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Der Ring von Ikribu

Titel: Der Ring von Ikribu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Erzählung neuaufgelebte Vision. Er streckte die Hand nach Sonja aus – berührte ihr Haar, ihre Wange …
    Sonjas erster Gedanke war, zurückzuweichen und zu fluchen. Aber sie konnte es nicht. Seine Augen waren zärtlich, wie nur die eines starken Mannes in einem Moment übermächtiger Gefühle sein können. Zwiespältige Verlangen kämpften in ihr, und während ihr Körper unentschlossen zitterte, zog Olin sie an sich und drückte wieder die Lippen auf ihre.
    Diesmal fürchtete sie sich wirklich vor ihrer eigenen Reaktion. Sie fiel zurück, und Olin folgte ihr mit den Lippen. Doch Sonja, plötzlich voll innerer Angst, warnte ihn, nicht rügend oder bitter, aber fest.
    »Olin, ich könnte dich nicht lieben, selbst wenn ich wollte.«
    »Täusche ich mich denn, Sonja«, fragte Olin, »wenn ich mir einbilde, dass du mich doch liebst?«
    Trauer erfüllte sie, Bedauern, ein ungeheurer Zweifel und Müdigkeit. »Nein, Olin. Aber – Olin, ich kann nicht.«
    »Kann nicht! Kann nicht!« echote er heftig. »Glaubst du vielleicht, diese Rüstung verleugnet dein Geschlecht, oder dein Schwert …«
    »Olin!«
    »Sonja, ich täusche mich in meinen Gefühlen nicht, noch – werde nicht wütend – in deinen für mich.«
    »Ich … Ich kann nicht!« Sie wollte aufspringen, aber Olin hielt sie neben sich fest und zwang sie, sich ihm zu stellen – und sich selbst, wie er hoffte.
    »Sag mir, warum du nicht kannst, Sonja! Quält dich eine Furcht? Ist es ein alter Schmerz, der dich innerlich verzehrt? Oder machst du dir nichts aus Männern, wie viele andere Kriegerinnen? Sonja …«
    Ihr Herz pochte heftig, ihr Puls raste. Sie befürchtete, wenn sie Olin ihr wahres Wesen offenbarte, ihre Vergangenheit und Bestimmung, würde sie gegen ein geheimes Abkommen verstoßen. Oder ihre Vision und ihre Bestimmung und die Bedeutung ihres Lebens würden durch einen Augenblick abfälligen Lachens durch ihn zunichte gemacht. Oder er würde versuchen, sie zu überzeugen, dass ihre Erscheinung, ihre Vergangenheit und ihre Bestimmung Einbildung waren, eine Täuschung, etwas, das nicht mehr bedeutete als …
    »Sag es mir, Sonja«, flehte er fast, und es klang wirklich eher wie von einem wahren Freund, der ihr helfen wollte, als von einem Mann, der sie nur benutzen wollte.
    »Olin, ich …«
    Immer noch zögerte sie. Sie wollte ihm alles erzählen – und wollte es auch nicht.
    »Sonja, hör mir zu«, sagte Olin. »Du kannst mir trauen. Ich schwöre dir, ich habe noch nie eine Frau so hochgeschätzt wie dich. Und es ist nicht nur, weil du mein Blut in Wallung bringst, sondern weil du eine eigene, dir selbst treue Persönlichkeit bist. Ja, es stimmt, ich begehre dich deiner Schönheit wegen, aber selbst wenn du keine Frau wärst, würde ich dich deiner Tapferkeit und deines Edelmutes wegen bewundern. Und ich möchte deine Freundschaft, selbst wenn sich herausstellt, dass du mir nicht mehr geben kannst.«
    »Olin, mir ist ein bestimmtes Los auferlegt.«
    »Erzähl es mir, Sonja.«
    Sie blickte ihm in die Augen und las Liebe und Mitgefühl und Qual darin. So fing sie an: »Als ich fast noch ein Kind war – als meine Familie durch schurkische Söldner getötet wurde –, wünschte ich mir, ich könnte ein Schwert führen und so meinem Vater und meinen jüngeren Brüdern gleich sein.«
    »Das weiß ich.«
    »Nur mich ließen die Schurken am Leben, um sich ihr Vergnügen mit mir zu machen. Dann sollte ich in unserem Haus sterben. Sie zündeten es an, aber ich entkam.«
    »Was hat das …«
    »Ich lief in den Wald, Olin, schluchzend und gebrochen und blutend. Ich dachte, ich würde bald sterben. Einen Augenblick wollte ich sterben, im nächsten unbedingt am Leben bleiben, um Rache üben zu können.«
    Olin unterbrach sie nicht mehr.
    »Ich sah eine Erscheinung – einen Geist oder vielleicht eine Gottheit. Ich weiß es nicht. Sie füllte meine ganze Seele und gab mir die Kraft zu werden, was ich mir tief im Herzen schon immer ersehnt hatte. Mit meines Vaters Schwert tötete ich einen der schurkischen Söldner, und im Lauf der nächsten Jahre spürte ich auch die anderen auf. Aber während dieser wenigen Augenblicke, da ich diese Vision hatte, Olin, wurde ich von einem wimmernden, gebrochenen Mädchen zu einer Frau, deren Fechtkunst es mit einem jeden Mann aufnehmen konnte.«
    Olin schwieg und ließ sich ihre Worte durch den Kopf gehen.
    »Ich nahm mein Wanderleben auf. Seither habe ich viel gesehen, viel gelitten und bin nicht nur einmal durch die Hölle

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