Der Ring
an der sich Fischschwärme tummeln, ein toter Elch. Warnungen vor Gefahren, verzweigte Wege, die besten Routen, Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Konsens. Die drei Bären bilden einen funktionsfähigen Pod.
Einen funktionsfähigen Pod, dessen Gedanken durch meinen Kopf schwirren – was eigentlich völlig unmöglich ist. Ich sollte ihre Erinnerungen niemals in mich aufnehmen können, aber ich tue es. Dabei können selbst menschliche Pods bestenfalls basale Emotionen miteinander austauschen, von echter Gedankenübertragung ganz zu schweigen.
Versuchsweise schicke ich ihnen ein Bild der Lawine.
Die Bären zittern vor Angst, ich spüre, wie sehr sie sich vor dem Fluss aus Eis fürchten. Sie haben ihn selbst gesehen, der Anblick ist Teil ihrer Erinnerungen.
Als Nächstes frage ich sie, wo das Basislager ist. Sie verstehen mich problemlos und antworten prompt: am Ufer des Flusses, in der Nähe des verfaulten Baumstumpfs mit den leckeren Termiten.
Ich muss lachen, die Bären stimmen in meine Freude ein, und für ein paar Sekunden vergesse ich, dass ich ganz allein bin.
Kommt schon, senden sie.
»Kommt schon!«, rufe ich nach hinten zu den anderen. Sie zögern, folgen uns aber schließlich.
Zielstrebig führen uns die Bären durch den dichten Wald, bis wir plötzlich auf einen Pfad stoßen. Wanderschuhe haben einen Weg durchs Unterholz gebahnt, einen Weg für Menschen. Die Bären schnüffeln kurz am Boden, trotten hinüber auf die andere Seite und verschwinden zwischen den Blättern.
Am liebsten wäre ich ihnen gefolgt. Warum eigentlich nicht? Meine Pflichten gegenüber Hagar Julian sind erfüllt, und die Bären würden mich sicher in ihre Gruppe aufnehmen.
Ein Zittern läuft durch meinen Körper. Ich wäre trotzdem allein. Ein Singleton.
Macht’s gut, sende ich noch, aber wahrscheinlich bekommen sie es schon nicht mehr mit. Chemische Gedanken haben eine geringe Reichweite.
Zu viert laufen wir den Pfad entlang, Susan auf mich gestützt. Noch bevor wir die letzte Biegung genommen haben, dringt der Lärm des Basislagers durchs Dickicht. Stimmen, das Surren eines Aircars. Wir sind da. Als David sich zu mir umdreht, bin ich mir nicht sicher, was sein Blick ausdrücken soll – Mitleid, vielleicht Dankbarkeit. Dann geht er an der Spitze seines Pods ins Camp.
Ich bleibe allein zurück.
Meine Beine geben nach, ich falle auf die Knie. Ich bin müde. Schwach. Meine Kraft ist aufgebraucht.
Ein Stoß in meinem Rücken, irgendetwas schubst mich. Als ich mich umdrehe, blicke ich direkt auf die Schnauze des großen Bären. Er stupst mich noch einmal an. Ich lege ihm einen Arm um den stahlharten Nacken und ziehe mich hoch. Gemeinsam gehen wir ins Lager.
Im Camp herrscht hektisches Treiben. Seit unserem Aufbruch hat sich die Anzahl der Zelte verdoppelt, daneben wartet eine ganze Flotte Aircars. Doch beim Anblick des Bären halten alle inne und starren uns an.
Alle bis auf meinen Pod, der sofort auf mich zugerannt kommt. Ich spüre sie, ehe ich sie berühre, ehe wir uns an den Händen fassen und uns in den Konsens fallenlassen. Wir sind wieder ganz.
Ich sehe, was sie durchgemacht haben, und sie sehen alles, was ich erlebt habe. In einem Moment reite ich auf der Lawine, im nächsten baumele ich an der Schnur, die Strom an den Baumstamm gebunden hat; gemeinsam steigen wir den Hang hinab, gemeinsam kommunizieren wir mit den Bären.
Du hast uns gerettet, Strom, sendet Moira, und Quant zeigt mir in allen Details, wie das Zelt an der Spinnenseide auf den Schneemassen gesurft ist, statt in die Tiefe zu stürzen. Ich nehme Meda und Manuel in die Arme und drücke sie, bis meine Rippen krachen. Das ist mir jetzt egal.
»Vorsicht!«, ruft Meda, während sie ihr Gesicht an meiner Brust vergräbt.
Ich bin Kraft, denke ich, während mich mein Pod zur Krankenstation führt, jetzt bin ich wieder Kraft. Nicht, dass die anderen schwach wären. Aber gemeinsam sind wir stark.
MEDA
Eine Woche blieben wir in den Rockies, um nach den Bären zu suchen, doch wir suchten immer an der falschen Stelle. Dem Militärduo, das eigens eingeflogen wurde, um die Suchaktion zu leiten, konnten wir natürlich nicht sagen, dass wir deren Revier kannten, weil Strom in ihre Erinnerungen eingetaucht war. Das Duo wollte uns ja nicht mal glauben, dass die Bären wirklich einen Pod gebildet hatten; stattdessen sprach es dauernd von »aus der Gefangenschaft entkommenen, wahrscheinlich teildomestizierten Grizzlys«.
Trotzdem halfen wir ihnen, so
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