Der Ring von Ikribu
deutlich zu erkennen war: scharf geschnitten war es, mit eingefallenen Wangen, entblößten, hässlichen Zähnen. Sonja spürte, wie etwas sie zu lähmen anfing …
»Pass auf, Olin!« schrie sie.
Er stellte sich mit dem Rücken an ihren und hob die Klinge. »Auf sie, Sonja!«
Und während die glühenden Augen versuchten, ihr Verstand und Kraft zu rauben, sprang Sonja vorwärts und löschte sie mit einem blitzschnellen Schwerthieb aus.
8.
DER WEG ZUR HEXEREI
Der Stygier, der die Hand zur – noch unvollendeten – Zauberei erhoben hatte, kam nicht einmal mehr dazu aufzuschreien, als Sonjas Klinge ihm den Kopf abtrennte. Seine glühenden Augen erloschen in der Dunkelheit wie glitzernde Edelsteine in einem schwarzen Brunnen. Sofort wirbelte Sonja herum. Hinter sich hörte sie, wie eine Klinge in Fleisch drang, und die Wut in Olins Stimme, als er einen weiteren Akoluthen aufforderte, sich seinem Stahl zu stellen.
Ein Stygier in Sonjas Nähe warf ein Messer. Sie sah sein Schimmern im Mondlicht gerade noch rechtzeitig genug, um den Dolch mit dem Schwert zur Seite zu schlagen. Sie stürmte auf den Messerwerfer ein. Ihre Klinge drang durch ihn hindurch. Ächzend stürzte er ins Gras und murmelte eine Beschwörung. Trotz der tödlichen Wunde hielt eine unirdische Kraft ihn am Leben. Sonja zog ihr Schwert zurück und spaltete ihm den Schädel. Und als sie wieder herumwirbelte, hörte sie Olin vor Schmerz aufstöhnen.
Die drei übrigen Stygier hatten ihn umringt, und Sonja sah ein Glühen in ihrer Mitte aufsteigen und sich ausbreiten. Olin kniete zwischen ihnen und bemühte sich verzweifelt, auf die Füße zu kommen. Sein Gesicht und seine Arme waren auf schreckliche Weise von dem pulsierenden roten Licht getönt. Fluchend kam sie ihm zu Hilfe. Der mittlere Priester drehte sich zu ihr um, als er sie hörte. Flüchtig sah sie sein hageres, grinsendes Gesicht und den riesigen roten Edelstein in seiner offenen Hand, ehe ihr Schwert durch seine Schulter bis fast zum Bauch schnitt.
Der Stygier stieß einen gellenden Schrei aus, dann brach er zusammen. Der rote Edelstein flog in die Luft und in hohem Bogen zu Boden. Ein Priester eilte hinter ihm her, und der andere floh ein paar Schritte, dann schien er es sich überlegt zu haben. Er blieb stehen, drehte sich zu Sonja um und sprach drohend etwas in einer ihr unbekannten Zunge.
Brüllend raste Sonja zu ihm. Des Stygiers gelbe Augen leuchteten plötzlich auf wie zwei durch die Dunkelheit stoßende Fackeln. Sonja, durch ihr Licht geblendet, wurde von einer pulsierenden Kraft aufgehalten, die nicht stofflich war. Blindlings schwang sie ihr Schwert, in der Hoffnung, dass ihr Ansturm sie nahe genug an ihren Feind herangetragen hatte.
Ihre Klinge durchschnitt Fleisch und Knochen. Das grelle Licht erlosch. Nachdem ihre Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie, dass auch dieser Stygier tot im Gras lag.
Erneut schrie Olin auf. Sonja wirbelte herum und sah, dass er auf die Beine gekommen war. Der letzte Priester hatte den Edelstein aufgehoben und stand damit in einiger Entfernung von Olin, das Juwel hielt er hoch über den Kopf. Von diesem Edelstein gingen scharlachrote Strahlen aus, die so deutlich in der Luft zu sehen waren, wie ein Kräuseln im Wasser, in das man einen Stein geworfen hat. Sonja bemerkte, wie diese sich ausbreitenden Wellen Olin trafen. Im gleichen Augenblick entglitt das Schwert seiner Hand, und er stand wie erstarrt. Sie schrie auf und schoss vorwärts, voll Angst, die Kraft des Juwels könnte Olin niederstrecken, ehe sie den Stygier zu töten vermochte.
Der Priester sah sie und drehte den Edelstein so, dass seine Strahlung nun sie traf. Als die Wellen roten Lichtes sie einhüllten, vermochte sie keinen Schritt Weiterzutun. Ein ungeheures Schwindelgefühl und lähmende Erschöpfung erfüllten sie. Das Gewicht ihres Schwertes war zuviel für sie, ja selbst das Gewicht ihres Körpers auf den Beinen, sogar des Kopfes auf den Schultern erschien ihr untragbar zu sein. Sie versuchte zu fluchen, doch nur ein Keuchen drang über ihre Lippen. Die Welt um sie begann zu schaukeln. Rote Sterne und rotes Gras vertauschten ihren Platz …
Olin brüllte irgend etwas. Das rote Licht verschwand, und des Stygiers Stimme hob sich zu einem schnell verstummenden Wimmern.
Sonja taumelte vorwärts. Ihr Atem und ihre Kraft kehrten mit jedem Schritt belebender zurück. Trotzdem war sie immer noch etwas schwindelig, als sie Olin erreichte, der neben
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