Der Rote Krieger: Roman (German Edition)
»Für Geschäfte habe ich immer ein offenes Ohr.«
Der Hauptmann zog das Pergament, das er von dem Prior erhalten hatte, aus der Brusttasche seines Wamses. »Ihr tätigt doch auch Bankgeschäfte, nicht wahr?«
»Nicht von dem Umfang der etruskischen Banken, aber ich tue mein … Gütiger Gott!«, sagte er und sah den Hauptmann eindringlich an, nachdem er einen Blick auf das Pergament geworfen hatte.
»Ich möchte in Euch investieren«, sagte dieser. »Ich muss ein paar Auszahlungen vornehmen und einige Pferde kaufen, aber drei Viertel dieser Summe kann ich Euch für mindestens ein Jahr zur Verfügung stellen.«
Der Hauptmann trank mit den Männern einen Becher Wein, umarmte alle, die an dem Geschäft beteiligt waren, und sah le Bailli an. Der Mann nickte.
Dann ging er durch den Krankensaal auf das Bett zu, in dem sein Bruder lag und las. Er hatte die Beine hochgelegt, war aber vollständig angezogen, und seine Ausrüstung lag in Weidenkörben neben seinem Bett. »Sie ist nicht hier«, sagte er. »Tu nicht so, als wärest du nur gekommen, um mich zu besuchen.«
»Dann also nicht«, erwiderte der Hauptmann. »Wo ist sie?«
Gawin zuckte mit den Schultern. »Ich muss weg von hier, Gabriel. Ich werde den Ausländer umbringen, wenn ich noch länger hierbleibe.«
»Ich werde ein weiteres Bett in meinem Zelt aufstellen lassen. Morgen reiten wir los.« Er wandte sich um. »Wo ist sie, Gawin?«
Gawin sah seinem Bruder in die Augen. »Ich würde es dir sagen, wenn ich es wüsste«, meinte er.
Ihre Blicke hafteten aneinander, und Gawin machte eine Bewegung mit dem Finger. Die Gestalt einer Frau zeichnete sich hinter dem Vorhang des Fensters zum Hof ab.
Der Hauptmann hob eine Braue.
»Er ist nicht der Feind, Mary«, sagte Gawin, und die Hofdame der Königin trat hervor. Sie war errötet.
»Du vertreibst dir die Zeit mit anderem«, sagte der Hauptmann.
Gawin lachte. »Ich weiß wirklich nicht, wo sie ist«, gab er zu.
Der Hauptmann drehte sich um, winkte ihm noch einmal zu und verließ den Krankensaal. Er ging kurz in der Apotheke vorbei, und dann stieg er die Treppe zum Dormitorium hoch. Niemand hatte sie gesehen. Das Lächeln, das er stets hervorrief, schmerzte ihn.
Schließlich traf er im Hof auf Schwester Miram. Sie lächelte ihn ebenfalls an, nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu ihrer Zelle in der Kapelle. »Ihr geht fort«, sagte sie und schenkte ihm Wein ein.
Er versuchte den Wein abzulehnen, aber sie war eine gebieterische Frau, auch wenn sie sehr freundlich war, und ihr Schweigen schüchterte ihn ein. Sie wartete ab. Schließlich trank er. »Morgen.«
»Morgen werden wir das Fest der Maria Magdalena feiern«, sagte sie und lächelte erneut. »Wir werden die alte Äbtissin beerdigen.« Schwester Miram schaute auf ihre Hände. »Ich werde zur neuen Äbtissin ernannt werden.«
»Herzlichen Glückwunsch«, meinte der Hauptmann.
»Es wird darüber geredet, dass der ganze Konvent nach Harndon im Süden umziehen soll«, sagte Schwester Miram und sah dem Hauptmann fest in die Augen. »Das will ich aber nicht.«
Der Hauptmann nickte.
»Morgen werden wir auch die ewigen Gelübde der Novizinnen entgegennehmen«, fügte sie hinzu.
Eis bildete sich im Magen des Hauptmanns.
»Im Augenblick führt sie die Vigil durch«, sagte die Schwester. »Trinkt Euren Wein, Hauptmann. Niemand hat sie dazu gezwungen.«
Der Hauptmann holte tief Luft.
»Wir haben Euch so vieles zu verdanken«, sagte Schwester Miram. »Glaubt Ihr etwa, das wüssten wir nicht? Aber sie ist nicht für Euch bestimmt, Hauptmann. Sie wird zu einer Braut Christi werden – das ist ihr Wille.« Sie erhob sich, trat zu ihrem Betpult und zog ein gefaltetes Blatt Pergament heraus. »Dies hier hat sie für Euch bestimmt. Falls Ihr herkommen solltet.«
Der Hauptmann nahm es mit einer Verbeugung entgegen. »Stets Euer Diener, ma sœur. Darf ich meine Glückwünsche zu Eurer Amtserhebung ausdrücken und meine …« Er hielt inne. Und schluckte. »Ich werde der Abtei eine Schenkung machen. Bitte übermittelt Schwester Amicia meine Glückwünsche und meine besten Empfehlungen.«
Irgendwie erreichte er den Hof.
Toby hielt sein Pferd bereit.
Der Hauptmann ergriff die Zügel, schwang sich in den Sattel und war sich mit dem Teil seiner selbst, der stets hellwach war, nur allzu deutlich bewusst, dass er ein Ritter war und die Hälfte der Ritterschaft Albias ihn beobachtete.
Er ritt den Hang zu seinem Lager hinunter. Beim Wachtfeuer hielt er an.
Sei kein
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