschte, die ihr vor Jahren versagt, unmöglich gemacht worden war.
    Schläge. »Sei still, kleine Höllenkatze!« Fünf von ihnen, fünf Männer, die auf sie einschlugen und lachten, lachten!
    Dann das Gesicht. »Wollt ihr sie umbringen, Narren? Ich glaube, die Maid kann uns größeres Vergnügen bieten!«
    Grün und blau geschlagen – herumgezerrt – mit den blutigen Leichen von Vater, Mutter und Brüdern vor Augen. Mit den Lauten und Gerüchen des Todes bohrend im Gehirn – geschändet, vergewaltigt.
    Vergewaltigt!
    »Es wird dir bestimmt noch Spaß machen, Maid!«
    Schmerz – sengender, reißender Schmerz – die Hausmauern, die soviel Liebe geborgen hatten, in verschwommenes Chaos aus Tränen und Schatten verwandelt. Und die ganze Zeit das Gesicht – grauenvoll!
    Sonja schüttelte sich, um in die Gegenwart zurückzufinden, und stand auf. Das Feuer brannte nieder. Die Söldner ringsum waren eingeschlafen. Sie schwitzte, ihr Gehirn schien in Flammen zu stehen. Immer noch gelang es dem alten Hass, Brand in ihr zu entfachen. Mit den Stiefelspitzen stieß sie lose Erde ins Feuer, ehe sie zu den hell funkelnden Sternen über sich hochblickte. Allas ächzte und wälzte sich im Schlaf.
    »Aber – wer seid Ihr?« hatte Allas gefragt.
    Ihr Lagerfeuer war nun erloschen. Grauer Rauch stieg noch schwerfällig auf und löste sich oberhalb der Bäume auf. Sonja wickelte sich in ihren Kapuzenumhang, seufzte tief und legte sich neben die schwelenden Holzkohlen. Sie hörte ihren Rotschimmel wiehern und wünschte ihm eine gute Nacht. Sie zwang sich, sich zu entspannen und zu vergessen. Die Vergangenheit war tot.
    Mit einer Hand um den Knauf ihres Schwertes -. ihres Vaters Schwertstreckte die Rote Sonja sich aus, schloss die Augen und suchte den Schlummer, der den Morgen schneller näher brächte.
     
    Olins Lager war etwa dreitausend Mann stark – eine ziemlich kleine Armee. Aber Suthar war auch eine kleine Stadt. Sonja fragte sich, wie viele im

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