Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
Vom Netzwerk:
sagte er. »Wir sind am richtigen Ort. Wir werden bald erfahren, ob Thorn weiß, was er tut.«
    Lissen Carak · Thorn
    Thorn beobachtete von dem vollkommen sicheren westlichen Rand des Waldes aus die Entwicklung der Ereignisse. Er war heute nicht stark genug, um sich selbst einzubringen, denn er hatte zu viel Kraft in einen einzelnen Zauber gesteckt. Das machte ihm gehörig zu schaffen. Doch ihm standen Tausende Diener zu seiner Verfügung, und heute würde er sie wie Wasser vergießen und seine gewöhnliche Vorsicht fahren lassen.
    Viele seiner Diener wären sicherlich verwirrt, wenn sie wüssten, dass er schon beschlossen hatte, sie alle einzusetzen, falls es sein musste. Er wusste, wo er immer wieder neue und frische Kreaturen der Wildnis ausheben konnte. Er selbst hingegen war unersetzlich.
    Und sie war tot.
    Er hatte Fehler begangen, aber die Endphase des Kampfes würde sich mit der Unausweichlichkeit eines jener alten Theaterstücke abspielen, die er früher so genossen hatte und an die er sich nun kaum mehr erinnern konnte.
    Der König würde kommen und besiegt werden. Die Falle war bereits gestellt.
    Und dann würde alles ihm gehören.
    Albinkirk · De Vrailly
    Er stellte sein Zelt nicht mehr fern von der Armee auf. Heute Nacht lagerte sie bei einem kleinen Nebenfluss des Cohocton. Der Kadaver eines großen Tieres der Wildnis lag in all seiner scheußlichen Majestät mitten im Wasser, die Knochen waren säuberlich abgenagt. Etliche andere Kadaver, ebenso wie die Schreie und Kämpfe der Tiere, die sich an den Toten labten, markierten den Schauplatz einer erst kürzlich geschlagenen Schlacht.
    Der König befahl, dass die Wagen näher aneinander herangezogen werden sollten, sodass sie eine Festung ergaben, und nicht einmal de Vrailly konnte ihn wegen dieser Vorsichtsmaßnahme tadeln. Sie befanden sich mitten in der Wildnis, und der Feind war in ihrer Nähe deutlich zu spüren. Viele Fußsoldaten und nicht wenige Ritter hatten Angst – schreckliche Angst zumeist. De Vrailly hörte ihr weibisches Gelächter in der vom Feuerschein erhellten Finsternis. Doch er selbst empfand nichts als eine erregende Freude darüber, dass er endlich – endlich – auf die Probe gestellt und für würdig befunden werden würde. Die so oft beschworene Festung Lissen Carak lag nur noch drei Meilen weiter nördlich, und die Flotte der Königin war den Berichten zufolge schon in der Mitte des Stroms vor Anker gegangen und bereit, den Angriff am folgenden Morgen zu unterstützen. Sogar die vorsichtigen alten Frauen aus dem Rat des Königs mussten eingestehen, dass es eine Schlacht geben würde.
    Er kniete auf seinem Betpult, als der Engel kam. Er kam mit einem kleinen Donnerschlag und einem Duft nach Myrrhe.
    De Vrailly schrie auf.
    Der Engel schwebte heran, sank zur Erde nieder; sein mächtiger Speer berührte den Querträger des großen Zeltes.
    »Mylord de Vrailly«, sagte der Engel. »Der größte Ritter der Welt.«
    »Du spottest meiner«, wandte de Vrailly ein.
    »Morgen wirst du von jedem Manne anerkannt sein«, versprach der Engel.
    Jean de Vrailly kämpfte gegen seine Zweifel an. Er fühlte sich wie ein Mann, der weiß, dass er eine gewisse Tatsache seiner Frau gegenüber nicht erwähnen sollte, es dann aber trotzdem tut und damit einen vorhersehbaren Streit heraufbeschwört. »Du hast gesagt, wir werden eine Schlacht schlagen«, sagte er und hasste dabei das Jammern des Zweifels in seiner Stimme. »Bei Albinkirk.«
    Der Engel nickte. »Ich bin nicht Gott«, sagte er. »Ich bin nur ein Diener. Die Schlacht wird hier stattfinden. Sie sollte sich eigentlich bei Albinkirk ereignen, aber gewisse Mächte – und Umstände – haben mich zu einer Änderung gezwungen.«
    Das Zögern des Engels ließ de Vrailly erstarren.
    »Was sind ’n das für Mächte, Herr?«, fragte Jean de Vrailly.
    »Kümmere dich um deine Rolle in diesem Spiel und überlass mir die meine«, erwiderte der Engel. Seine Stimme klang wie eine Peitsche. Wie de Vraillys eigene Stimme. Schön und gleichzeitig schrecklich. Durchtränkt von Macht.
    De Vrailly seufzte. »Ich erwarte deine Befehle«, sagte er.
    Der Engel nickte abermals. »Morgen, bei Tagesanbruch, wird der König angreifen. Der Feind hat eine Sperreinheit auf der Straße zwischen dieser Stelle hier und der Brücke postiert. Lass den König den Angriff anführen, und wenn er fällt …« Der Engel hielt inne.
    De Vrailly spürte, wie sein Herzschlag aussetzte.
    »Wenn er fällt, ergreifst du das

Weitere Kostenlose Bücher