Der Ring von Ikribu
an dieser Hand?« fragte Pelides scharf.
»Das habe ich Euch schon einmal beantwortet, Pelides!«
Sie sah, wie seine grauen Augen sie hinter den Schlitzen beobachteten. Bestimmt überlegte er, ob er ihr glauben konnte oder nicht. Sonja bemerkte, dass seine schmutzigen und abgetragenen Stiefel direkt neben ihrer Rüstung und dem Waffengürtel standen.
»Denkt Ihr vielleicht, ich habe den Ring?« fragte Sonja verärgert.
»Nein.« Seine Stimme klang fest und ruhig. »Täte ich es, würde ich Euch jetzt töten, während Ihr hilflos seid.«
»Ich sage Euch, Pelides, ich kann mein Schwert erreichen und Euch erstechen, ehe Ihr Eures zu ziehen vermögt!«
»Ihr prahlt, Hyrkanierin. Ich glaube, Sopis, der Stygier, erzählte Euch etwas, ehe er starb.«
»Ich hörte von ihm nur ein Geleiere und schließlich Wahnsinnsschreie. Vielleicht wusste er gar nicht, wo der Ring ist.«
»Der Ring führte ihn hierher. Er brauchte ihn, um Asroth zu stellen, und er wusste, wo er war.«
»Und woher wisst Ihr das, Pelides? Woher wusstet Ihr überhaupt, dass Asroth Suthad angreifen würde? Ich glaube, möglicherweise von Sopis. Habe ich recht?«
Pelides lachte barsch. »Der Stygier kam in mein Zelt, in jener Nacht, als Asroths Fluch mich traf. Er erzählte mir, er gehöre einem Ikribu-Kult an, und er und seine Brüder hätten von meiner Suche nach dem Ring in des Zauberers Auftrag gewusst. Durch Magie habe er auch erfahren, sagte er, dass ich bei Asroth in Ungnade gefallen sei.«
»Dann hat also er Euch gesagt, dass der Ring in Suthad verborgen ist und dass Asroth die Stadt angreifen würde?«
»Er und seine Brüder entdeckten Vibrationen in dem den Ring umgebenden Zauber, und dadurch wussten sie, dass Asroth seinen Aufbewahrungsort durch Magie entdeckt hatte. Sopis wies mich an, Lord Olin zu warnen. Offenbar wollen die Akoluthen soviel Feinde für Asroth wie nur möglich.«
»Hoffen wir nur, dass Ihr nicht bloß ihren Narren spielt. Ist Euch noch nicht der Gedanke gekommen, dass sie Euch – und uns alle – lediglich für ihre Zwecke benutzen?« gab Sonja zu bedenken.
»Allein der Ring kann uns vor Asroths Zauberkräften beschützen. Ohne ihn bringt Olin nur Unheil für sich und alle um ihn, wenn er Asroth anzugreifen versucht. Tod durch Zauberei, egal von welcher Art, ist nicht angenehm, Hyrkanierin.«
Sonja dachte daran, dass der Ring Sopis keinen Schutz geboten hatte, andererseits, erinnerte sie sich, waren die Tentakel, die sich um sie gewunden hatten, zurückgezuckt, als sie mit dem Beutel in Berührung gekommen waren. Vielleicht schützte er zwar gegen Zauberkräfte, nicht aber vor Vernichtung auf natürliche Weise.
»Was hat Sopis zu Euch gesagt?«
»Wenn er mir etwas über den Ring gesagt hätte, Pelides, hätte ich ihn gesucht, ohne Euren Rat einzuholen, dessen könnt Ihr sicher sein!«
Pelides verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß, und sein Stiefel berührte dabei fast Sonjas Rüstung. »Ich glaube, Ihr verschweigt mir etwas!«
»Wollt Ihr jetzt nicht gehen, Pelides?«
Er verneigte sich knapp. »Ich muss den Ring haben!«
»Woher wollt Ihr wissen, dass nicht Asroth ihn inzwischen gefunden hat?«
Pelides lachte rau. Er schritt davon, öffnete die Tür und drehte sich noch einmal um. »Wenn er ihn hätte, Hyrkanierin, wären wir bereits alle tot!« Er schloss die Tür hinter sich.
Bei Tarim und Ischtar fluchend, zog Sonja sich aus dem Becken und trocknete sich schnell ab.
Als Sonja in den Thronsaal zurückkam, war nur noch Olin dort. Auch er hatte offenbar gebadet und trug nun frische Kleidung. Nur vereinzelte Öllampen und Fackeln brannten. Er stand am Fenster, hinter dem bereits der Abend mit milder Luft eingebrochen war. Die Leiche des Söldnerführers war fortgeschafft, stellte Sonja fest.
»Wo sind alle anderen?« fragte sie Olin.
Er blickte weiter aus dem Fenster und antwortete leise:
»Sie sind sich waschen und ausruhen gegangen. Wir brechen im Morgengrauen auf.«
»Zu Asroths Festung?«
»Ja, Sonja. Kommt Ihr mit?«
Sie blieb an einem Tisch stehen und schenkte sich einen Kelch Wein ein. »Was ist das für eine Frage, Olin?«
»Verzeiht mir.« Er wandte sich vom Fenster ab und verschränkte die Hände am Rücken. »Verzeiht mir, Sonja«, sagte er noch einmal. »So viele lassen mich im Stich. Die Söldner sind mit goldgefüllten Säckeln fortgeritten. Selbst meine eigenen Soldaten halten meine Absicht für hoffnungslos. Aber ich werde Asroth auch allein bekämpfen, wenn es nicht anders
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