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Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Der Rote Krieger: Roman (German Edition)

Titel: Der Rote Krieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miles Cameron
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glaube, dass es Gott sowieso gleichgültig ist. Aber manchmal frage ich mich, ob sie vielleicht einen etwas verdrehten Sinn für Humor hat und ich mich zu ihr bekehren sollte.«
    Gelfred zuckte zusammen und wand sich.
    Der Hauptmann schüttelte den Kopf. »Gelfred, ich mache mich doch nur über dich lustig. Ich habe Schwierigkeiten mit Gott. Doch du bist ein guter Mann, der sein Bestes gibt, und ich entschuldige mich bei dir dafür, dass ich dich geneckt habe. Aber jetzt sei ein guter Knabe und leg deinen Stab in den Schnee.«
    Gelfred kniete nieder.
    Der Hauptmann zuckte zusammen, als er sich vorstellte, wie kalt es ihm an den Knien werden musste, selbst wenn er dicke, hohe Schaftstiefel trug.
    Gelfred sprach vier Gebete: drei Vaterunser und ein Ave Maria. Dann steckte er den Rosenkranz wieder in seinen Gürtel, hob den Kopf und sah den Hauptmann an. »Ich nehme Eure Entschuldigung an«, sagte er, zog den Stab aus dem Gürtel, hob ihn und zuckte plötzlich in eine senkrechte Stellung, als wenn ihn ein Schwert getroffen hätte.
    Gelfred schaufelte mit seinen gepanzerten Händen. Er musste nicht tief graben.
    Hier lag der Leichnam eines Mannes. Er musste langsam gestorben sein; in seinem Oberschenkel befand sich eine Wunde, die nur von einem Pfeil stammen konnte, der die Arterie zerfetzt hatte. Dies war an dem Blut zu erkennen, das seine Hose durchtränkt hatte und zu einer scharlachroten Masse gefroren war.
    Seine Kleidung bestand aus ungefärbter, weißer Wolle und war von guter Qualität. Er hatte einen Köcher bei sich, der noch voller Pfeile mit gehärteten Stahlspitzen steckte. Der Hauptmann zog einen nach dem anderen heraus und überprüfte die Spitzen an der Panzerung.
    Gelfred schüttelte den Kopf. Allein die Pfeile waren ein Vermögen wert.
    In der Börse des Toten fanden sich hundert oder mehr Leoparden in Gold und Silbermünzen. Überdies fanden sie einen feinen Dolch mit einem Griff aus Bronze und Horn sowie ein Essbesteck, das im Futteral steckte. Sein Umhang sowie die Kapuze waren ebenfalls aus ungefärbter Wolle gefertigt.
    Gelfred schlug den Umhang zurück und nahm eine Kette mit einem Blatt aus Emaille an sich.
    »Gütiger Gott«, sagte er und lehnte sich zurück.
    Der Hauptmann stieg von seinem Pferd ab und durchsuchte den Schnee, wozu er sein Schwert wie einen Rechen benutzte, und stöberte altes Gezweig unter der Schneedecke auf.
    Nach einer Minute hatte er den Bogen gefunden. Es war ein feiner Kriegsbogen – schwer, schmal und kräftig. Noch hatte ihm das Liegen im Schnee nicht geschadet.
    Gelfred suchte nach dem Bogen, der den Mann getötet hatte, und fand ihn schließlich, nachdem er seine Macht geradezu verschwenderisch eingesetzt und weiter und weiter ausgedehnt hatte. Er hatte den Leichnam, hatte auch das Blut, hatte den Köcher. Die Verbindungen waren so stark, dass es nur eine Frage der Zeit war, es sei denn, der Pfeil hätte sehr weit entfernt gelegen.
    Gelfred stöberte ihn in der Nähe der Straße auf, wo sie in den Pfad übergegangen war; er lag unter sechs Zoll tiefem Schnee verborgen. Dort wo der Pfeil aus der Wunde gezogen worden war, klebte noch gefrorenes Blut am Boden.
    Der Pfeil glich den fünfzehn anderen im Köcher vollkommen.
    »Hm«, meinte der Hauptmann.
    Der eine hielt Wacht und beobachtete den Wald, während der andere den Leichnam von Kleidern, Kette, Stiefeln, Gürtel und Messer befreite – also von allem, was sich mitnehmen ließ.
    »Warum ist er nicht von den Tieren gefressen worden?«, fragte Gelfred.
    »Er hatte genug Macht, um jedes Tier zu verscheuchen«, erklärte der Hauptmann. »Aber warum hat derjenige, der ihn tötete, seinen Leichnam nicht ausgezogen und die Pfeile mitgenommen? Und das Messer?« Er schüttelte den Kopf. »Gelfred, ich muss eingestehen, dass dies …« Er schnaubte.
    Gelfred sah ihn nicht an. »Es leben eine Menge Leute in der Wildnis.«
    » Das weiß ich.« Der Hauptmann hob eine Braue. »Ich komme schließlich aus dem Norden, Gelfred. Hinter dem Fluss habe ich fast jeden Tag Hinterwaller gesehen. Da gibt es ganze Dörfer von ihnen.« Er schüttelte den Kopf. »Manchmal haben wir sie überfallen. Und manchmal haben wir mit ihnen Handel getrieben.«
    Gelfred zuckte die Schultern. »Der hier ist kein Hinterwaller.« Er sah den Hauptmann an, als erwarte er Schwierigkeiten. »Er ist einer von den Leuten, die die Lords zu Fall bringen wollen. Sie sagen, wir werden … das heißt, sie werden eines Tages frei sein.« Seine Stimme klang seltsam

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