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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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Hauptmann zog eine Grimasse, wollte zu der Bemerkung über Gott aber nichts sagen. »Kannst du ihre Macht unmittelbar sehen?«, fragte er. »Oder folgst du nur einer Spur, so wie ein Hund es tut?«
    Gelfred sah seinen Hauptmann lange an. »Ich hätte gern die Erlaubnis von Euch, ein paar Hunde zu kaufen«, sagte er schließlich. »Gute Hunde. Bluthunde, Jagdhunde und einen oder zwei Windhunde. Ich bin angeblich Euer Jagdmeister. Wenn das wirklich so sein sollte, dann würde ich gern Geld, Hunde und ein paar Diener haben, die weder Späher noch Soldaten sind.« Er hatte ruhig gesprochen und den Hauptmann dabei nicht angesehen. Seine Blicke huschten unablässig durch die Wildnis.
    Genau wie die des Hauptmanns.
    »Über welche Summen sprechen wir?«, fragte der Hauptmann. »Ich mag Hunde. Also sollten wir uns Hunde zulegen!« Er lächelte. »Und ich hätte gern einen Falken.«
    Als Gelfred den Kopf herumriss, zuckte sein Pferd unter ihm zusammen. »Wirklich?«
    Der Hauptmann lachte laut auf. Es klang nach wirklicher Belustigung und hallte wie Trompetenschall durch den Wald.
    »Du glaubst wohl, du kämpfst für den Satan, nicht wahr, Gelfred?« Er schüttelte den Kopf.
    Doch als er seinen Jagdmeister wieder ansah, war der Mann bereits abgestiegen und deutete in den Wald hinein.
    »Heiliger Sankt Eustachius! Alle Heiligen seien gepriesen für dieses Zeichen!«, sagte er.
    Der Hauptmann spähte durch die kahlen Zweige hindurch und erhaschte einen flüchtigen Blick auf etwas Weißes. Er wendete sein Pferd, was auf dem schmalen Pfad zwischen den alten Bäumen nicht leicht war, und keuchte auf.
    Der alte Hirsch war nicht so weiß wie Schnee – das konnte man deutlich sehen, denn er hatte Schnee an den Hufen. Eher hatte er die Farbe guter Wolle, ein warmes Weiß, und es gab Anzeichen des langen Winters auf seinem Fell. Aber es hatte wirklich eine weiße Färbung, und sein Geweih wies ihn als einen Hirsch von sechzehn Enden aus. Seine Schulterhöhe glich der eines Pferdes. Er war alt und ehrwürdig und stellte für Gelfred ein Zeichen Gottes dar.
    Der Hirsch sah sie argwöhnisch an.
    Für den Hauptmann war er nichts als eine Kreatur der Wildnis. Sein edles Haupt duftete nach Macht; dicke Stränge davon schienen in dem unwirklichen Reich der Phantasmata das große Tier mit dem Boden, den Bäumen und der ganzen Welt in einem Gewebe aus eben dieser Macht zu verbinden.
    Der Hauptmann blinzelte.
    Das Tier drehte sich um und trabte davon; seine Hufe knirschten über den gefrorenen Boden. Es wandte sich noch einmal um, warf einen Blick zurück, scharrte im alten Schnee, sprang dann über eine am Boden liegende Tanne und war verschwunden.
    Gelfred befand sich auf den Knien.
    Vorsichtig ritt der Hauptmann zwischen den Bäumen hindurch, beobachtete dabei die Zweige über ihm sowie den Boden und versuchte seine Fähigkeit zu wecken, in das Phantasma hineinzublicken. Er musste sich sehr bemühen, wie es stets der Fall war, wenn sein Herz so schnell schlug.
    Das Tier hatte Spuren hinterlassen, was den Hauptmann beruhigte. Er fand die Stelle, wo es gestanden hatte, und folgte den Hufabdrücken bis dorthin, wo es sich umgedreht und im Schnee gescharrt hatte.
    Sein Reitpferd scheute. Der Hauptmann klopfte ihm gegen den Hals und raunte ihm Beruhigendes zu. »Du magst dieses Tier nicht, oder, mein Liebes?«
    Gelfred kam herbei und führte sein Pferd an den Zügeln. »Was habt Ihr gesehen?«, fragte er und klang beinahe wütend.
    »Einen weißen Hirsch. Mit einem Kreuz auf dem Kopf. Ich habe das gesehen, was du gesehen hast.« Der Hauptmann zuckte mit den Schultern.
    Gelfred schüttelte den Kopf. »Aber was habt Ihr gesehen?«
    Der Hauptmann lachte. »Ach, Gelfred, bist du wirklich so heilig? Soll ich den Mädchen von Lonny sagen, dass du das Gelübde der Keuschheit abgelegt hast? Ich erinnere mich da an eine Kleine mit schwarzen Haaren …«
    »Warum müsst Ihr immer über Heiliges spotten?«, fragte Gelfred.
    »Ich spotte nicht über heilige Dinge, sondern über dich.« Er deutete mit seiner gepanzerten Hand auf die Stelle, an der der Hirsch im Schnee gescharrt hatte. »Leg deinen Stab darüber.«
    Gelfred sah zu ihm hoch. »Ich bitte um Verzeihung. Ich bin ein sündiger Mensch. Ich sollte mich nicht ereifern. Vielleicht sind meine Sünden so schwarz, dass zwischen uns beiden kein Unterschied besteht.«
    Wieder stieß der Hauptmann sein schallendes Trompetenlachen aus. »Vielleicht bin ich nicht ganz so schlimm, wie du vermutest, Gelfred. Ich

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