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Der Ring von Ikribu

Titel: Der Ring von Ikribu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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nicht immer wieder auf solche Olins stoßen?
    Und doch … Sie hatte ein unbekanntes Glück verspürt, als Olin sie geküsst hatte …
    Sie blickte zu den Sternen hoch, obwohl sie wusste, dass sie ihr keine Antwort zu geben vermochten. Es waren die gleichen Sterne, die auch über Hyrkanien leuchteten, dieselben, die in jener Nacht am Himmel gefunkelt hatten, als sie so viel verlor …
    Es gab viele Arten von Männern: einige brutal und gemein, die meisten mittelmäßig, ein paar gut. Ihr Eid schloss sie alle aus. Und doch, ihr Gefühl …
    Es waren Sterne wie jene in der Nacht vor fünf Jahren, als sie nach der Zerstörung ihres Zuhauses durch Nemedien geritten war, durch den Finsterwald – einen verlassenen, unheimlichen Ort, der einst zu einem viel größeren Forst gehört hatte, einem Wald, der vor undenkbarer Zeit, noch ehe Acheron gegründet war, seine Blüte erreicht hatte. Die meisten Menschen machten einen Bogen um den Finsterwald, der Wölfe und älterer, finsterer Wesen wegen, die angeblich die uralten Zeiten überlebt hatten. Wie immer war sie auf ihrem Pferd geritten, das Schwert an ihrer Seite, zwischen einem vagen Anfang und einem noch unbekannten Ende – oder nach einem Ende und vor einem Neubeginn …
     
    Sonja seufzte. Sie stand auf und streckte sich, sie fühlte sich plötzlich müde und erschöpft. Die alten Erinnerungen und die Erlebnisse der vergangenen Tage machten ihr zu schaffen. Sie ließ den Baum zurück und blickte den Hang hinunter, fort von Suthad, nach Osten – nach Hyrkanien. Es war so weit entfernt, so weit entfernt wie ihre Vergangenheit, und doch so nahe wie ihre Bestimmung. Sie seufzte, drehte sich um, bereit sich wieder in den Sattel zu schwingen und zum Schlafen nach Suthad zurückzukehren, als sie plötzlich weit im Süden unzählige gelbe Lichter erspähte.
    Lagerfeuer! Die gleichen, die sie bereits vor zwei Nächten gesehen hatte.
    Ein Geräusch ließ sie herum wirbeln, die Hand um den Schwertgriff. Ein Reiter galoppierte von der Stadt in ihre Richtung. Mit klopfendem Herzen kehrte sie zu dem Baum zurück, um im Fall eines Kampfes Rückendeckung durch ihn zu haben. Sie wartete.
    Der Reiter kam schnell näher. Sonja war sicher, dass er sie entdeckt hatte, so wie sie sich einsam vom Nachthimmel abgehoben hatte. Und dann hörte sie eine vertraute Stimme:
    »Sonja? Sonja?«
    Es war Olin. Sie trat aus dem Schatten des Baumes. Olin hielt sein Pferd an, sprang ab und führte es am Zügel näher.
    »Was machst du hier? Ich dachte, du hättest dich schlafen gelegt.«
    »Ich musste allein sein, Olin. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.«
    Im Mondlicht sah sie, wie er sie besorgt anlächelte – wie ein Vater, der sein verirrtes Kind wieder findet. Er band sein Pferd am Baum an. »Es ist vielleicht nicht so klug, im Dunkeln außerhalb der Stadt herumzustreifen.«
    Sie lehnte sich innerlich gegen seine Einstellung als Beschützer auf. »Ich bin viele dunkle Straßen die ganze Nacht hindurch geritten, Olin.«
    Er nickte und grinste plötzlich. Mit den Händen auf den Hüften blieb er vor ihr stehen. »Ich – ich wollte noch einmal mit dir sprechen«, sagte er leise. »Sonja, ich glaube, wir sollten darüber reden …«
    Sie unterbrach ihn. »Schau dort hinüber.« Sie deutete in den Süden und trat ein paar Schritte vor ihn. »Lagerfeuer – die gleichen, die wir vor zwei Nächten sahen.«
    Er kam dicht hinter sie, interessiert an den fernen Lichtern, aber im Augenblick doch mehr daran zu sagen, was er sich von der Seele reden wollte. Doch Sonjas Haltung hinderte ihn. Er spürte, dass sie ihn nicht ausreden lassen würde, spräche er von seinen Gefühlen für sie. Aber warum? Er fühlte doch, dass sie ihm die gleichen entgegenbrachte. Wieso war sie ein solches Kind im Körper einer schönen Frau? Olin seufzte. Er wandte sich von ihr ab, schritt den Hang hoch und setzte sich unter den Baum. Er nahm einen Stein neben sich zur Hand und warf ihn zur Seite.
    Sonja kehrte ebenfalls zum Baum zurück. Unsicher blickte sie zu Olin hinunter, der das grasige Moos für sie glatt strich. Sie lächelte und setzte sich neben ihn.
    Eine Weile sprach keiner. Olin griff nach einem anderen Stein und ließ ihn den Hang hinuntertrudeln. »Ich hatte heute Abend eine seltsame Vision.«
    »Eine Vision? Du meinst, einen Traum?«
    »Nein, nein. Ich saß auf meinem Thron – was davon übrig ist. Du warst zum Baden gegangen. Meine Leute waren in einer merkwürdigen Stimmung. Ich hatte eben erst den Söldnerführer

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