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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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Schulter. Es war eine leichte Berührung. Er musste nicht erst die Augen öffnen, um zu sehen, von wem sie ausging.
    Er stand auf, da wich sie zurück und betrachtete lächelnd den Boden. »Das Knien könnte deinem Rücken schaden«, sagte sie.
    »Willst du mich heiraten?«, fragte er. Sein Gesicht schmerzte vom vielen Weinen, aber er wusste, dass es ihr gleichgültig war, wie er aussah oder klang. Das war höchst bemerkenswert.
    Sie lächelte. »Das sage ich dir morgen«, erwiderte sie leichthin. »Öffnest du dich mir?«, fragte sie, und er glaubte, eine ungeheure Anspannung in ihrer Stimme zu bemerken. Er schrieb es ihrer Erschöpfung zu und öffnete seine
    Tür, und sie trat ein. Sie hielt Abstand zu Harmodius, zog den Roten Ritter durch seine eigene Tür hinaus auf das grüne Wunder ihrer Brücke – aber es war kein einfaches Grün mehr. Der Himmel dort oben war von goldenem Blau, und die Sonne schien in ungeheurer Pracht, und das Wasser, das unter der Brücke dahinrauschte, war so klar wie Diamanten, und die Gischt war so weiß wie die hellste Wolke. Die Blätter der Bäume waren grün und golden, und jeder Baum stand in Blüte. Es roch nach reinem Wasser und köstlicher Luft und nach jedem Blumenduft, den er je wahrgenommen oder sich auch nur vorgestellt hatte.
    »Gütiger Gott«, sagte er unwillkürlich.
    Sie sah ihn mit ihren leicht schräg stehenden Augen lächelnd an, fuhr mit den Händen über ihn, und ein Dutzend kleiner Knoten wurden geglättet, während sich der Klumpen in seiner Kehle auflöste.
    »Ich bin nicht so anmaßend, dass ich deinen Kummer heilen wollte«, sagte sie.
    Er ergriff ihre Hände. »Du heilst meinen Kummer doch bereits«, sagte er.
    Sie lächelte, drückte ihre Lippen auf die seinen und schloss die Augen.
    Nach einiger Zeit löste sie sich wieder von ihm. »Lebe wohl«, sagte sie.
    »Bis morgen«, gab er zurück. »Ich … ich liebe dich.«
    Sie lächelte. »Natürlich tust du das«, meinte sie, und nun klang ihre Stimme wieder vertrauter. Doch dann wurde sie abermals sanft. »Ich liebe dich auch«, sagte sie.
    Sie ging in den Regen hinaus, und er sah ihr nach, bis das Grau ihres Umhangs mit dem Himmel und dem Stein und der Erde verschmolz.
    Der Hauptmann stellte fest, dass seine Dienste dringend benötigt wurden. Er nahm einen Auftrag im Osten an und würde mit Ser Alceus bald bei den Moreanern arbeiten. Sie schlossen den Vertrag eine Woche nach dem Tag der Schlacht – nach einer Stunde lauten und scheinbar wütenden Verhandelns unter Zuhilfenahme mehrerer Becher Wein und mit einer warmherzigen Umarmung am Ende.
    Dann ergriff er seinen Kommandostab, verließ das Zelt – die Truppe befand sich wieder in ihren Zelten auf der Ebene, damit der königliche Haushalt die Festung ganz für sich beanspruchen konnte – und bestieg eine hübsche Stute, die aus dem Osten kam und Meister Random gehört hatte. Keine Wunderheilung war imstande, sein teilweise aufgefressenes Bein wiederherzustellen, und so würde der Kaufmann noch einige Zeit das Bett hüten müssen. Daher war er erfreut gewesen, das Tier dem Hauptmann mit einem hübschen Gewinn verkaufen zu können.
    Der Hauptmann ritt die vertraute Straße bis hinauf zum Haupttor. Königliche Gardisten hielten davor Wacht, und er salutierte vor ihnen. Sie erwiderten den Salut.
    Er gab sein Pferd einem neu bestellten königlichen Knappen – der jüngere Sohn irgendeines Adligen – und stieg die Stufen zur Kommandantur hinauf. Sie war nicht länger sein Arbeitszimmer.
    Der Prior befand sich gerade im Gebet.
    Der Hauptmann wartete geduldig.
    Schließlich erhob sich der Prior und band sich den Rosenkranz wieder um die Hüfte. Er lächelte.
    »Euer Diener, Hauptmann.«
    Der Hauptmann erwiderte das Lächeln, griff in seine Börse und zog zwei schwere vergoldete Bronzeschlüssel heraus. »Das sind die Schlüssel zur Festung und zur Brücke«, erklärte er. »Die Äbtissin hatte sie in meine Obhut gegeben. Ich überreiche sie Euch in Frieden und Triumph«, sagte er förmlich und fügte dann mit einem Lächeln hinzu: »Ihr schuldet mit eine erhebliche Summe Geldes.«
    Der Prior nahm die Schlüssel an sich und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Er bedeutete dem Hauptmann, sich auf den anderen ihm gegenüber zu setzen, und nun überfiel ihn ein sehr merkwürdiges Gefühl – als hätte er diesen Augenblick schon einmal erlebt, vielleicht von der anderen Seite des Tisches aus.
    Der Prior nahm sein Schreibzeug, überprüfte die Spitze der Feder,

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