Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
ein sattes Goldbraun, durchschossen mit dunklerem Braun. An der einen Seite jedoch war sie fast schwarz. Vielleicht hatte der Ofen irgendwo einen Riss bekommen – er hatte keine Ahnung, warum denn sonst ein Teil des Randes so angesengt sein mochte.
Aber es war ihm gleich, denn nun kamen die Sossag wie eine rächende Armee herbei und rissen ihm die Pastetenstücke aus den Händen, sobald er sie abgeschnitten hatte. Er hatte genug gebacken, und diese Menschen beschwerten sich in der Regel nicht.
Auch Ota Qwan nahm ein Stück – ein verbranntes. »Gut durch«, meinte er. »Jetzt sind wir gestärkt und können die ganze Nacht hindurch marschieren.«
Mit vier Bissen schlang er sein Stück herunter und trank dazu einen Becher Wasser. Nita Qwan machte es ihm nach und bemerkte, dass seine Frau bereits seine Körbe gepackt hatte. Einen davon nahm er auf den Rücken. Sie lächelte ihn scheu an.
Er lächelte zurück.
Er schulterte auch seinen Bogen und sein Schwert, und dann liefen sie ohne ein weiteres Wort in den Wald hinein.
Bei Albinkirk · Desiderata
Die Galeere legte am Kai der Brückenfestung an. Die Garnison war bereits alarmiert, Soldaten standen auf den Mauern. Der Hauptmann wartete am Kai.
Die Galeere war voller Frauen, von denen eine schöner als die andere war. Das hatte er nicht erwartet.
Eine dieser Frauen – klein, blond und gehetzt wirkend – stand auf dem Vorderdeck. »Ich brauche einen Heiler«, sagte sie. »Einen guten.«
Der Hauptmann wandte sich zu Michael um. »Hol mir einen Ordensritter«, befahl er und drehte sich wieder zu der Frau um. »Das sind ausgezeichnete Heiler«, erklärte er. Doch leider hatten sie sich bei Sonnenaufgang aufgemacht, um den Graben zu säubern, und bis jetzt waren sie noch nicht zurückgekehrt.
»Ich weiß«, sagte sie mit einem abfälligen Ton in der Stimme. »Wie lange wird es dauern?«
»Ein paar Minuten«, sagte er hoffnungsvoll.
»Ihr bleiben aber keine paar Minuten«, erwiderte die Frau und machte eine entsetzte Miene, während sie ein Schluchzen zu unterdrücken schien. »Sie hat sehr viel Blut verloren.«
»Wer ist sie?«, fragte er, als er ein Bein auf das Dollbord zu stellen versuchte. Einige Ruderer reichten ihm die Hände und zogen ihn ins Boot.
»Die Königin«, sagte sie. »Ich bin Lady Almspend, ihre Schreiberin. Und dies hier ist Lady Mary, die erste ihrer Hofdamen.«
Die Königin.
Der Rote Ritter beachtete die Leute nicht, die sich um die Gestalt auf dem Deck versammelt hatten. Die Frau, die dort lag, verlor noch immer entsetzlich viel Blut. Er spürte es.
Und er hatte nur sehr wenig Kraft – und kaum Macht. Das meiste hatte er im Kampf gegen die Kobolde aufgebraucht. Und wenn er sie hier und jetzt zu heilen versuchte, würde er damit verraten, dass er ein Hermetiker war.
So viel Blut.
Sie war jung – und durchtränkt von eigener Macht.
In diesem Augenblick begriff er, dass er diese Macht ergreifen konnte, wenn die Königin starb. So wie er die Macht des Anführers der Kobolde in sich hineingenommen hatte. Sie war schutzlos, weit offen, und versuchte die Macht dazu einzusetzen, sich zu stärken. Sie trank die Strahlen der Sonne – Helios’ reine Macht. Sie war außerordentlich mächtig.
Er legte ihr die Hand auf den Rücken.
»Nun?«, fragte Lady Almspend ungeduldig. »Könnt Ihr ihr helfen?«
Vade retro, Satanas, dachte der Hauptmann. Er nahm seine Kappe vom Kopf und drückte sie in die Wunde. Dann legte er einen Finger auf die Kappe, deren Farbe sich von schmutzigem Weiß zu strahlendem Scharlachrot wandelte.
Beinahe hätte er gegrinst. Er war nun mit einer ganzen Legion von Heilern verbunden. Es fiel leicht, das zu vergessen.
Ohne Prudentia schien der Palast leer und verlassen zu sein. Aber er kannte jetzt die grundlegenden Phantasmata des Heilens – und fragte sich, ob es ihm möglich war, die Macht von Megs Gewebe anzutasten und sie durch die Kanäle zu leiten, deren Errichtung er in lange vergangenen Unterrichtsstunden gelernt hatte.
»Amicia?«, fragte er.
Sie war da. »Hallo!«, sagte sie, ergriff seine Hand, lächelte – und ließ die Hand wieder fallen.
»Ich muss jemanden heilen.« Er wünschte …
»Zeig mir die Person«, sagte Amicia rasch.
Er nahm sich die Zeit, kurz bei der gestürzten Statue niederzuknien und mit der Hand über Prudentias Marmorrücken zu streichen. »Ich vermisse dich«, sagte er. »Hilf mir, wenn du kannst.«
Dann ergriff er Amicias Hand und legte sie auf die Königin .
Die Hand
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