Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
verriet ihm, dass die Soldaten, die sich nun über den letzten Hügelkamm ergossen, aus der königlichen Armee stammen mussten.
Im Westen war der Wald voller Kobolde, und im Norden, in einer Entfernung von fast einer Meile, waren drei Gestalten zu erkennen – jede größer als ein Kriegspferd –, die aus den Wäldern hervorkamen, zusammen mit einer langen Reihe von Infanterie zu beiden Seiten.
Die neue Blide, die auf den Ruinen des Nordturms errichtet worden war, schoss ihre Ladung ab, und ein Steinhagel ging kurz vor den Kreaturen der Wildnis nieder. Doch sie scheuten wenigstens davor zurück.
Soweit er sehen konnte, brodelte das Unterholz am Waldrand vor heimlicher Bewegung.
»Warum bist du noch hier? Selbst wenn du gewinnst, wirst du die Festung nicht einnehmen. Du hast verloren, du Narr«, murmelte der Hauptmann. »Lass es also sein. Lebe jetzt, und kämpfe später.« Er schüttelte den Kopf.
Einen Augenblick lang dachte er daran, sein Innerstes zu Thorn hin auszustrecken. Denn wenn Thorn blieb und weiterkämpfte, würden noch viele Männer des Hauptmanns sterben, und inzwischen liebte er sie. Sogar Sym.
Ich bin müde und rührselig.
Er kletterte die Leiter wieder hinunter und sah, dass Jacques sein neues Schlachtross an der Leine hielt. Michael befand sich beim Ausfalltor. Jack Kaves winkte ihm zu.
Der Hauptmann warf das Bein über den Sattel und ächzte. Der große Hengst scheute und warf den Kopf herum.
»Ich hasse dieses Pferd.« Er schaute auf Jacques hinunter. »Geh, und suche Jehannes. Sofort.«
»Ser Jehannes ist verwundet«, erklärte Jacques.
»Dann such Tom.«
»Jawohl«, erwiderte Jacques.
»Jeder Soldat unserer Truppe soll aufsitzen und sich zum Fuß der Erhebung begeben«, sagte der Hauptmann. »Alle Bauern und Gildenleute, die noch beim Graben sind, sollen herkommen.«
Jacques nickte. »Eigentlich könnten wir die Festung auch allein halten«, meinte er. Sein Lächeln hatte etwas Argloses; er wirkte wie ein Junge, der einen Stein in ein Wespennest wirft und nichts Böses dabei empfindet.
Der Hauptmann nickte ebenfalls. »Das könnten wir tun. Und wir könnten Lösegeld für sie verlangen. Oder sie an den Meistbietenden verkaufen.« Er klang wehmütig. »Wir könnten die Schlimmsten der Schlimmen sein. Die Ritter des üblen Leumunds. Wir könnten reich sein. Und gefürchtet.« Er zuckte mit den Schultern. »Irgendwann im letzten Monat sind wir zu Paladinen geworden, Jacques.«
Jacques nickte. »Es ist an der Zeit, mein Prinz.«
»Hör auf damit, Jacques«, sagte der Hauptmann. Er riss den Kopf seines Pferdes herum, trieb es ein paar Schritte zurück und salutierte vor Raucher, dem Bogenschützen, der den Befehl über das Tor hatte. »Öffne es«, rief er. »Und auch das Brückentor.« Dann wandte er sich wieder an Jacques. »Vergiss nicht, die Heiler zu holen.«
Rotbart gesellte sich zu ihnen. Er saß auf einem alten Gaul, der schon bessere Tage gesehen hatte.
»Tut mir leid wegen des Pferdes«, sagte der Hauptmann. »Ich bin der Hauptmann.«
»Ist das etwa Euer Name?«, fragte der rote Riese. »Ich bin Ranald. Ranald Lachlan.«
»Du gehörst zur königlichen Garde?«, fragte der Hauptmann. Dann geriet er ins Grübeln. »Lachlan? Tom Lachlans Bruder etwa?«
»Sein Vetter«, sagte der andere Mann. »Kennt Ihr Tom Schlimm?«
»Wer kennt ihn nicht?«, gab der Hauptmann zurück. »Jetzt sollten wir uns aber auf den Weg zum König machen.« Seine Stimme zitterte ein wenig.
»Amen«, antwortete der Hochländer. »Und kennt Ihr ihn? Den König?«
»Eine interessante Frage«, sagte der Hauptmann. »Nein, eigentlich nicht.«
Michael folgte ihnen, und die Hufe ihrer Pferde klapperten laut, als sie die Brücke überquerten. Mitten auf ihr griff der Hauptmann in die Börse, die an seinem Schwertgürtel hing, und holte einen Schlüssel hervor – kunstvoll geschmiedet, wunderschön und offenbar aus reinem Gold. Er beugte sich aus dem Sattel, ächzte über den Druck gegen seine Muskeln an Rücken und Hals – wie lange ist es her, dass ich gegen diesen gottverfluchten Lindwurm gekämpft habe? Er steckte den Schlüssel in das Schloss des großen Tores auf der Brücke, drehte ihn herum – und das gesamte Tor verschwand.
»Netter Trick«, murmelte Ranald.
In der Nähe von Lissen Carak · Der König
Der König sammelte seine Gardisten und die Ritter der Vorhut. Diese hatte fünfzig Soldaten und genauso viele Knappen verloren; die Männer waren bereits erschöpft, und dabei war der
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