Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
Vom Netzwerk:
aber diesmal fahren wir nicht nebeneinander, sondern hintereinander: Zuerst verstreuen die Jungs Samen – Eiche, Kiefer, Weide –, danach versprühen die Mädchen nährstoffbindende Bakterien.
    Auf dem Rückweg von unserem ersten Durchgang winkt uns Muckle heraus. »Wo sind die Bäume? Wo sind die Bäume?«, schreit er uns mit hochrotem Gesicht entgegen.
    »Wir pflanzen Samen«, antwortet Meda ruhig.
    »Wie bitte? Samen? Das geht doch nicht! Wenn da keine Baumschösslinge stehen, ist mein Vertrag nicht erfüllt, und ich bin das Land los!«
    Manuel reicht ihm die Spezifikationen der Samen und Bakterien herunter.
    »Was soll das sein?«
    Meda ignoriert seine Frage. »Holen Sie Ihre Leute. Sie sollen mit der Bewässerung beginnen.«
    Sollen wir’s ihm sagen?, fragt Moira.
    Nein. Lassen wir ihm die Überraschung.
    Als die Sonne untergeht, haben wir gut zwanzig Hektar bepflanzt, und Muckles Arbeiter haben bereits einige Bewässerungsgräben gebuddelt, die von den Pumpen am Gipfel der Anhöhe ins Feld führen; eine Mammutaufgabe, die sie noch tagelang beschäftigen wird.
    Aber Muckle ist immer noch unzufrieden. Als wir aus den Führerhäuschen klettern, fängt er uns händeringend ab. »Was ist, wenn wir die Traktoren mit Setzlingen beladen? Können wir dann über die Samen drüber pflanzen?«
    »Kommen Sie«, sagt Meda. Unwillig folgt er uns zum höchsten Punkt des Sattels. »Und passen Sie auf, wo Sie hintreten.«
    Im letzten Moment weicht er einem winzigen Keim aus, kneift die Augen zusammen, starrt auf den Boden – und sinkt auf die Knie. »Das … das …«
    »Genau.«
    »Aber ihr habt das Zeug doch erst vor ein paar Stunden gepflanzt!«
    »Das ist ein genkonstruierter Baum. Die wachsen erst extrem schnell und dann extrem langsam.«
    »Wie schnell?«, fragt er, während er immer näher an den Keim heranrückt.
    Natürlich hat Quant auch diese Information parat. Täglich fünfzig Zentimeter, bis sie zwei Meter hoch sind.
    Können wir uns da so sicher sein?, meint Manuel. Die Samen sind ziemlich alt.
    Wir können froh sein, dass sie überhaupt ausgekeimt haben.
    Vielleicht wird unsere Erfolgsquote nur zwanzig bis dreißig Prozent betragen.
    »Das wissen wir noch nicht«, antwortet Meda. »Vielleicht vier Wochen lang einen halben Meter pro Woche.«
    »Das … Das ist ja … Ich muss sofort mehr Leute engagieren.«
     
    Eliud liegt auf dem Bauch und starrt auf die winzige Eiche. »Das ist ja der Hammer.«
    »Du sagst es«, erwidert Strom.
    »Wie funktioniert das?«
    »Über Genkonstruktion.«
    »Das weiß ich doch! Aber wie genau?«
    »Die Samen verfügen über Wachstumsbeschleuniger, die nach einer Weile automatisch versagen. Und weil die Pflanze selbst und die Erde nicht für die beschleunigte Entwicklung aufkommen könnten, fügen wir noch ein paar Bakterien hinzu, die Stickstoff, Phosphor und Kalium binden. Sonst würde der Keim absterben. Das nennt man künstliche Symbiose.«
    »Aha.« Eliud steht auf und klopft sich die Hose ab, während wir ein paar Meter weiter auf der Erde hocken und so tun, als würden wir uns überhaupt nicht für ihre Unterhaltung interessieren. Am Horizont spiegelt sich das Orangerot der untergehenden Sonne in der Ankerstation, die jetzt nur noch wenige Hundert Kilometer entfernt ist.
    »Wir würden gern mal mit deiner Mutter reden«, erklärt Strom.
    Sofort verschränkt Eliud die Arme. »Warum?«
    »Es geht um ihr Interface. Wir wollen nur fragen, woher sie das Interface hat.«
    Er entspannt sich ein bisschen. »Das kann auch ich euch sagen. Von Pfarrer Arthemon. Alle in der Kirche haben so eins.«
    »Wann hat sie es bekommen?«
    »Vor einem Monat ungefähr. Da ist sie plötzlich ständig in diese Kirche gerannt. Mir wollten sie auch so ein Ding verpassen, aber mein Vater war dagegen, und gegen meinen Vater kommt keiner an.«
    »Und deine Mutter geht immer noch in diese Kirche?«
    »Weiß nicht. Kann schon sein. Damals war sie dauernd bei irgendwelchen Treffen.«
    Leto ist in Hinterland.
    Mit dem Sonnenuntergang hat der Wind aufgefrischt. Er braust von Süden heran und bläst Sand und Staub über unseren künstlichen Jungwald. Dabei hatten wir schon fast vergessen, dass wir uns in einer winzigen Oase in der endlosen Wüste befinden.
    Als wir uns zum Abendessen zu unseren Kollegen ans Feuer setzen, rücken sie von uns ab, obwohl wir immer noch zum selben Team gehören. Wahrscheinlich haben sie uns als Pod erkannt, und wahrscheinlich misstrauen sie den monströsen Arborobotern und den

Weitere Kostenlose Bücher