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Der Roman eines Konträrsexuellen

Der Roman eines Konträrsexuellen

Titel: Der Roman eines Konträrsexuellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Erwartung und Begierde, obwohl ich Angst hatte. Er legte mich wie gewöhnlich aufs Bett und legte meine Beine so über seine Schulter, daß er mit seinem Glied an meinen Körper kam. Dabei faßte er mich an den Schultern und setzte zum ersten Stoß an. Ich empfand einen so starken Schmerz, daß ich ihn mit einer heftigen Bewegung zurückstieß, und trotz der Anstrengungen, die er machte, um mich festzuhalten, gelang es mir, mich von ihm zu befreien und aus dem Bett zu springen, wobei ich sagte, ich wolle nicht mehr.
    Er knirschte mit den Zähnen und behandelte mich sehr schlecht; er flehte mich an, doch ich war unerbittlich. Es war, wie ich Ihnen sage, der körperliche Schmerz, der mich von dem gewalttätigen Akt zurückhielt, nicht etwa die Scham oder ein anderes Gefühl. Ich folgte nur meiner Natur, die mich so gewollt hatte.
    Er mußte sich mit den Vertraulichkeiten begnügen, die er sich bereits erlaubt hatte, denn ich wollte ihn nicht mehr in der Weise befriedigen, die ich als so schmerzhaft empfunden hatte und der ich die zarteren Genüsse vorzog, die keine Spuren hinterlassen. Ich wollte später diese Art zu lieben noch einmal mit meinem Freunde versuchen, doch auch diesmal war der Schmerz zu stark, und ich mußte darauf verzichten, obwohl diesmal mit Bedauern.
    Übrigens liebte ich meinen Hauptmann sehr, der sich ganz besonders männlich vorkam, da er mich als so zart und hübsch ansah. Oft bat er mich unter Tränen, ich sollte seine Lust auf jede Art und Weise stillen, doch ich wollte nicht. Er hatte großes Vergnügen an mir und sagte oft, daß er mich schönen Mädchen vorzöge. Wenn er mich in den Armen hielt, küßte, herzte und biß er mich. Einmal, als er gerade seinen Samen ergoß, biß er mich so heftig in die Schulter, daß ich noch tagelang die Spur davon zurückbehielt. Niemals habe ich ihn heftiger geliebt als in diesem Augenblick.
    Ich hatte nicht geglaubt, daß es einen Mann von solcher Robustheit geben könnte. Ich habe ihn oft in seiner Nacktheit bewundert. Sein Fleisch hatte und hat noch immer die bronzene Farbe, er weist drei oder vier Narben auf, die von Verwundungen herrühren. Er besitzt die Kraft eines Herkules, obgleich er 52 oder 53 Jahre alt ist (was er nicht zugibt, er behauptet nämlich 48 Jahre alt zu sein, was aber nicht stimmt). Seine Männlichkeit ist sehr stark. Er erzählte mir, daß er, sobald er erwachsen war, drei- oder viermal am Tag Verkehr gehabt habe, jetzt noch etwa einmal am Tag. Wenn er seinen Samen ergießt, hat man das Gefühl, überschwemmt zu werden. Er ist dabei von solcher Begierde erfaßt, daß er zittert und wie ein Löwe brüllt. Er braucht sich auch nie einzustimmen, er ist immer und überall bereit.
    Ich war sehr eifersüchtig auf ihn, aber nicht so sehr wie auf jemand mit mehr Charme, Anmut und Jugend. Er war mein Lehrer, und wenn ich in anderen Dingen einen solchen Lehrer gehabt hätte, hätte ich nichts zu klagen gehabt. Sein Weggang und eine neue und süßere Liebe einige Monate später entfernten ihn von mir. Ich habe ihn danach noch oft gesehen, und obwohl er jetzt häufig abwesend ist, hoffe ich doch, daß er noch oft wiederkommt, um mich zu sehen.
    Danach hatte ich ein Abenteuer mit einem jungen Spanier, der für mich das tat, was ich für die anderen getan hatte. Er folgte mir lange Zeit überall hin, blieb stundenlang unter meinem Balkon und spazierte am Ufer entlang, wenn ich dort war. Ich machte seine Bekanntschaft, und er bekundete mir die leidenschaftlichste Freundschaft. Ich ließ ihn manchmal zu mir kommen, doch er hatte denselben Charakter wie ich, war sehr schüchtern, und da ich an kraftvolle Männer gewöhnt war, faßte ich bald eine Abneigung gegen ihn. Ich habe ihm den Abschied in sehr wenig höflicher Form gegeben und ihn seitdem nicht wiedergesehen. Ich glaube, er ist mit seiner Familie nach Spanien zurückgekehrt.
    Eines Tages folgte mir in der Stadt ein Mann. Mein Hauptmann war verreist, der Spanier langweilte mich und ich bedurfte der Zerstreuung. Wir verständigten uns sehr schnell. Ich gab ihm ein Stelldichein in der Wohnung des Hauptmanns, zu der ich den Schlüssel hatte, doch ich wurde des Mannes überdrüssig, der dasselbe Laster wie Ihr Baptiste besaß. Er war kalt und glatt, er war blond, hatte eine schrille Stimme, er war unsympathisch. Ich konnte nichts mit ihm anfangen, so widerwärtig war er mir. Er verschwand so schnell, wie er gekommen war, und ich habe ihn seitdem nicht wiedergesehen.
     
    Das, mein Herr, ist die

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