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Der Roman eines Konträrsexuellen

Der Roman eines Konträrsexuellen

Titel: Der Roman eines Konträrsexuellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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jeweiligen Ecken der beiden Zimmer standen. Nachts schlug sie mit der Faust lachend und scherzend an die Wand zu meinem Zimmer, denn sie war stets sehr lustig und spielte gern das verhätschelte Kind (jetzt ist sie an Meningitis gestorben). Ich zitterte, sie könnte auf den Gedanken kommen, mich zu rufen, und gab vor, sofort einschlafen zu können, indem ich die größte Müdigkeit vorschützte. Ich glaube, ich hätte nackt neben ihr schlafen können, ohne daß auch nur der geringste Wunsch mich gestreift hätte.
    Ich kann die größte Sympathie für Damen empfinden – ich sage Damen, denn die anderen erscheinen mir nur als plumpe Tiere –, doch ich kann stets nur ihr Freund und nie etwas anderes sein, während meine Sinne in schrecklicher und mächtiger Weise erwachen, wenn ich einen Mann, der mir gefällt, welcher sozialen Stellung er auch angehören mag, in meiner Nähe spüre, ja selbst nur sehe. Allerdings ziehe ich stets die vornehmen und gutgekleideten Leute, besonders die Militärs, vor.
    Gestern, als ich meinen langen Brief an Sie aufgab, wurde ich von dem schönen Gesicht des Postbeamten betroffen – die Römer sind in der Tat sehr schön! Heute habe ich mehrere Briefe abgeschickt, um ihn wiedersehen zu können, und es hat mir gefallen, mit ihm zu sprechen und ihn anzusehen. Er ist wirklich ein schöner Mann.
    Ich habe für die Männer eine wahre Leidenschaft, und wenn ich eine Frau wäre, wäre ich in meiner Liebe und in meiner Eifersucht schrecklich.
    Glauben Sie nicht, daß ich unter Liebe nur die Ausübung dessen verstehe, was ich Ihnen gestern geschrieben habe; ich glaube, daß es eine schönere und edlere Art zu lieben gibt. Leider werde ich sie niemals empfinden können, denn ein wahrhaft edler und reizender Mann nach meiner Vorstellung würde gewiß nichts von mir wissen wollen, und ich muß mich mit sittenlosen Männern begnügen; allerdings sind sie vielleicht interessanter und besser als die anderen – das ist mein Trost. Dennoch möchte ich jemanden mit schöner und edler Leidenschaft lieben können.
    Ich verstehe alle Opfer, die man bringen kann, wenn man wahrhaft liebt, und ich zittre, daß ich dieses Gefühl nicht kennenlernen kann, vor allem aber, daß ich nicht mit der Leidenschaft und der Aufwallung des Herzens geliebt werden kann, mit der ich selbst, das fühle ich, wohl lieben könnte.
    Ich fürchte jetzt, daß die Liebe des jungen Soldaten nur eine schlaue Berechnung gewesen ist, ein Mittel, sich meines Geldes zu erfreuen. Vielleicht ist ihm auch meine Person angenehm gewesen; denn ich habe ihn zweifellos etwas empfinden lassen, was er nicht kannte. Ich fürchte, das ist wirklich alles gewesen und er hat kein anderes Gefühl für mich gehabt.
    Was den Hauptmann betrifft, so ist er ein Wüstling, den ich behalte, weil ich derzeit nichts Besseres habe, und dem ich aus Gewohnheit angehöre. Vielleicht liebe ich ihn auch mehr, als ich denke. Wenn er fortreist, ärgert mich das, und seine langen Abwesenheiten sind mir sehr unangenehm, obwohl ich keine wahre Liebe für ihn empfinde, wie ich sie bisher nur ein einziges Mal in meinem Leben empfunden habe und vielleicht nie mehr mit einem so heftigen Ausbruch zärtlicher Gefühle und mit so schrecklicher Eifersucht empfinden werde.
    Ich glaube, daß der Hauptmann mich wahrhaft liebt – er sagt es wenigstens. Doch ich habe mehr als einmal beobachtet, daß er sich sehr verändert, wenn die Sache vorbei ist: die Glut und die Leidenschaft, die er mir vorher bezeigt hat, verändern sich sehr, nachdem er getan hat, was er wollte. In der ersten Zeit war es nicht so, und ich glaube, es geht ihm nur um sein Vergnügen. Er achtet nur auf mein eigenartiges Gesicht und auf meine Gestalt, während er sich um mich selbst, das heißt um meine Gefühle und Neigungen, weit weniger kümmert
    Im übrigen langweilt er mich sehr. Obwohl er stark ist, und vielleicht weil er so stark und kräftig ist, braucht er sehr lange, bis sein Samen kommt. Ich dagegen ergieße meinen Samen ziemlich bald, und bis er dasselbe tut, komme ich längst wieder zu mir und kann diesen Mann betrachten, der ganz der Leidenschaft unterliegt. Sein Gesicht kommt mir dann wild und gewöhnlich vor; was mir zuvor gefiel, um meine Lust stillen zu können, flößt mir dann Widerwillen und fast Schrecken ein. Ich möchte dann gerne fliehen, doch da ich Lust empfangen habe, ist es nur recht und billig, daß ich ihm dasselbe zugestehe. Das erschöpft mich sehr und ich liege da mit starrem

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